COMPUTERWOCHE Roundtable IoT II

Disruptives Denken allein macht noch kein erfolgreiches IoT-Projekt

13.09.2016
Von  und
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 


Florian Maier beschäftigt sich mit diversen Themen rund um Technologie und Management.
Wie sollten Unternehmen IoT-Projekte angehen? Sind die Skills für IoT-Projekte vorhanden? Empfiehlt sich der Einsatz von IoT-Plattformen? Über diese und andere Fragen diskutierten Hersteller, Dienstleister und Berater auf einem weiteren Roundtable der COMPUTERWOCHE.
Kontrovers diskutierten die Teilnehmer des COMPUTERWOCHE-Roundtable die Frage nach der richtigen IoT-Strategie.
Kontrovers diskutierten die Teilnehmer des COMPUTERWOCHE-Roundtable die Frage nach der richtigen IoT-Strategie.
Foto: Patrick Hagn

Nicht nur über die Frage nach den neuen Business-Modellen im Internet of Things diskutierten die Teilnehmer eines COMPUTERWOCHE-Roundtables kontrovers. Auch Fragen nach den Erfolgskriterien einer IoT-Strategie oder wie die Planung eines IoT-Projekts angegangen werden sollte, wurden an einem weiteren Roundtable der Computerwoche heiß erörtert und zeigt wie das Thema Internet of Things, Berater, Dienstleistern und Herstellern auf den Nägeln brennt und wie unterschiedlich die Lösungsansätze sind.

Erfolgskriterien für IoT-Projekte

Marten Schirge, Vice President of Sales bei Device Insight, fordert die schnellen Proof of Concepts, die Piloten aus der Fachabteilung.
Marten Schirge, Vice President of Sales bei Device Insight, fordert die schnellen Proof of Concepts, die Piloten aus der Fachabteilung.
Foto: Patrick Hagn

Die Frage nach den Erfolgskriterien eines IoT-Projekts fängt eigentlich schon bei einem ganz einfachen Punkt an: Wie kann man ein vernünftiges Business-Case-Modell anhand der Kundenanforderungen aufbauen. Dabei sollte laut Martin Böker, Director B2B bei Samsung, folgendes beachtet werden: "Was will der Kunde eigentlich erreichen und wo liegt der Mehrwert?" Die Frage nach den Assets sahen auch die anderen Teilnehmer als eine Herausforderung, denn das große Problem sei es nicht, ein paar hundert Devices online zu bringen. "Und einfach nur alle Daten zu sammeln, bringt per se nichts", wies Christopher Ganz, Group Service R&D bei ABB auf ein weiteres Dilemma hin. "Was definitiv die Wahrnehmung über Erfolg oder Misserfolg bei diesen Projekten beeinflusst", ergänzt Frank Beckereit, Head of Digital Transformation Group bei Dimension Data, "sind die vielen Versprechen in den Marketing-Papieren und, dass IoT oft fälschlicherweise als Allheilmittel für alle Probleme angesehen wird."

Beckereit sieht zwei Wege, die zum Erfolg von IoT-Projekten führen. Zum einen sollten mit den Entscheidern in Kreativ-Workshops Ideen für die Businessmodelle und Märkte gesammelt und relevante Cases entwickelt werden, zum anderen hätten viele Unternehmen bereits bestehende Produkte und Services, die sie mit Hilfe der Digitalisierung nun weiterentwickeln und ausbauen könnten um sich neue Märkte und Kunden zu erschliessen. Workshops betrachtet auch Karin Hernik, Partner & Channel Manager bei Schneider Electric als ein gutes Werkzeug.

Einen Master-Plan vermisst Matthias Schorer, Head of Strategy Consulting bei VMware, bei vielen Unternehmen. Zudem bemängelt er die häufig fehlende enge Zusammenarbeit zwischen Fachabteilungen und IT: "Hier schlägt bei vielen Unternehmen die Schatten-IT zu." In Sachen IT gibt es für Wolfgang Kelz, VP Solution Consulting bei Tibco, noch ein anderes Problem: "Heutzutage entsteht viel Innovation nicht in der Zentral-IT." So würden neue Dinge häufig in den Edge-Bereichen ausprobiert, weil dort das Risiko nicht so hoch sei. Auch Marten Schirge, Vice President of Sales bei Device Insight, fordert die "schnellen Proof of Concepts, die Piloten aus der Fachabteilung". Gleichzeitig empfiehlt er aber, dass sie gesteuert werden müssen, strategiegetrieben sein sollten und auch der Vorstand das Vorhaben unterstützt.

Clash of Cultures: OT trifft auf IT

Beobachtungen, die auch andere Roundtable-Teilnehmer gemacht haben. So stellt ein Teilnehmer zur Diskussion, "ob nicht kleine Ausgliederungen der richtige Weg sind. Dort können Dinge ausprobiert werden und es darf auch mal gescheitert werden, während sich die anderen um das Kerngeschäft kümmern."

Martin Böker, Director B2B bei Samsung, schwebt bei der Planung eines IoT-Projekts eine leichte Modifikation eines bekannten Mottos als Leitspruch vor: Think big, make them start small.
Martin Böker, Director B2B bei Samsung, schwebt bei der Planung eines IoT-Projekts eine leichte Modifikation eines bekannten Mottos als Leitspruch vor: Think big, make them start small.
Foto: Patrick Hagn

Allerdings funktioniert dies nicht immer reibungslos, denn neben der IT existiert noch die Operational Technology (OT). "Hier prallen zwei Welten aufeinander, die oft unterschiedliche Herangehensweisen haben, jetzt aber mit dem IoT zusammen wachsen müssen", bringt Ganz das Spannungsverhältnis auf den Punkt. Wie dies dann in der Praxis aussieht hat Reiner Ernst, Senior Director Sales Oracle Middleware & Cloud Platform bei Oracle, gerade erst erfahren, als die IT des Software-Konzerns auf die OT von Bosch Rexrodt traf: "Wir redeten die ganze Zeit über Real Time, aber jeder verstand etwas anderes." Ernst ist überzeugt, dass die Bereiche IT und OT zusammenwachsen müssen, denn je mehr ganzheitliche Prozesse - von der Automatisierung der Maschinen bis hinein in das ERP-System - greifen, umso mehr müssten diese Prozesse "End-to-End" adressiert werden. Für Wolfgang Kelz, VP Solution Consulting bei Tibco, ist dies zudem ein Frage der Vertikalisierung, "zu der uns IoT zwingt. Dabei müssen wir ganz klar die Sprache der Anwender sprechen und ihren verschiedenen Anforderungen gerecht werden."