IT intim - Was CIOs akut beschäftigt

Die IT muss sich ihre Mündigkeit bewahren

15.07.2013
Von 
Karin Quack arbeitet als freie Autorin und Editorial Consultant vor allem zu IT-strategischen und Innovations-Themen. Zuvor war sie viele Jahre lang in leitender redaktioneller Position bei der COMPUTERWOCHE tätig.
Andreas Beeres, CIO der Schott AG, hat derzeit zwei große Programme vor der Brust. Das eine heißt „One IT“, das andere „Next Generation Sourcing“. Worum geht es da konkret?

Vor zwei Jahren habe ich den Auftrag bekommen, die Rahmenbedingungen für eine weltweite IT-Organisation zu schaffen. Dieses Programm läuft unter der Bezeichnung „One IT“. Hier geht es nicht nur um den weltweiten Rollout einer zentralen ERP-Lösung, sondern um die strategische Ausrichtung der kompletten IT. Wir wollen vollständige Transparenz schaffen: sowohl über Personal und Kosten als auch über die Leistungen der Informationstechnik.

Andreas Beeres, CIO der Schott AG
Andreas Beeres, CIO der Schott AG
Foto: Schott AG

Um uns ein Gesamtbild zu verschaffen, führen wir Enterprise-Architecture-Management ein. Wir nehmen eine weltweite „Ist-Karte“ als Ausgangspunkt und entwickeln darauf aufbauend einen Soll-Bebauungsplan. Wie in den meisten Unternehmen ist die SAP-Software ein wichtiges Element in diesem Plan, sie kann jedoch nicht in allen Bereichen die IT-Anforderungen funktional oder auch wirtschaftlich erfüllen. Es gibt immer Spezialgebiete, die anders abgebildet und dann integriert werden müssen. IT darf sich nicht allein auf die Business-Prozess-Unterstützung konzentrieren; nur mit einem ganzheitlichen Ansatz ist eine durchgängige IT-Business-Unterstützung möglich.

Eng verbunden mit der neuen IT-Organisation ist die Neugestaltung des Sourcing. Schott hat vor etwa zehn Jahren den wichtigen Schritt zum Outsourcing gewagt und große Teile der IT ausgelagert – vor allem mit dem Ziel, die Betriebskosten zu senken. Dabei hatte das Unternehmen damals bereits die Weitsicht, nicht alle Teile der IT aus der Hand zu geben. Beim Sourcing muss man die Vor- und Nachteile gut abwägen und darf sich nicht allein auf die Kosten fokussieren. Insbesondere muss sich ein Unternehmen seine „Mündigkeit“ bewahren. So hat Schott im SAP-Bereich beispielsweise das Wissen über die Business-Prozess-Unterstützung im Haus gehalten.

Nun gilt es, diesen Ansatz auch auf die anderen Leistungsbereiche im Sourcing zu übertragen. Wichtig ist die Fähigkeit, Anforderungen an ausgelagerte Services exakt zu definieren und abgelieferte Leistung vernünftig zu bewerten. Kommt diese Fähigkeit abhanden, kann Outsourcing zu einem Abhängigkeitsproblem führen. Zum Beispiel fehlt dann die Transparenz, ob das Preis-Leistungs-Verhältnis noch angemessen ist. Deshalb muss der Business Case beim Outsourcing auch die Kosten für die Retained Organisation zum Anfordern und Steuern der gesourcten Leistung einkalkulieren.

Wir wollen nun aber keineswegs alles wieder ins Haus holen. Der momentane Insourcing-Trend ist nur wieder ein extremer Ausschlag des Pendels, das gerade in diese Richtung schwingt. Ein Prozess wird nicht dadurch besser, dass man ihn unverändert wieder selbst ausführt. Wir halten Fremdbezug durchaus für sinnvoll. Wir wollen dafür die Retained Organisation als Management-Schnittstelle ausbauen. Sie soll aus Know-how-Trägern bestehen, die sich die Qualifikation der Provider-Steuerung aneignen, aus Mitarbeitern, die den Dienstleister anleiten und steuern sowie die abgelieferte Leistung bewerten können. Leider wird diese Disziplin am Markt noch nicht ausgebildet. (mhr)