Hermann Scherer

Der Weg zum glücklichen Leben

07.07.2014
Von Thorsten Giersch

Entscheidungen nicht hinauszögern

Mut ist der Anfang von allem. Von dem braucht es reichlich, um sich nicht unterzuordnen. 70 Prozent der Deutschen sagen in Umfragen, dass sie ihr Leben ändern müssten, um ihre Ziele zu erreichen. Doch den allermeisten fehlt dafür das Selbstvertrauen - und manchmal auch ein klares Wertekonstrukt. Man muss eben Deals eingehen und die Ressource in die Waagschale werfen, über die wir am ehesten frei verfügen können: Zeit.

Es ist immer ein Tausch: Zeit gegen Vergnügen, Zeit gegen Status, Zeit gegen Wissen. Geld ist dagegen nur ein Zwischenspeicher. Nützlich, aber weit weniger bedeutungsvoll. Doch gerade uns Deutsche steht die Ungeduld immer wieder im Weg. Wir "säen zu wenig und ernten zu früh", schreibt Scherer.

Zudem definiert der Autor Erfolg anders als vielleicht so mancher Leser. Für ihn ist Erfolg kein Ziel, sondern "etwas, das sich einstellt, wenn das Ziel erreicht ist". Hängen bleibt auch sein Grundsatz, dass man den Preis für Erfolg stets im Voraus entrichten muss. Hier wird Scherer auch sehr konkret mit Hinweisen aus seinem Unternehmer-Alltag.

Ob Hermann Scherer wirklich viel liest oder das Zitatelexikon wälzt, spielt keine große Rolle. Er verzichtet auf die oft benutzten, aber schrecklich wirkenden Zitate von berühmten Denkern zum Anfang der Kapitel, aber dafür grätscht er im Fließtext die halbe Geschichte ab, um sich Ideen zu leihen. Dies geschieht aber mit so viel Gefühl, dass es passt.

Wenn Scherer neben Goethe, Nietzsche, Descartes und vielen anderen auch Buddha mit den Worten zitiert "Aller Kummer der Menschen kommt daher, dass man sich der Wirklichkeit nicht genau so stellt, wie sie ist", dann kommt das im jeweiligen Zusammenhang gut herüber. Auch weil der Autor den klassischen Buddhisten-Ratschlag mitnimmt, das Verhalten der Menschen in unserer Umgebung nicht permanent zu bewerten. Eine "riegengroße Befreiung" wäre dies.

Scherer warnt davor, Entscheidungen zu lange heraus zu zögern. Denn die würden in der Regel erst dann getroffen, "wenn der Leidensdruck groß genug ist". Es sei eben der falsche Weg darauf zu warten, bis man alle Faktoren überblickt: "Wir wollen mehr wissen als zum Handeln nötig ist."

Studien belegen, dass für viele Menschen ausgerechnet der Sonntag der schwierigste Tag der Woche ist. Die Erklärung lautet: Es ist eben der Tag, der keine Struktur hat. Der moderne Mensch neigt ungemein dazu, sich solche Strukturen zu errichten: "Wir haben tausende Angewohnheiten, die uns unfrei machen."

Selbstzweifel seien nie ganz zu verhindern, schreibt Scherer. Aber Angst vor der Angst zu haben sei genau der falsche Weg: "Wir können nicht immer kontrollieren, was uns passiert, aber wir können unsere Einstellung zu dem, was passiert, kontrollieren." Die wahre Freiheit sei, "sich sicher zu fühlen, ohne sicher zu sein". Man müsse die geerbte Opferhaltung überwinden; den Adam wegwerfen - und mit der Zeit zu James Bond werden.

Bibliografie:
Hermann Scherer
Schatzfinder. Warum manche das Leben ihrer Träume suchen – und es andere längst leben
Campus Verlag, Frankfurt am Main

(Quelle: Handelsblatt)