Dells Druckerpremiere stößt auf Skepsis

15.04.2003
Von 
Sabine Prehl ist freie Journalistin und lebt in München.

Angesichts milliardenschwerer Investitionen in Forschung und Entwicklung sei HP dem Direktversender zudem haushoch überlegen, was Innovationen angehe, da sich Dell bislang lediglich als Vertriebskanal positioniere. Experten sehen das ähnlich. Im Kerngeschäft mit PCs habe sich Dells Strategie, möglichst wenig für Entwicklung auszugeben und die so erzielten Einsparungen an die Kunden weiterzureichen, ausgezahlt. Sollte Dell aber tatsächlich an mehr als einem Vertriebsabkommen mit Lexmark interessiert sein und auf längere Sicht nicht nur mit Dell-Label versehene Lexmark-Drucker, sondern eigene Produkte auf den Markt bringen, würde die Rechnung laut Peter Grant, Analyst bei Gartner, nicht aufgehen: „Um im Printer-Markt wettbewerbsfähig zu sein, muss ein Anbieter viel und regelmäßig in Forschung und Entwicklung investieren.“

Den Vorsprung, den sich HP über Jahrzehnte hinweg auch in patentrechtlicher Hinsicht aufgebaut hat, wird Dell daher nicht so schnell aufholen. Zudem ist fraglich, ob es dem Direktanbieter gelingt, wie angekündigt die Preise der Konkurrenz zu unterbieten und auf diese Weise vor allem HP Marktanteile abzunehmen. Nach Einschätzung von Grant waren die Dell-Geräte zum Zeitpunkt des US-Launchs preislich gut positioniert, aber nicht bahnbrechend günstig. Allerdings hat Dell die Preise nachträglich gesenkt.

So kostet das All-in-one-Gerät „A940“ jetzt statt 139 nur noch 109 Dollar. Für das vergleichbare HP-Produkt „PSC 2110“ muss man 199 Dollar hinlegen. Dagegen liegen Dells Zubehörpreise laut Grant nicht nennenswert unter denen der Wettbewerber.

Abgesehen davon, dass der Direktversender seinen Exklusivpartner Lexmark, der sein Geld vor allem mit hochmargigem Verbrauchsmaterial verdient, mit einem Preisdumping in diesem Bereich verprellen würde, dürfte es Dell ohnehin schwer fallen, im Zubehörgeschäft Fuß zu fassen, da die Verbrauchsmaterialien im Einzelhandel häufig günstiger zu haben sind. Derzeit werden laut Gartner 90 Prozent des Druckerzubehörs über Retail-Märkte bezogen. Dell müsste also die Kaufgewohnheiten der Kunden grundlegend verändern, und das scheint unwahrscheinlich. Speziell die von Dell anvisierte Zielgruppe Small Office/Home Office kauft ihre Tinten- und Tonerkartuschen nicht auf Vorrat, sondern bei Bedarf. Eine Bestellung dauert da zu lange. Mit neuen Services hofft Dell trotzdem, die Kunden für sich einzunehmen. So wurde ein Toner-Management-System eingeführt, das den jeweiligen Tonerstand des Druckers anzeigt und die Nachbestellung per Mausklick veranlasst.

Allerdings beträgt die Wartezeit fünf Tage. Wer auf einer Lieferung am nachfolgenden Tag besteht, muss eine Gebühr bezahlen.

Aber auch im Druckergeschäft selbst befindet sich Dell laut Gartner-Mann Grant noch in einem Lernprozess. Obwohl das Unternehmen über eine große Kundenbasis und Reputation im PC-Markt verfüge, müsse es noch viel Überzeugungsarbeit leisten, um das Bundling von eigenen PCs mit HP-Druckern durch ein Angebot aus reinen Dell-Produkten ersetzen zu können. „Es wird für Dell nicht einfach sein, Kunden für seine eigenen Drucker zu gewinnen“, spekuliert Grant. „Auf jeden Fall wird es eine Weile dauern.“