HOST-TERMINAL-SYSTEME

Der Maßanzug vom Wühltisch bleibt Illusion

15.12.1989

DV-Lustgewinn am Arbeitsplatz läßt sich auf vielfältige Weise und mit vielerlei Gerät hervorzaubern: PCs jedweder Schattierung vernetzt und solo, oder Terminals, mal dumm, mal intelligent, mal multifunktional, mal pur. Und fast wie im richtigen Leben stellt sich auch hier die Frage, ob denn alles nur vom Preis abhinge. Wohl nicht, so scheint's, sonst wäre der Meinungsstreit um das richtige Endgerät kaum entstanden.

Je ausgefeilter der PC in seiner anwendungsspezifischen Konfiguration, desto spezialisierter der Ingenieur, der sich um die Ausstattung, Konfiguration und Funktionalität kümmern muß," ist nach Meinung von Michael Bernecker, Geschäftsführer der Münchener Unternehmensberatung Bernecker und Partner GmbH & Co KG, eines der wichtigen Postulate bei der Ausrüstung eines Arbeitsplatzes mit DV-Power.

Neben dieser Methode, einen Arbeitsplatz einzurichten, ist aus der traditionellen Datenverarbeitung aber auch die Vorgehensweise gewachsen, die Hauptarbeitslast am Host zu belassen und Terrninals anzuklinken, die je nach Aufgabenstellung Grafik, Text oder Numerik verarbeiten können. Sie leisten eine ganz normale Transaktionsaufgabe - mit anderen Worten, jeder Tastendruck wird am Host interpretiert.

Bislang wurden vor Ort die Host-Terminals entweder rein alphanumerisch genutzt oder unter Einsatz eines Grafik-Standardpaketes wie GDDM von IBM - bedingt für Grafik ausgerüstet. Mit akzeptabler Qualität für Business-Graphics, wie Dr. Ullrich Schedl, Geschäftsführer der ubs Softwareentwicklungs- und Beratungs GmbH, aus seiner Praxis schildert.

Wirtschaftlichkeit als wichtiges Kriterium

Die Problematik der adäquaten Ausrüstung von Arbeitsplätzen lag bislang darin, daß eigentlich die PCs in Richtung (Trivial-)Grafik und Benutzeroberfläche wesentlich vorteilhafter waren als die Terminals der Großrechner. Sie wiesen eine geringere Flexibilität auf und waren für eine Anwendung hochspezialisiert ausgelegt.

In einem nächsten Schritt wurde die Multifunktionalität im Sinne einer Ausweitung der Qualität der Arbeistplatzbeschreibung mit dem Versuch angegangen, Anwendungen auf eben diese Host-Terminal-Schiene auszuweiten. So finden sich an manchen Plätzen beispielsweise intelligente oder auch nicht mit Intelligenz ausgestattete Terminals, die hochwertige Graphiken liefern, aber auch zusätzlich für alphanumerische Aufgaben eingesetzt werden können.

"Dadurch wurden zwar die Host-Terminals gegenüber den PCs nach vorne gebracht, sie waren aber wesentlich teurer", meint Schedl. Ein Grafikarbeitsplatz schlägt investitionstechnisch durchaus mit 80 000 Mark als Grundausstattung zu Buche, so daß die Wirtschaftlichkeit hier besonders intensiv zu prüfen sei.

Im Laufe der letzten Jahre sind aber auch bei diesen Terminallösungen Preisveränderungen in Richtung "unten" zu vermelden gewesen; parallel dazu feierte die Workstation. Idee Triumphe, die zwischen (auch dummem) Terminal und Host Speicher- und Vermittlerrolle übernahmen. Dennoch sieht Schedl trotz der günstigen Preisentwicklung bei Workstations und Terminals vor allem bei der Ausrüstung einer größeren Anzahl von Arbeitsplätzen die Notwendigkeit für einen gut gespitzten Kalkulationsbleistift.

Das Problem der Konstellation ist für den Unternehmensberater letztlich ein strategisches. Wenn der Mainframe als Host entlastet werden soll, dann empfiehlt sich der Einsatz von Workstations als Zwischenglied. Der Mitarbeiter am Arbeitsplatz bekommt durch den schnellen direkten Konnex zu seiner Workstation das starke Feeling, einen eigenen Computer zu besitzen.

Der andere Ansatz zielt mehr auf Integration sowohl der Daten als auch der Anwendungen: Durch vernetzte PCs als Terminals mit Host ergibt sich der Vorteil, bislang als Stand-alone-Lösungen gefahrene Anwendungen sinnvoll miteinander zu verknüpfen. Eine komfortable Benutzeroberfläche verquickt sich dann zudem mit einer riesigen Auswahl von Standardsoftware und der Möglichkeit, Daten auszutauschen und auf zentrale Host-DBs zuzugreifen.

Der Workstation-Ansatz empfiehlt sich vor allem unter Budgetaspekten bei überlastetem Host, meint der ubs-Geschäftsführer. Da Hosts vielfach schon aufgestockt sind, bleibt nämlich als Alternative oft nur noch der Schritt, einen Betriebssystemwechsel anzusteuern - Geld und Manpower würden stark gebunden.

Noch einen Aspekt bringt Schedl für das Konzept "PC mit und am Host": die Rettung sämtlicher betriebshistorischer und aktueller Daten, die durch die Vernetzung von Stand-alones gegeben ist.

Der Meinungsdisput hängt sich letztendlich so an der Frage auf, ob das Terminal ein eigenes Betriebssystem besitzen soll oder nicht, letztlich also auf einem PC basiert, der mit einem Host-Anschluß versehen ist. Die Ausrüstung ist dann wahlweise mit oder ohne Platte, diversen Karten und Zusätzen an den Anforderungen auszulegen.

Dabei ist zu berücksichtigen, daß die heutigen PCs mit der notwendigen Software und Zusatzkarten den Ansprüchen der Anwender voll gerecht werden. So sind auch 3D-Grafiken in guter Qualität kein Problem mehr - allerdings kommen auch solche Arbeitsplätze dann in Größenordnungen um die 60 000 bis 70 000 Mark Investitionssumme. Wie Experten berichten, ist eine solche Lösung zudem oft durchaus schneller als eine traditionelle Grafiklösung und somit komfortabler.

Zu bedenken ist bei einer PC-Superkonfiguration dann allerdings, daß auf der Grundlage von DOS diverse Speicherprobleme auftreten können; OS/2 heißt die Alternative, neben Unix (oder Xenix) freilich. Bestimmte Programme wie Pagemaker oder Autocad sind bereits für OS/2 verfügbar, für Unix gibt es ein wesentlich breiteres Angebot.

Wenn die Leistung als Harmonie aus Hardwareperformance und -austattung, Betriebssystem, Anwenderprogramm und Peripherie stimme, dann, so Berater Übereinstimmend, sei diese Leistung sicher oft um bis zu 50 Prozent billiger auf Systemen anzuschaffen, die im Massenmarkt gehandelt werden. Hier nämlich greift das Konzept von Angebot und Nachfrage bei der Preisgestaltung voll in das Investitionsportefeuille.

In dem Moment nämlich, wo ein Hersteller sich nicht um die Preisrangeleien im PC-Bereich kümmern muß, ist er - um es vorsichtig auszudrücken - kalkulatorisch aus dem Schneider.

Echter Vorteil für die Personal Computer

Doch die Qual der Wahl stellt sich nicht nur bei der Frage nach dem Preis. Eine Einschränkung nämlich ist evident: wenn auf dem am Host angeschlossenen Terminal kein Standardbetriebssystem geladen ist, dann ist auch der Zugriff auf Standardsoftware ausgeschlossen. Hier sehen Profis einen echten Vorteil für den PC.

Dem riesigen Angebot an möglichen Hardware-Tuningkarten im Sinne einer Funktionserweiterung steht ein noch viel größeres Angebot an Software gegenüber, so daß der Wunsch nach neuen Funktionen leicht zu erfüllen ist.

Demgegenüber zieht das Argument, daß auch bei einem intelligenten Terminal die runterzuladende Software doch wohl spezifischer auf die exakten Belange des Arbeitsinhaltes zugeschnitten ist - Erweiterungen aber, Komforterhöhungen und verbesserte Kommunikationslösungen sind mit einem PC als Terminal schlicht "Easy-doing".

Der PC als Generalist

Steht also einem PC die Rolle als Generalist gut an, so mag zwar ein multifunktionales Terminal als Endgerät in seiner Spezialisierung dem PC überlegen sein, aber - Funktionen, die der Hersteller nicht in sein System "reingedacht" hat, bereiten Probleme.

Und so stellt sich wiederum die Frage nach der jeweils kostengünstigsten Lösung, die nur anhand einer ausgefeilten Arbeitsplatzbeschreibung zu lösen sein wird, denn auch funktionale Spezialisierung ist in extremen Bandbreiten denkbar.

In einem Punkt allerdings ist der Glaubensdisput müßig geworden: dem Feeling am Gerät. Lichtgriffel, Maus und Touch Screen haben bei beiden Varianten Einzug gefunden - die Kombination aus Alphanumerik und Grafik ist auch bei einem PC eine lockere Fingerübung.

So bietet sich in Analogie zu Michael Berneckers Aussage das Bild einer Apotheke, in der für jedes Zipperlein ein Mittel aufzutreiben ist. Die Kombination zur Rundum-Behandlung allerdings bedarf des Spezialisten - oder dann doch der spezialisierten Droge zur Steigerung des Lustgewinns.