Drucker- und Kopierermarkt verschmelzen

16.04.2002
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Sabine Prehl ist freie Journalistin und lebt in München.

Kopiererspezialisten wie Ricoh oder Xerox, die seit Jahren auch im Druckergeschäft aktiv sind, weisen solche Behauptungen zurück. Entscheidend für die Produktqualität ist laut Xerox-Mann Wesse nicht das IT-Knowhow - das könne man heute bei jedem Anbieter voraussetzen -, sondern die Produktstrategie. So sei ein Office-Gerät, das von vorneherein als MFP-System konzipiert wurde, in der Regel schneller, produktiver und bedienfreundlicher als etwa ein Kopierer, in den nachträglich eine Druckkarte gesteckt wurde. Zum Beispiel sei HPs Kombigerät „Mopier“ damals gefloppt, weil die Einheiten zum Drucken und Scannen nicht aufeinander abgestimmt gewesen seien.

Nach Ansicht von Malcolm Hancock, Principal Analyst bei Gartner, bieten die meisten der heutigen Systeme gute Qualität - unabhängig davon, ob es sich um ein Mehrfachfunktionsgerät auf Drucker- oder auf Kopiererbasis handle. Der einzig relevante Unterschied liege in der jeweiligen Sourcing-Strategie des Kunden. Gemeint ist, dass geschlossene Kopierer traditionell nicht über die IT-Abteilung gekauft, sondern über den wenig IT-erfahrenen und kostenbewussteren Einkauf geleast werden. Bei netzwerkfähigen Kopiersystemen oder Multifunktionsgeräten sei das anders. Automatisch würden hier mehr Personen in den Entscheidungsprozess einbezogen, was zu Kompetenzkonflikten führen könne.

Was die Geräte selbst angeht, sind laut Hancock Funktionalität und Bedienungsfreundlichkeit die entscheidenden Kriterien - egal ob die Basis ein Drucker oder ein Kopierer ist. Ähnlich sieht es Herbert Uhland, Marketing-Leiter bei der Ricoh Deutschland GmbH: „Bei uns beruhen die Produkte auf derselben Technologie - und das wird bei den anderen Herstellern nicht anders sein.“ Es komme vielmehr darauf an, eine möglichst breite Produktpalette anzubieten, um auf die unterschiedlichen Einsatzgebiete, Qualitätsanforderungen und Preisvorstellungen reagieren zu können. Auch beim Druckerhersteller Lexmark steht das Thema Investitionssicherheit im Vordergrund: „Der Anwender braucht skalierbare Systeme, die es ihm ermöglichen, bestimmte Funktionen je nach Bedarf nachzurüsten“, so Regine Mudrack, Leiterin Produkt-Marketing und Kommunikation.

Die Vorteile der Integration verschiedener Funktionen liegen auf der Hand. Abgesehen vom geringeren Platzbedarf der Multitalente ergeben sich durch die Nutzung von Synergieeffekten für die Anbieter kürzere Entwicklungszeiten und für die Kunden qualitative Verbesserungen gegenüber den auf einzelne Funktionen beschränkten Geräten. Aber auch das Einsparpotenzial gilt als schlagendes Argument: Den Analysten von Gartner zufolge kann der Umstieg von mehreren spezialisierten Geräten auf ein einziges Multifunktionsprodukt vor allem kleinen und mittleren Unternehmen viel Geld sparen. Durch eine gemeinsame Netz-Schnittstelle und Benutzeroberfläche etwa lassen sich die Ausgabegeräte leichter ins Netz einbinden und verwalten.

Einsparmöglichkeiten ergeben sich auch durch einheitliches Verbrauchsmaterial und Zubehörkomponenten wie Papierkassetten oder Sorter. „Der Bestellvorgang ist einfacher und damit billiger, bei der Wartung des Geräts braucht man nur noch einen Servicepartner“, rechnet Lexmark-Expertin Regine Mudrack vor. „Und schließlich spart man auch am Schulungsaufwand.“

Der in der Branche erwartete Siegeszug der Alleskönner wird für die Hersteller jedoch nach Einschätzung von Analysten zu einer Kannibalisierung ihres Druckergeschäfts führen. Mittelfristig sind herkömmliche Office-Printer zwar weiter gefragt, da das Druckvolumen kontinuierlich ansteigt. „Auf Dauer werden sie aber von den Multitalenten abgelöst werden“, ist auch Xerox-Mann Wesse überzeugt. Dagegen will Lexmark auch in Zukunft zusätzlich zu den Multitalenten reine Abteilungsdrucker anbieten. Herbert Uhland von Ricoh glaubt ebenfalls, dass beide Ansätze auf Dauer Bestand haben: „Es gibt nach wie vor viele Bereiche, in denen das Ausgabegerät ausschließlich zum Drucken eingesetzt wird - da wäre ein Multifunktionsgerät ja völlig überdimensioniert.“