IBM-Chef Louis Gerstner zur amerikanischen Verschlüsselungspolitik

"Es ist verrückt, Technologie-Ebenen mit Einschränkungen zu versehen"

08.05.1998

CW: Wie steht IBM zum Verbot der 128-Bit-Verschlüsselung?

Gerstner: Ich glaube, die Regierung sollte statt einer Exportkontrolle weltweit die breite Nutzung von Verschlüsselung unterstützen. Kontrollen beim Export von Verschlüsselung müssen beseitigt werden. Falls Regierungen Kontrolle wünschen, sollte sie sich auf bestimmte Orte und Anlässe beziehen und nicht auf Technologie-Ebenen.

CW: Warum?

Gerstner: Es ist verrückt, Technologie-Ebenen zu reglementieren. Wir wachsen so schnell aus ihnen heraus, daß die Regierungsapparate damit nicht Schritt halten können. In einem Jahr werden wir nicht mehr in der Lage sein, Einstiegs-Workstations zu exportieren. Die Regierung sollte statt dessen Orte und Anwendungsbereiche ermitteln, in welche die Technologie nicht vordringen sollte.

CW: Wie beurteilen Sie die US-Sicherheitsinitiativen im Verhältnis zu denen anderer Nationen?

Gerstner: Andere Staaten sind inzwischen vollwertige Mitspieler mit zum Teil sehr unterschiedlichen Ansichten. Ich glaube, daß es schwieriger wird, zu einer weltweiten Lösung zu kommen.

CW: Welche Rolle spielt die Industrie?

Gerstner: Die Industrie kann und sollte den Löwenanteil bei der Entwicklung von Technologien und der Durchsetzung bestimmter politischer Maßnahmen haben. Die Wirtschaft muß den Menschen ein sicheres Umfeld für Geschäfte im Internet bieten.