Portable-Spezialist hält dem alten PC-Standard die Treue:

Compaq bleibt bei seinen Leisten

15.05.1987

NEW YORK (CW) - Anwendungen für den alten PC-Standard wird Compaq auch weiterhin unterstützen. Es bestanden momentan keine Pläne, so der President Rod Canion, die neue Architektur der /2-Systeme zu fördern.

Der Compaq-Boß ging sogar so weit zu behaupten, die große Mehrheit der acht Millionen Anwender von IBM-kompatiblen PCs benötige die Leistung des 32-Bit-Bus von Big Blue nicht. Er habe keinen Bedarf dafür auf den Schreibtischen der User entdecken können, sagte Canion einem Bericht der COMPUTERWORLD zufolge. Diese Aussage schränkte Walter Fink, Technischer Leiter der Compaq-Tochter in München, ein. Gemeint seien bestehende (MS-DOS-) Applikationen, bei denen der Bus keinen Engpaß darstelle.

Vorteile brächte der 32-Bit-Bus dann, wenn jede Steckkarte ihren eigenen Prozessor habe und mehrere Master gleichberechtigt seien.

Der Forderung der Anwender nach mehr Leistung will Compaq dennoch nachkommen: Auf Basis des PC/AT-Bus sollen schnellere Platten, unter Umständen ein leistungsfähigeres Betriebssystem (von Microsoft oder einem anderen Hersteller) sowie Multitasking- und Multiuserfähigkeiten geboten werden.

Die technischen Neuerungen der Mikrokanal-Architektur lieferten keine größeren Vorteile, die nicht auch mit dem herkömmlichen Standard erreicht werden könnten, sagte Canion. Mother Blue habe bei all dem Getue um die neue Architektur versäumt, dem Anwender die echten Vorzüge des Mikrokanals zu erläutern.

Ein gutes Haar ließ Canion dann doch an dem Hauptfeind IBM: Er begrüße, daß das Betriebssystem OS /2 auf den bisherigen 286-Systemen eingesetzt werden könne. Für Walter Fink stellt OS /2 nichts weiter dar als das für Intels 286, das auch auf 386-Rechnern laufe, aber dessen erweiterte Möglichkeiten nicht optimal nutze. Gleichzeitig behaupten er wie auch Canion, daß OS /2 im eigenen Desktop 286 eine bessere Leistung erbringen würde als in den 80286-Pendants von IBM. Begründet wird dies mit der höheren Taktfrequenz des Prozessors (Compaq: 12 Megahertz, IBM: 10 Megahertz) und dem schnelleren Zugriff auf Platten und Speicher.

Der einzige Vorteil der IBM-Systeme liege im Caching. Zudem habe eine gesteigerte PC-Leistung unter OS /2 wenig oder gar nichts zu tun mit dem neuen Bus, der nur für eine begrenzte Anzahl von Usern sinnvoll sei. Compaq werde erst dann ein kompatibles Produkt entwickeln, wenn dafür Bedarf erkennbar sei.