Tamino von der Software AG im Test

Eine gute XML-Datenbank mit Defiziten früher Versionen

02.06.2000
MÜNCHEN (CW) - Die CW-Schwesterpublikation "Infoworld" hat die XML-Datenbank "Tamino" von der Software AG unter die Lupe genommen. Sie verfehlte eine bessere Note als "gut" nur wegen Abstrichen in Punkten, die sich mit der Release-Reife erledigen dürften.

Im Oktober letzten Jahres hat die Software AG das Datenbank-Management-System (DBMS) "Transaktions-Architektur zum Management von Internet-Objekten" (Tamino) freigegeben. Seither ist das Interesse an dieser ersten Datenbank, die XML-Dokumente in nativem Format speichert, groß. Dass eine Zwangskonvertierung in feste Schemen wie beispielsweise Tabellenformen unnötig ist, mithin auch eine Rückwandlung für Web-Anwendungen, muss dort Geschwindigkeitsvorteile bringen. Zugleich kann man aus Tamino nicht nur auf relationale Datenbanken zugreifen, sondern sich laut Hersteller ein entsprechendes System schlicht sparen.

"Infoworld"-Tester Mario Apicella installierte die "Developer Edition" von Tamino, Version 1.2.1, auf Windows NT. Dieses Procedere bezeichnet er als "durchwachsen". Denn an einigen Punkten waren doch erhebliche manuelle Eingriffe erforderlich, so beim Aufsetzen der ODBC-Umgebung. Allerdings traten dabei keine Support erfordernden Probleme auf, denn - dafür gab es ein Extralob - die Dokumentation führte unmissverständlich durch alle Abschnitte des Vorgehens.

Kern der SAG-Datenbank ist die "X-Machine", über die Speicherung und Aufruf von XML-Datenstrukturen erfolgen. Sie wird über den "Tamino Manager" gesteuert. Dieses Browser-Interface ist das Mittel für Systemverantwortliche, um XML-Datenbanken zu definieren, Links zu relationalen Speichern und Strukturen zu setzen und Zugangsrechte einzuräumen. In seiner Funktionalität ist der Manager mit dem "Control Center" von IBMs DB2 oder dem "Enterprise Manager" in Microsofts "SQL Server" vergleichbar.

Die Einrichtung einer XML-Datenbank erwies sich laut Tester Apicella als "no-brainer", zumal ein "Wizard" mit Default-Werten hilft, die sich in den meisten Fällen als optimal herausstellen. Das gleiche Tool erwies sich als hilfreich, um die Performance des Systems durch Feinabstimmung von Werten, Lokationen und Größen der Daten, Indexe und Log-Files zu verbessern.

Allerdings übt der "Infoworld"-Tester am Tamino Manager durchaus Kritik. Taminos GUI sei weniger benutzerfreundlich und kohärent als bei anderen Datenbanken. Besonders stört ihn die Implementierung des "Interactive Interface" (II), das vom Windows-Startmenü aktiviert werden muss. Weil das Kommunikationsprotokoll der Datenbank HTTP ist, müssen II-Operationen im Web-Server angelegt werden. Das bedeutet, dass jede Datenbank eine URL besitzt - die Tamino nicht speichert.

Zwar funktioniert Tamino mit Netscape-, Microsoft- und Apache-Web-Servern, doch erwies sich in diesem Punkt die Konfigurierung als kompliziert. Das Hinzufügen einer neuen XML-Datenbank verlangte einen Neustart der Web-Server, was im Produktivbetrieb sehr hinderlich sein könnte. Der Tester empfiehlt der Software AG, dem Server-Interface X-Port automatische Routinen hinzuzufügen. Außerdem hat er Sicherheitsbedenken, weil es ihm ohne weiteres gelang, sich in Tamino einzuloggen, ohne über das Log-on von NT hinaus spezielle Datenbank-Zugangsrechte vorweisen zu müssen.

Als sehr bequem erwies es sich, ein Datenbankschema aufzusetzen und Daten zu laden. Das II macht es einfach, das XML-Schema und Dokumente zu überblicken. Und man kann via II Datenbankabfragen mit XQL (XML Query Language) starten. Die Software AG verwendet ein beispielsweise um generische Suchfunktionen erweitertes XQL.

Tamino ist zugleich SQL-fähig, und diese Eigenschaft, Daten aus unterschiedlichen Quellen zu beziehen, macht es attraktiv. Mit XML-Notationen kann man auch andere Daten beschreiben, wodurch ein einheitliches Interface für Applikationen entsteht. Eine XML-Struktur kann sowohl Inhalte relationaler Tabellen als auch XML-Dokumente oder Multimedia-Objekte vereinen - ohne dabei die Quelldatenbanken zu verändern. Umgekehrt lassen sich XML-Dokumente in der SAG-DBMS mittels des Tamino-Software-Development-Kit für SQL- oder OO-DCOM-Anwendungen nutzen.

Eine wichtige Komponente für diese Offenheit ist X-Node, mit der man XML-Definitionen auf relationale Tabellen abbilden kann. Jedes Feld einer XML-Datendefinition lässt sich mit einer korrespondierenden Spalte in einer relationalen Struktur verknüpfen. Allerdings ist das eine aufwendige Arbeit.

Aufgrund "einiger rauer Kanten" gibt Infoworld-Tester Apicella der jüngsten Datenbank von der Software AG die Gesamtnote "gut". Insbesondere seien Taminos "XML-spezifischen Datenbank-Management-Features gegenwärtig unübertroffen". Der US-Preis von 25000 Dollar pro CPU sei hoch, werde aber durch kürzere Entwicklungszeiten und die Vorteile der XML-Nutzung leicht wett gemacht.

Pro und ContraGut:

-eigene, XML-spezifische DBMS-Engine,

-einheitlicher Blick auf unterschiedliche Datenquellen,

-flexible Schemadefinition, ohne Document Type Definitions (DTDs) vorauszusetzen,

-kompatibel mit den wichtigsten Web-Servern

Schlecht:

-Aufwand für manuelle Konfiguration,

-wenig benutzerfreundliches GUI.

Testversion:

Tamino 1.2.1 Developer Edition (US) für Windows NT

Preis: 25000 Dollar pro CPU.

Abb: XML pur und mehr: Als reiner XML-Speicher verändert Tamino entsprechende Dokumente nicht, zugleich lassen sich fremde Datenbanken andocken. Quelle: Software AG