Softwareentwicklung soll schrittweise ausgelagert werden

Deutsche Bank plant weitere Outsourcing-Deals

14.03.2003
MÜNCHEN (rg) - Neben ihrer IT-Infrastruktur will die Deutsche Bank weitere IT-Bereiche auslagern. Pläne zur Fremdvergabe der Softwareentwicklung sowie einer IT-Plattform für die elektronische Beschaffung sich offenbar bereits weit fortgeschritten.

Hierzulande nimmt die Deutsche Bank eine Vorreiterrolle unter den Finanzdienstleistern ein. So entschied sie im September vergangenen Jahres, ihre IT-Infrastruktur an IBM Global Services auszulagern. Doch damit nicht genug. Nun plant die Deutsche Bank darüber hinaus, im Bereich PCAM (Private Client and Asset Management) weltweit ihre Softwareentwicklung in sechs Schritten an verschiedene Dienstleister abzugeben. Die Streuung auf mehrere Anbieter soll helfen, Risiken und Abhängigkeiten so gering als möglich zu halten.

Laut dem Betriebsratsvorsitzenden Peter Müller hat der Vorstand der Deutschen Bank acht Kerngeschäftsfelder identifiziert, auf die sich das Unternehmen künftig konzentrieren wolle. Die IT zähle nicht dazu. Außerdem solle durch das neuerliche Outsourcing-Projekt ein weiterer Schritt unternommen werden, um feste in variable Kosten umzuwandeln. Ferner wolle die Bank dadurch die Ausgaben für die Softwareentwicklung insgesamt reduzieren. Allerdings liege dem Betriebsrat derzeit keine Kosten-Nutzen-Rechnung zu den Maßnahmen vor, obwohl die Pläne bereits weit fortgeschritten seien.

In einer ersten Phase wird der Finanzdienstleister die Softwareentwicklung für den Bereich Human-Resource-(HR-)Systeme auslagern und hat sich dabei ehrgeizige Ziele gesetzt.

Laut Betriebsrat befindet sich die Bank kurz vor Ende der Bestandsaufnahme. Entsprechende Due-Diligence-Gespräche würden ausschließlich mit Accenture geführt. Der darin vereinbarte Zeitplan sehe vor, zum 1. April dieses Jahres die Übergangsphase zu starten, die dann bis Ende Juni abgeschlossen werden soll.

Die zweite Auslagerungsphase wird voraussichtlich im Sommer eingeläutet. Sie hat die Fremdvergabe der Softwareentwicklung für das Controlling und den Betrieb der SAP-Systeme zum Ziel. Zu möglichen Outsourcing-Partnern wollte sich der Betriebsrat nicht äußern.

Welche zusätzlichen Bereiche in vier weiteren Stufen ausgelagert werden sollen, hat das Management laut Müller noch nicht mitgeteilt. Der Zeitplan der Geschäftsleitung sehe allerdings vor, das gesamte Outsourcing-Projekt bis Ende 2005 abzuschließen. Insgesamt bekämen deutschlandweit knapp 900, davon allein am Standort Eschborn 780 Mitarbeiter die Auswirkungen der Maßnahmen zu spüren. "Die Verunsicherung unter der Belegschaft ist groß, zumal nicht klar ist, wie viele und welche Mitarbeiter davon betroffen sind", so Müller. Der kleinere Teil der Softwareentwickler soll offenbar bei der Deutschen Bank bleiben, um die Outsourcing-Partner zu koordinieren, andere Mitarbeiter werden zu diesen wechseln müssen. Darüber hinaus ist die Bank laut Betriebsrat mit ersten Aufhebungsverträgen an einzelne Mitarbeiter herangetreten.

Die Deutsche Bank wollte hierzu keine Stellungnahme abgeben. In einem Roundtable-Gespräch der COMPUTERWOCHE zum Thema Outsourcing Anfang Februar dieses Jahres hatte sich Clemens Jochum, CIO der Deutschen Bank, noch zurückhaltend geäußert (siehe CW 7/03, Seite 12/13: "Die große Outsourcing-Kontroverse"). Einer Auslagerung der Anwendungsentwicklung, wie sie beispielsweise American Express praktiziere, stehe er skeptisch gegenüber, äußerte er seinerzeit. Diese Funktion gehöre zu den Kernkompetenzen einer Bank. Er wollte jedoch nicht ausschließen, die Fertigungstiefe zu verringern, sofern nicht aus regulatorischen Gründen intern codiert werden müsse.

Fremdvergabe der Einkaufsplattform

Neben der Softwareentwicklung stehen weitere Bereiche auf dem Prüfstand. So berichtete die "Financial Times Deutschland" vergangene Woche, die Deutsche Bank plane, ihren kompletten Einkauf inklusive Abwicklung und Controlling einem Dienstleister zu übertragen. Demnach beziffern Beobachter das Einsparpotenzial mit 700 Millionen Euro, was rund zehn Prozent des heutigen Einkaufsvolumens der Bank entspreche.

Tariq Hassan, Leiter des weltweiten Einkaufs der Deutschen Bank, wollte den Bericht jedoch nicht bestätigen. Es gehe nicht darum, den gesamten Einkauf auszulagern, sondern vielmehr um das Outsourcing einer IT-Plattform für die elektronische Beschaffung.

Laut Hassan setzt die Deutsche Bank derzeit die E-Procurement-Software "Enterprise Buyer Professional" von SAP ein. Dieses System sei seit drei Jahren im Einsatz, wobei die Pflege und Katalogerstellung jedoch einen bedeutsamen Kostenfaktor bildeten. Derzeit würden Gespräche mit IBM, EDS und Accenture geführt, um auszuloten, welche Möglichkeiten für das Outsourcing der Einkaufsplattform bestünden. "Dabei untersuchen wir, ob es Sinn gibt, eine weltweite Plattform von Deutschland aus zu betreiben, oder ob es besser ist, lokale Systeme zu nutzen", so Hassan. Bislang seien allerdings keine Entscheidungen getroffen worden.