Auf Betriebssystem-Seite gewinnen Unix und PS2 mehr Gewicht:

Deutsche Sparkassen wollen ihren DV-Betrieb in Zukunft weiter straffen

04.11.1988

KÖLN (sch) - Ein Nebeneinander von Konzentration und Dezentralisierung kennzeichnet das DV-Konzept der Deutschen Sparkassen. So wollen die auf der Orgatechnik erstmals mit einem eigenen Stand vertretenen Geldinstitute die Zahl der Rechenzentren weiter abbauen. Im Front- und Backoffice-Bereich setzen ihre Filialen aber verstärkt auf PCs.

Im Rahmen der lokalen Informations- und Datenverarbeitung legt die Sparkassenorganisation zunehmend das Hauptgewicht auf einen besseren Kundenservice und ein "Mehr" an betriebswirtschaftlichen Entscheidungsgrundlagen für die Führungskräfte der Sparkassen. Dementsprechend wurden auch die Akzente auf dem Orgatechnik-Stand gesetzt.

Beflügelt durch die nach eigenen Angaben positive Resonanz auf den Messeauftritt in Hannover haben sich anläßlich der Fachausstellung in der Domstadt die Sparkassen aus Köln, Leverkusen, Siegburg und Bonn zu einer Veranstaltergemeinschaft zusammengeschlossen. Gemeinsam mit dem Sparkassenzentrum Rheinland, dem Deutschen Sparkassenverlag, dem Rheinischen sowie dem Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV) präsentierten sie einen "Auszug" aus dem Leistungsspektrum elektronischer Kommunikationsmittel. Die gegenwärtig in den Zweigstellen und auf der Messe eingesetzte "harte Ware" stammt(e) unter anderem von Nixdorf (System 8810) und IBM.

Anwendungen wird Vorrang eingeräumt

Als neueste Errungenschaften galten neben einem PC-gestützten Datenbankdienst für den Zugriff auf nationale und internationale DBs ein Programm für die Finanzplanung und "Multicash" für die elektronische Kontoführung. Letztere Anwendung ist für Firmenkunden gedacht, die Datenkommunikation über Datex-P oder Bildschirmtext mit ihrer Sparkasse betreiben wollen. Ihre wesentlichen Funktionen: Erstellung von Zahlungsauftragsdatensätzen für In- und Auslandszahlungen, Übermittlung der Aufträge an die Sparkasse und Abruf von Kontostands- und Umsatzinformationen.

Laut Harald Müller, der bei den Deutschen Sparkassen-Datendiensten (aufgehängt beim Verlag der Deutschen Sparkassen) für die Beratung, Public Relations und den Vertrieb zuständig ist, sind die Applikationen "Trumpf" und beeinflussen direkt die Hardware-Entscheidungen. Dies gelte insbesondere auch für den Backoffice-Bereich mit Programmpaketen wie zum Beispiel Open Access 2, Access Script und Text 4 für IBM-Mikros, in den die Orgatechnik-Gemeinschaftsdemonstration allerdings kaum Einblick gewährte. Als künftige Betriebssysteme seien OS/2 und Unix im Gespräch. Müller: "Wir setzen OS/2 nicht ein, weil es 'in' ist, sondern erst dann, wenn es dem Endanwender eindeutige Leistungsvorteile gegenüber der bisher eingesetzten Software bringt."

Die Bürokommunikations-Software Text/2 könne hier keinem Vergleich mit den bisherigen Systemen standhalten. Es lohne sich nicht, für nur minimale Leistungsverbesserungen knapp 3000 Mark mehr in die Hardware zu investieren. Im übrigen stehe und falle der Einsatz von PS/2-Modellen mit dem Einsatz des noch nicht in greifbare Nähe gerückten "Presentation Manager". Zusätzlicher Minuspunkt: Die OS/2-Development-Kids hätten laufend Fehler. Als gangbare Alternative bietet sich für den DV-Chef das Betriebssystem Unix an: "Mit Unix hätten wir die Möglichkeit, ein tatsächlich herstellerunabhängiges Betriebssystem zu fahren. Außerdem geben die RZ-Leiter Unix heute eine größere Chance für den Durchgriff auf Hostanwendungen." IBM, die derzeit in den zentralen Rechenzentren "das Sagen hat", werde sich dem Unix-Druck auf die Dauer nicht erwehren können.

Hinsichtlich der zentralen Datenverarbeitung befinden sich die Sparkassenorganisation und die Verbände sowieso im Umbruch. RZs trifft man heute nur noch in Hannover, Kiel, Duisburg, Stuttgart, München und Mainz an. Auf lange Sicht ist es jedoch geplant, die Sparkassen von drei bis vier leistungsstarken Rechenzentren aus zu versorgen.