Anwenderbericht Rheinisch-Westfälischer Technischer Überwachungs-Verein:

Eine Standleitung verbindet IBM und DEC

14.11.1980

Mit mehr Terminal-Computern an den Arbeitsplätzen seiner Mitarbeiter will der Rheinisch-Westfälische Technische Überwachungs-Verein e. V. RWTÜV) künftig auch den TÜV-Bedürftigen einen besseren Service bieten. Die Datenverarbeitung bei der Essener Gutachter-Organisation beschreibt RWTÜV-Mitarbeiter Jürgen Tobergte.

Der Rheinisch-Westfälische Technische Überwachungs-Verein mit Sitz in Essen führt als unabhängige Gutachter-Organisation Beratungen, Schulungen, Prüfungen, Überwachungen und Sonderaufgaben technischer Art im wesentlichen auf den Gebieten Sicherheitstechnik, Verkehrswesen, Energietechnik und Umweltschutz durch.

Die Tätigkeit des RWTÜV umfaßt auch technisch-wissenschaftliche Forschung und Entwicklung, die Sammlung, Auswertung und Bekanntmachung von Erfahrungen auf diesem Gebiet sowie die Aus- und Weiterbildung von Personen.

Kostendeckend und preisgünstig

Diese Aufgaben sind nur mit einer leistungsfähigen und flexiblen Datenverarbeitung zu erfüllen. Da der RWTÜV, wie auch die anderen technischen Überwachungsvereine, keinen auf Gewinn abzielenden Geschäftsbetrieb führt, andererseits jedoch aufgerufen ist, kostendeckend und preisgünstig zu arbeiten, kommt den Kosten, die die Datenverarbeitung verursacht, große Bedeutung zu.

Das Aufgabenspektrum der Datenverarbeitung reicht von der Auswertung von Massendaten bis hin zu mathematisch-technischen Berechnungen. Die Anlagenkonfiguration und die Programmbibliotheken müssen diesem weitgefächerten Anforderungsprofil angepaßt sein.

Die eigene DV-Kapazität ist so ausgelegt, daß sie den Durchschnittsbedarf deckt. Spitzenbelastungen werden mit Hilfe externer Rechenzentren abgefangen. Programme werden sowohl selbst entwickelt, als auch von Programmbibliotheken übernommen. Bei Bedarf werden darüber hinaus auch Programme eingesetzt, die nur in bestimmten externen Rechenzentren zur Verfügung stehen.

Die Nachprüfung einer sicherheitstechnischen Auslegung erfordert aus Gründen der Software-Zuverlässigkeit den Einsatz eines anderen Programms, als es der Hersteller für seine Auslegungsberechnung eingesetzt hat. Der RWTÜV legt daher Wert auf umfangreiche Programmbibliotheken, die ihm die Möglichkeit geben, zu derselben Aufgabenstellung verschiedene Programme einsetzen zu können. Dabei ist es weitgehend unerheblich, ob diese Programme auf der eigenen Anlage oder auf Systemen in Service-Rechenzentren ablaufen.

Das Hantieren mit Lochkarten entfällt

Der Einsatz von Fremdprogrammen erfolgt in eigener Regie durch Wahl der am besten geeigneten Rechenzentren. Die Verbindung zu diesen Rechenzentren wird mit Hilfe eines Minicomputers PDP-11/34 von Digital Equipment hergestellt, der über Software verfügt, die Stapelfernverarbeitung unterstützt. Dabei entfällt das Hantieren mit Lochkarten, weil im Dialog mit diesem Rechner die Jobs vom Datensichtgerät am Arbeitsplatz aus auf Magnetplatten zusammengestellt und dann per Datenfernverarbeitung dem externen Rechenzentrum, zugeleitet werden. Die Ergebnisse, die in Form von Listen anfallen, werden dem jeweiligen Mitarbeiter über einen Drucker am Arbeitsplatz zugestellt oder am Datensichtgerät angezeigt. Es bestehen Datenfernverarbeitungsverbindungen über Wählleitungen zu CDC-, IBM- und Univac-Rechenzentren, um sowohl deren Maschinenkapazität als auch deren Programmbibliotheken zu nutzen.

Bemerkenswert ist, daß auf einem Plotter, der an den PDP-11-Rechner angeschlossen ist, nicht nur Zeichnungen erstellt werden können, die von Programmen auf diesem Rechner ermittelt wurden, sondern auch solche, die von Programmen auf entfernten CDC- oder IBM-Rechnern berechnet werden. Diese Programme werden wie bei normaler Stapelfernverarbeitung aufgerufen und mit Daten versorgt. Die Ausgabe erfolgt dann nicht wie sonst über den Drucker, sondern zusätzlich oder ausschließlich über den Plotter.

Für weitere Anwendungsfälle steht ein Akustikkoppler zur Verfügung, mit dem bereits mehrfach Verbindung zu einem Rechenzentrum in Brüssel aufgenommen wurde.

Dialogbetrieb in der Erprobung

Der Minicomputer ist über eine Standleitung fest mit einer in einem anderen Gebäude stehenden IBM 4341 verbunden, an der auch BASF-Plattenlaufwerke betrieben werden. Es lassen sich von den Terminals der PDP-11/34 aus Jobs auf dem IBM-Rechner starten und die Ergebnisse wieder am Arbeitsplatz ausdrucken oder anzeigen (Stapelfernverarbeitung).

Von den Terminals des DEC-Rechners aus konnte bisher nur im Stapelfernverarbeitungsbetrieb mit dem eigenen IBM-Rechner gearbeitet werden. Inzwischen sind jedoch die Installationsarbeiten so weit fortgeschritten, daß auch der Dialogbetrieb erprobt wird. Eine Hardware- und Software-Ergänzung an dem PDP-11/ 34-Rechner führt nunmehr eine 3270-Emulation durch. Hierdurch verhält sich ein Datensichtgerät VT 100 von DEC aus der Sicht des Benutzers wie ein Datensichtgerät 3277 von IBM. Der DEC-Rechner übernimmt dabei über einen Zusatzprozessor PDP-11/ 03 die Funktionen der Steuereinheit 3271. Unabhängig von der Emulation besteht die Möglichkeit der Dialogverarbeitung mit dem IBM-Rechner über. Terminals, die direkt an diesen Rechner angeschlossen sind. Hiervon wird zunehmend Gebrauch gemacht, vorzugsweise in dem Gebäude, in dem der Rechner IBM 4341 steht, zum Teil aber auch an anderen Stellen Essens sowie in den Dienststellen in Dortmund, Duisburg, Hagen und Siegen.

Die Kopplung zwischen der PDP- 11 und der IBM 4341 im eigenen Haus ergibt verschiedene Datenübertragungsmöglichkeiten und Überspielungen auf andere Datenträger, wie sie für die vielfältigen Arbeiten des RWTÜV erforderlich sind. Es lassen sich an dem Minicomputer Magnetbandkassetten im ECMA-Format, Floppy-Disks in einfacher und doppelter Schreibdichte und Lochstreifen lesen und auf die verschiedenen Datenträger zur Weiterverarbeitung überspielen- so auf Platten der Laufwerke RL01 und RM02 von DEC wie auch auf Platten der Laufwerke 3340 von IBM und auf Magnetbänder von IBM. Genauso können Daten zwischen den Magnetplatten von DEC und den Magnetplatten und Bändern von IBM übertragen werden. Von anderen Rechenzentren wurden diese Möglichkeiten schon genutzt, wenn Daten auf dort nicht lesbaren Datenträgern zur Verarbeitung vorlagen.

Diese Installation berücksichtigt auch die Forderung, den Computer an den Arbeitsplatz des Mitarbeiters zu bringen. Die Mitarbeiter erhalten, wenn der Bedarf und eine wirtschaftliche Nutzung gegeben sind, Terminals für Dialog- und/oder Stapelfernverarbeitung oder Rechner der Familie PDP-11 an ihren Arbeitsplatz oder in unmittelbare Nähe davon. Das Distributed Processing mit den PDP-11-Rechnern ist gekennzeichnet durch Datenträgeraustausch und/oder Rechnerkopplung.

Einheitliche Software Struktur

Die Ausrichtung der Installationen auf eine einheitliche Hardware- und Software-Struktur, die Daten- und Programmkompatibilität gewährleistet, ist eine ständige Aufgabe. Abweichende Wünsche von Fachabteilungen, unterschiedliche meßtechnische Anforderungen und der Einsatz von Komplettlösungen in Form von Meßgeräten mit gekoppelten Rechnern werfen von Zeit zu Zeit neue Probleme auf und erfordern interne Gespräche und Verhandlungen mit den Lieferanten.

Die gegenwärtige Konfiguration und deren geplanter Ausbau bieten für den Einsatz von Datenverarbeitung die erforderliche Flexibilität, Vielseitigkeit und Wirtschaftlichkeit Faktoren, die für die Arbeit des RWTÜV von großer Wichtigkeit sind.