Freiberufler

Der Mut zur Nische wird oft belohnt

21.11.2012
Von 
Ina Hönicke ist freie Journalistin in München.
IT-Freiberufler, die sich auf ein lukratives Spezialgebiet verlegen, haben beste Chancen. Allrounder mit Breitenwissen sind weniger gefragt.

Softwareentwickler stehen auf der Wunschliste der ITK-Firmen ganz oben, das bestätigt eine aktuelle Bitkom-Umfrage. Anwendungsbetreuer und Administratoren sind dagegen in den Anwenderunternehmen gefragt. Die wichtigsten Aufgabenfelder in den Unternehmen sind betriebswirtschaftliche Anwendungen, IT-Sicherheit und Cloud Computing.

In Zukunftsthemen wie Cloud Computing sehen Freiberufler gute Chancen.
In Zukunftsthemen wie Cloud Computing sehen Freiberufler gute Chancen.
Foto: andrea michele piacquadio, Shutterstock

Diese Prognose gilt auch für den freiberuflichen Projektmarkt, wie die Marktstudie des Vermittlers Solcom zeigt. "Obwohl die Konjunkturindikatoren in der Wirtschaft nach unten zeigen, bleibt die Nachfrage nach IT-Freiberuflern größer als das Angebot", bestätigt Thomas Müller, geschäftsführender Gesellschafter der Solcom Unternehmensberatung GmbH in Reutlingen. Auch die dort befragten freiberuflichen Softwareexperten sehen ihre größten Chancen in Zukunftsthemen wie Cloud Computing. Hier sind laut Müller Spezialisten gefragt, die sich mit Datenbanken und dem Handling großer Datenmengen auskennen, aber auch Netzwerkprofis, die Schnittstellen bereitstellen.

Thomas Müller, Solcom: "Die Nachfrage nach IT-Freiberuflern bleibt größer als das Angebot."
Thomas Müller, Solcom: "Die Nachfrage nach IT-Freiberuflern bleibt größer als das Angebot."

Die meisten Aufträge gibt es laut Solcom-Studie aber nach wie vor für SAP-Profis, Java- und C++-Entwickler. Auftraggeber suchen vor allem hoch spezialisierte IT-Freiberufler. Darum empfiehlt Müller den Freien, die eigene Kompetenz in der Tiefe zu verbessern. Es habe wenig Sinn, heute Java-Programme zu schreiben und morgen Windows-Systeme zu verwalten. Manche Freiberufler bewerben sich für drei oder vier unterschiedliche Positio-nen, weil sie in jeder Richtung irgendwann einmal ein Projekt umgesetzt haben", sagt Müller. "Da aber jeweils die vertieften Kenntnisse fehlen, kommen sie für keines der Projekte in Frage." Ergänzt ein neuer Markttrend das eigene Wissen, sei es sinnvoll, sich dort weiter zu spezialisieren. "Aber dauernd das Pferd zu wechseln, tut weder dem Lebenslauf noch der Auftragslage gut."

Freiberufler Stephan Petzchen erhält viele Aufträge durch Mund-zu-Mund-Propaganda.
Freiberufler Stephan Petzchen erhält viele Aufträge durch Mund-zu-Mund-Propaganda.
Foto: Petzchen

Stephan Petzchen ist bereits seit 17 Jahren in der IT tätig, vor sieben Jahren wagte er den Schritt in die Selbständigkeit. Seine ersten Aufträge führten ihn in die öffentliche Verwaltung, danach in die Industrie. Zurzeit arbeitet Petzchen, der mit seiner Firma Gesius GmbH auf Java Enterprise und Open Source spezialisiert ist, an einem Projekt für Dokumentation und Instandhaltung in der Energiewirtschaft.

Bisher hatte er noch nie Probleme, in Projekten unterzukommen. Neue Aufträge seien entweder Nachfolgeprojekte gewesen oder durch Mund-zu-Mund-Propaganda an ihn weitergegeben worden: "Durch die unterschiedlichen Industrieprojekte habe ich mein Wissen enorm erweitern können, was für Freelancer von großem Vorteil ist."

Chancen durch die Cloud

Der freiberufliche Softwareexperte rechnet damit, dass die Konjunktur etwas abflauen wird und die Unternehmen weniger Mitarbeiter einstellen und auch die Zahl der Projekte reduzieren werden. Das könnte sich wie schon 2009 auch auf die Nachfrage nach Freiberuflern auswirken, befürchtet er. Gute Chancen sieht er nach wie vor in den Bereichen Standardsoftware, Cloud Computing und Virtualisierung. Auch für Web-Anwendungen erwartet er eine weiter wachsende Anzahl von Projekten. Sein Fazit: Freelancer, die flexibel sind, ihr Wissen auf dem Laufenden halten und sich neue Technologien aneignen, können beruhigt in die Zukunft blicken.

Dennis Hoppe entscheidet für jedes Projekt neu, ob er sein Wissen dafür vertiefen muss. Je mehr er sich spezialisiert, ein umso höheres Honorar kann er einfordern, argumentiert der freie Sharepoint- und C#-Entwickler "In puncto Flexibilität und Wissen müssen Freelancer gegenüber angestellten Softwareprofis die Nase vorn haben." Insgesamt sieht er den Bedarf an IT-Freiberuflern als sehr hoch an. Der Freelancer empfiehlt, bei Projektangeboten nicht einfach zuzugreifen, sondern zuerst den Markt zu be-obachten und sich unter Kollegen umzuhören: "Erst wenn alles passt, sollte man den neuen Job übernehmen - dann aber mit vollem Engagement."