Befragung der Decus-Benutzergruppe

Compaq-Anwender sorgen sich um die Zukunft ihrer IT

20.07.2001
MÜNCHEN (jm) - Nachdem Compaq angekündigt hat, die Alpha-Prozessorlinie zugunsten von Intels Itanium-Chip aufzugeben, haben insbesondere Anwender der Betriebssysteme Open VMS und Tru-64-Unix große Sorgen, in der nächsten Zeit die richtige Strategie für ihre IT zu bestimmen. Das geht aus einer Befragung der Compaq-Benutzergruppe Decus hervor. Viele liebäugeln mit einem Wechsel auf die Hardware eines anderen Herstellers.

Konkurrenzunternehmen wollen bereits aus der Verunsicherung der Alpha-Kundschaft Kapital schlagen. IBM beispielsweise startet - zunächst in den USA - eine Migrationsoffensive für Alpha-Anwender. Hewlett-Packard (HP) wird mit einem ähnlichen Angebot innerhalb der nächsten Wochen ebenfalls versuchen, Compaqs Industriekundschaft auf seine Plattform zu ziehen. Ein Sprecher von Sun Microsystems sagte, man habe selbst Werkzeuge, um Compaq-Anwendern bei der Migration auf Sun-Maschinen zu helfen.

Eine Online-Befragung der Mitglieder der Compaq-Benutzergruppe Decus belegt zudem, dass sich Alpha-System-Anwender große Sorgen wegen der Zukunft der Open-VMS- und Tru-64-Unix-Betriebssysteme und damit ihrer eigenen IT-Landschaft machen. Jürgen Beumelburg, der erste Vorstand der Decus, sagte, an der Umfrage hätten sich 241 Mitglieder beteiligt. In ersten Reaktionen auf Compaqs Ankündigungen hätten viele Anwender geäußert, sie würden sich den Wechsel auf die Hardware eines anderen Anbieters überlegen, sagte Beumelburg.

174 der Antwortenden gaben an, sie seien von Compaqs Plattformwechsel direkt betroffen, "viele davon halten Compaqs Schritt hin zur Intel-Welt für bedenklich und können ihn nicht nachvollziehen". Sie befürchten "das Ende der Alpha-basierten Betriebssysteme und beklagen den Verlust von Technologien", so Beumelburg. Unter den übrigen Antwortenden gebe es allerdings nicht wenige, die hoffen, der vollständige Wechsel auf die Intel-Prozessoren könne ein "positives Signal" für den Fortbestand von Open VMS und Tru-64-Unix bedeuten.

Stutzig macht einige Compaq-Anwender auch, dass der Hersteller begonnen hat, Alpha-Kunden besondere Konditionen für den Fall einzuräumen, dass sie sich jetzt von ihrer alten Alpha-Hardware trennen und noch neue Systeme ordern.

Räumt Compaq bereits seine Alpha-Lager?Ein Anwender aus Brandenburg sagte der CW, "Aber wer kauft denn jetzt noch Alpha-Server?" Die Abteilung des IT-Verantwortlichen versorgt die Niederlassungen seiner Firma in ganz Deutschland mit Rechenleistung.

Er könne sehr gut verstehen, wenn sich Compaq-Anwender jetzt nach anderen Hardwarelieferanten umsehen würden. Denn zusätzlich zu der unwägbaren Zukunft gebe es im Zusammenhang mit der Alpha-Plattform schon heute große Probleme. So hätten Compaq und Oracle per 31. Dezember 2000 den Support sowohl für die Open-VMS-Betriebssystem-Version 7.1 als auch für Oracle 7.3 gekündigt. Er sei in der Folge Mitte Mai 2001 gezwungen gewesen, seine Cluster-Systeme auf Open VMS, Version 7.21, sowie auf Oracle 8.16 und wegen erheblicher Fehler in dieser Version auf 8.17 umzustellen. Dieser Wechsel sei mit "erheblichen Kosten" verbunden gewesen. Trotz des sehr hohen Preises für den System- und Datenbankwechsel offeriere die Betriebssystem-/ Datenbankkonstellation nur noch eine unbefriedigende Leistung. Oracle sagt, es habe seine Datenbank ab Oracle 8i, Release 3 (8.1.7), für den Befehlssatz neuer Alpha-CPUs optimiert und werde nur von Alpha-CPUs ab der Generation EV56 unterstützt. Die aktualisierte Oracle-Version ist somit nicht rückwärtskompatibel zu älteren Alpha-Servern. Diese Erklärung trifft allerdings auf die Systeme des norddeutschen IT-Managers nicht zu, da seine Rechner EV6-Prozessoren nutzen. Oracle habe ihm aber erst zwei Patches geschickt, die das Problem lösen helfen könnten.