Experte bringt IT- und TK-Mythen ins Wanken

21.11.2012
Im Rahmen einer Alcatel-Lucent-Tour stellte Bernhard Stütz vertraute Annahmen über Unternehmens-IT und -Telekommunikation auf den Prüfstand. Er hatte manche Überraschung parat und empfahl bei Projekten den Verzicht auf Feature-Listen.

Drei verbreitete IT-Mythen bestimmten die Myth-Buster-Tour von Alcatel-Lucent in Stuttgart, Hamburg, Köln und Frankfurt am Main:

- Mehr Bandbreite löst alle Performance-Probleme,

- Unified Communications verbindet alle und

- Video is the next Voice.

Darunter gab es jeweils mehrere Subthemen, über deren Aufarbeitung diese Thesen "entmystifiziert" wurden. Das Bandbreitenthema mag zunächst profan anmuten - nicht nur Fachleute wissen heute ganz genau, dass es mit einem Aufschlag an dieser Stelle noch lange nicht getan ist.

Qualitätskosten beachten

In Beziehung zur Servicequalität, um die es letztlich immer geht, ergeben sich sehr viele unterschiedliche Betrachtungswinkel, und die wichtigsten davon kamen auf den Prüfstand. Professor Bernhard Stütz, Leiter des Steinbeis-Transferzentrums Projektierung und Evaluierung von Netzwerken in Stralsund, will gar die Qualitätskosten als gleichberechtigten Kalkulationsfaktor neben Capex (Kapitalausgaben) und Opex (Betriebskosten) eingeführt wissen.

Qualität werde nach dem amerikanischen Qualitätsforscher Philip Crosby als Grad der Übereinstimmung mit Anforderungen definiert. Qualitätskosten sieht Stütz folglich als Kosten für Nichterfüllung der Anforderungen: "Dieser Aspekt wird in den meisten Unternehmen völlig vernachlässigt."

Die Mindestanforderungen an "All-over-IP"-geeignete Switches lassen sich laut Stütz inzwischen ziemlich klar definieren - wichtigste Punkte neben einer hohen Verfügbarkeit seien Paketverluste unter fünf Prozent, Paketverzögerungen von maximal 150 Millisekunden und ein Jitter-Wert von weniger als eine Millisekunde. Zudem "braucht man faire Switches, die Lasten gerecht und klar nachvollziehbar priorisieren - auch bei Überlast".

Feature-Liste vergessen

Wie sehr sich die Switches verschiedener Hersteller unterscheiden, zeigte der Professor anhand von Beispielen aus der Praxis. Wie wenig die Bandbreite etwas über die tatsächliche Applikations-Performance aussagt, lasse sich an Firewalls verdeutlichen: "Es gibt namhafte Hersteller, die mit einer aggregierten Bandbreite von 8 Gbit/s werben. Tatsächlich machen deren Firewalls aber schon bei einem Hundertstel dieser Last schlapp." Sein Tipp daher, wenn es um die Aushandlung von Serviceverträgen geht: Feature-Liste beiseitelassen und lieber konkret den Anwendungsfall vorbringen. Feature-Listen hätten immer das Problem, dass nirgends steht, ob zwei oder mehr Funktionen gleichzeitig nutzbar sind und zwei oder mehr Werte parallel eingehalten werden.

Im Kontext von IPv6, Cloud, Pre-Crime-Technologien und Virtual Desktop Infrastructure (VDI) sind auch Unified Communications (UC) und Video ein Thema. Ging es dabei primär um die Auswirkungen auf die aktive Netztechnik, widmeten sich andere Diskussionen mehr dem Arbeitsplatz der Zukunft. 94 Prozent der guten Ideen - so eine These - entstehen zu Hause oder unterwegs.

Bring your own Clowd

UC werde sich folglich in den nächsten Jahren massiv mit dem Thema Mobility auseinanderzusetzen haben. Der Einheitsarbeitsplatz früherer Tage passe nicht mehr in die moderne Business-Welt - jeder müsse entsprechend seinen Aufgaben Geräte und Plattformen nutzen können. Aus der Sicht von Alcatel-Lucent geht die Entwicklung zur persönlichen Cloud, in der alles, was ein User braucht, über verschiedene Devices ständig abrufbereit ist. Die mit "Bring your own Device" (ByoD) ständig präsente Gefahr einer Schatten-IT könne durch "Bring your own Cloud" (ByoD) beherrscht werden. (hi)