Wechsel von Honeywell Bull auf IBM-Midrange

Cap Gemini SCS: Binnen 90 Tagen Umstellung auf AS/400

07.06.1991

Als der Oldenburger Torfstreuverband seine Tochtergesellschaft DOM Anfang 1990 anwies, die Verwaltungsabläufe so weit wie möglich an die der Muttergesellschaft anzupassen, stellte sich als Haupthindernis heraus, daß DOM mit einer Honeywell Bull DPS4, der Torfstreuverband aber mit einer IBM AS/400 arbeitete. Die "Conversion-Fabrik" von Cap Gemini SCS schaffte die Umstellung auf den IBM-Rechner innerhalb von 90 Tagen.

Von der Angleichung ihrer internen Verwaltungsabläufe versprach sich die DOM Vertriebs GmbH, ein Hersteller und Vertreiber von Saatgut, Samen, Blumenzwiebeln und Dünger in Kevelaer am Niederrhein, und die Muttergesellschaft Torfstreuverband in Oldenburg zahlreiche Synergieeffekte. Doch bevor sie diese realisieren konnte, stellte sich ihr als Hindernis in den Weg, daß die Oldenburger eine IBM AS/400 im Einsatz hatten, bei DOM jedoch mit einer Honeywell Bull DPS4/82 unter dem Betriebssystem GCOS 4, Rel. 1.05, gearbeitet wurde. Da die Honeywell-Anlage aber ihre Kapazitätsgrenze erreicht hatte, stand der Erwerb einer neuen Zentraleinheit an; und da lag es nahe, der Zwei-Hersteller-Situation mittels einer weiteren AS/400 ein Ende zu setzen.

FIBU-Umstellung verlief kompliziert

Allerdings waren sich die Verantwortlichen darüber im klaren, daß der Wechsel zwischen den beiden Rechnerwelten leichter gesagt als getan sein würde. Aus internen Berechnungen bei DOM ging hervor, daß die Konvertierung sich wegen der Komplexität der Umstellung zum einen und der dünnen Personaldecke zum anderen auf zwei bis drei Jahre hinziehen könnte.

Auf der DPS4 hatte DOM teils Eigenentwicklungen (Auftragsabrechnung, Produktionsplanung), teils Standardsoftware (Personal, Finanzbuchhaltung) laufen. Die Personalanwendung konnte ohne Probleme gegen die beim Torfstreuverband benutzte Standardapplikation ausgewechselt werden. Erheblich komplizierter gestaltete sich die Umstellung der Finanzbuchhaltung. Eine Migration auf die neue Hardware erschien als zu kostenintensiv, so daß man sich hier für einen Wechsel auf das Standardpaket des Torfstreuverbands entschied - verantwortlich vorgenommen von dem für den Torfstreuverband zuständigen IBM-Vertriebspartner.

Die beiden Individualanwendungen Auftragsentwicklung und Produktionsplanung dagegen erwiesen sich als so spezifisch, daß ein Ersatz durch ein Standardpaket von vornherein ausschied. Wegen der speziellen Kundenstruktur bei DOM - die Umsätze werden fast ausschließlich mit Großabnehmern getätigt - ist diese Software reich an Parametern und stark auf kundenindividuelle Abrechnungsmodalitäten zugeschnitten.

In Anbetracht der komplexen Gesamtlage entschloß man sich, die Hilfe eines Partners in Anspruch zu nehmen, und schaltete die Cap Gemini SCS Deutschland GmbH ein, die für Aufgaben dieser Art zusammen mit der IBM in München eine "Conversion-Fabrik" betreibt. Diese Fabrik hat sich darauf spezialisiert, neben DPS4- auch Unisys-OS3-, NCR-IMOS/IRX/ITX- und Siemens-BS2000- Software auf die AS/400 fabrikmäßig umzustellen - "fabrikmäßig" deshalb, weil die Umstellung nicht beim Kunden vollzogen wird.

Umstellung zu Fixpreisen je Programm

Um den Aufwand für den Kunden kalkulierbar zu gestalten, führt die Conversion-Fabrik die Umstellungen zu Fixpreisen je Programm durch. Zu den Aufgaben dieser Fabrik gehört unter anderem die Umstellung von Cobol- und RPG II-Programmen auf Cobol/400. Aber auch sämtliche anderen Bereiche innerhalb eines Konvertierungsprojektes von der Umstellung einer Job Control bis hin zur Schulung von Benutzern gehören zum Leistungsprogramm von Cap Gemini SCS und werden zum Festpreis oder nach Aufwand abgerechnet.

Die von Cap Gemini SCS entwickelte Methodik sieht vor, daß alle umzustellenden Programme, Masken, Steueranweisungen etc. des Kunden auf einer Anlage von Cap Gemini SCS analysiert und dabei der Umfang ihrer Umstellbarkeit, die zu erwartenden Komplexitäten und der Zeitaufwand ermittelt werden. So erhält der Kunde eine exakte Entscheidungsbasis.

Im Falle von DOM stieß die Analyse jedoch auf eine Schwierigkeit: Üblicherweise nutzen die Spezialisten von Cap Gemini SCS Disketten oder Magnetbänder als Datenträger für die zu prüfenden Objekte. Wegen des umfangreichen Mengengerüsts von DOM erwiesen Disketten sich jedoch als unpraktisch; und ein Magnetbandlaufwerk war nicht vorhanden. Dann aber konnte eine DPS4 ausfindig gemacht werden, die über ein Magnetbandlaufwerk verfügte.

Um besonders sicher zu gehen, ordnete DOM noch vor Erteilung des Auftrags an Cap Gemini SCS an, daß nach Abschluß der Planungsphase zunächst Testumstellungen von Online- und Batch-Programmen durch die Conversion-Fabrik vorzunehmen seien. Vorweg sei verraten: Die dabei erreichten ausgezeichneten Ergebnisse - und sicherlich auch ein gewisser Termindruck - waren dann der Auslöser dafür, daß Cap Gemini SCS von DOM mit der Realisierung des Projekts beauftragt wurde. Zuvor jedoch galt es sorgfältig zu analysieren und zu planen.

Exakte Analyse - detaillierte Planung

Die Umstellungsanalyse ergab, daß an Einheiten umzustellen waren: 228 Cobol-Programme (davon 46 mit Online-Verarbeitung), 196 Cobol-Copys, 116 Bildschirmmasken, 108 Steueranweisungen und 18 Stammdateien. Zudem war von vornherein deutlich, daß für die Integration der Programme sowie der manuell umzustellenden Einheiten zusätzlicher Testaufwand beim Anwender, also bei DOM, erforderlich sein würde. Letzte Feinheiten hinsichtlich der Integration der Programme untereinander und der Job Control waren hierbei zu überprüfen.

Die Cobol-Programme und -Copys würden routinemäßig durch die Conversion-Fabrik umzustellen sein; das heißt DOM erhielte kompilierte und ablauffähige AS/400-Programme zurück. Die Analyse ermittelte bei den Cobol-Programmen und -Copys syntaktische Sprachunterschiede, die durch den Sprachtranslator der Conversion-Fabrik ausgeglichen werden müßten. Die Konvertierung der Bildschirmmasken würde mit dem Umsetzer von Cap Gemini SCS erfolgen, der die Masken-Sourcen der DPS4 vollständig in die DDS-Beschreibungen der AS/400 umwandelt. Die Umstellung der Dateien würde mit Cap Geminis AS/400-File-Translator automatisch durchgeführt werden.

Weiter ergab die Analyse: Für Online-Programme verwendet die DPS4 einen IPS-Transaktionsmonitor. Die AS/400 verwaltet hingegen Bildschirme wie Dateien, auf die also mit READ- und WRITE-Statements zugegriffen wird. Um auch diesen grundsätzlichen Unterschied ohne Performance-Verluste konvertieren zu können, entwickelte Cap Gemini SCS später ein spezielles Modul zur Simulation des Monitors der DPS4. Die wegen des IPS fehlenden Cobol-Sprachelemente soviel war deutlich - könnten durch den Sprachtranslator eingefügt werden; zum Beispiel:

ENVIRONMENT DIVISION. Nicht- konforme Statements wie INPUT-MESSAGE wären zu entfernen oder zu versetzen.

Weniger glatt, erkannten die Analysten, würde die Konvertierung der Job Control verlaufen, obwohl die JCL der AS/400 in der Lage ist, alle Funktionen der DPS4 nachzubilden. Die CL-Programme würden daher auf der AS/400 manuell neu zu programmieren sein. Auch der in diesem Zusammenhang anfallende Aufwand an manueller Umsetzung wurde in der Analyse bereits berücksichtigt. Der Aufwand für die Umsetzung der Dateien wurde unter der Verwendung eines von Cap Gemini SCS entwickelten Dateiumsetzers dargestellt.

DOMs intensive Verwendung von Relativ-Dateien und gepackten numerischen Feldern ohne Vorzeichen, so erkannten die Cap Gemini-Experten, würde für die Konvertierungsarbeiten eine besondere Komplexität mit sich bringen. Denn diese Dateien erforderten eine manuelle Nachbearbeitung der Cobol-Programme hinsichtlich der Relative-Key-Klausel. Die Verwendung der "unsigned packed fields" in den meisten Dateien bedeutete, daß der Dateitranslator von Cap Gemini SCS verwendet werden mußte, um diese Felder, die die AS/400 so nicht kennt, mit einem Vorzeichen zu versorgen.

Komplexität im Griff - die Kosten im Rahmen

Die Planungs- und Analysephase endete, wie erwähnt, mit der erfolgreichen Durchführung von Test-Konvertierungen sowohl von Batch- als auch von Online-Programmen und mit der offiziellen Auftragserteilung. Sodann erfolgten in der Conversion-Fabrik die maschinellen Umstellungsarbeiten. Die eigentliche Realisierung der Umstellung beim Kunden wurde danach schrittweise als professionelles Projekt abgewickelt.

Als erstes wurde auf DOMs AS/400 eine Testumgebung aufgebaut und ein detaillierter Test- und Projektplan samt Implementierung einer Qualitätssicherungsstrategie erstellt. Es folgte die Umstellung der JCL und der Dateien. Danach wurden die Cobol-Batch-, Cobol-Online- und CL-Programme einem intensiven Systemintegrationstest unterzogen. Aufgrund der Testergebnisse wurden einige manuelle Anpassungen in den Programmen erforderlich.

Nach dem Aufbau der Produktionsumgebung wurde das gesamte System aus Sicherheitsgründen parallel zur DPS4 getestet. Alle Programmläufe und -eingaben wurden auf beiden Rechnersystemen identisch gestartet. Notwendig wurde dieser Paralleltest wegen einer erforderlich gewordenen Umsetzung der Festplattenlaufwerke auf Magnetband. Nur so konnte man absolut identische Ergebnisse auf beiden Anlagen sicherstellen.

Einige der abschließenden Aufgaben übernahm DOM, so etwa die Sicherung der Datenbestände der DPS4 und der Abbau des Quellsystems. Nach Abschluß des Projekts, das rund drei Monate und durchschnittlich 2,5 Arbeitskräfte in Anspruch genommen hatte, war offenkundig, daß DOM die bereits getätigten Investitionen in Auftragsabrechnung und Produktionsplanung tatsächlich in die neue Rechnerwelt mit hinübernehmen konnte - ein echter Wettbewerbsfaktor, vor allem in Hinblick auf die individuelle Kundenbetreuung bei der Auftragsabrechnung.

DOM-Geschäftsführer Heinz Weber kommt zu einem positiven Fazit: "Unsere Sachbearbeiter können in ihrer gewohnten Arbeitsumgebung weitermachen und benötigen keine teuren und zeitaufwendigen Umschulungen. Auch die Hardwarekosten hielten sich im Rahmen; denn doppelgleisiges Arbeiten mit zwei Systemen war nur während eines extrem kurzen Zeitraums erforderlich. Weitere Pluspunkte sind der reduzierte Platzbedarf der AS/400 und die Einsparung einer Klimaanlage, wie sie zuvor für die DPS4 nötig war. Und von Anfang an lagen transparente Zahlen über Arbeitsaufwand und zu erwartende Kosten vor."