BMW peilt erfolgreich über den Daumen

16.10.2002
Von Martin Ottomeier

Schnelle Reaktion bei Lieferengpässen

Um die richtige Software zu finden, ließ Brinkmann sechs Anbieter gegeneinander antreten. An einer realen Tagesproduktion sollten die Tools zeigen, was sie können. Um Vergleichbarkeit herzustellen, errechnete Brinkmann mit entsprechendem Zeitaufwand eine optimale Konfiguration auf der Basis einer mathematischen Funktion. Damit konnte er feststellen, wie nahe die in den Benchmark einbezogenen Werkzeuge an das Optimum herankamen.

Eine hohe Rechengeschwindigkeit benötigt Brinkmann vor allem für die laufende Fertigung. Das Programm kommt nämlich nicht nur für die Vorabplanung zum Einsatz, sondern in der laufenden Produktion. Zum Beispiel muss die Reihenfolgeplanung angepasst werden, wenn es einen Engpass bei der Teilezulieferung gibt oder außergewöhnliche Umstände eintreten. „Ein regelmäßig auftretendes Ereignis ist zum Beispiel neben den produktionsbegleitenden Qualitätssicherungsmaßnahmen die Aussortierung einer Karosserie durch unsere Qualitätssicherung für umfassende Prüfungen“, zeigt KOVP-Projektleiter Köppl auf. Zufällig wird eine Rohkarosserie ausgewählt, dem Produktionsprozess entnommen und intensiv auf Fehler hin untersucht. „Früher musste der Kunde dann länger auf sein Auto warten“, erinnert sich Köppl. Heute schlägt die Software dem Produktionsplaner in Sekunden eine andere Karosserie vor und

berechnet die neue Produktionsreihenfolge, mit der sämtliche eingeplanten Fahrzeuge auch gebaut werden können. „Der zugesagte Auslieferungstermin wird von uns möglichst immer eingehalten“, versichert Köppl.

Mit der Termintreue erfüllt die BMW Group bereits eine wichtige Anforderung der selbst gesteckten Ziele im Rahmen des KOVP-Prozesses. An einem weiteren arbeitet das Unternehmen noch: Die Reduzierung der Prozesszeit für Produktion und Distribution innerhalb Deutschlands auf zehn Tage. Dass der Automobilhersteller zurzeit bei zwölf Tagen liegt, hat seine Ursachen nicht in der DV, sondern in anderen Faktoren, zum Beispiel in der notwendigen Einbeziehung von Zulieferern und Spediteuren. „Die etablierten Lieferantenbeziehungen bei den derzeit laufenden Produkten können wir nicht von heute auf morgen ändern“, begründet Köppl seine Gelassenheit. Die DV sei jedenfalls vorbereitet.

Die Optimierungssoftware wird mittlerweile in fast allen Produktionswerken der BMW Group eingesetzt. Rund ein Jahr hat es gedauert, bis das Programm nach der Auswahlentscheidung im Mai 2000 produktiv gegangen ist. Zurzeit läuft der internationale Rollout sowie die Einführung in den Technologien Rohbau- und Oberfläche. Die Software soll in naher Zukunft in allen Werken der BMW Group zum Einsatz kommen - außer beim Tochterunternehmen Rolls-Royce Motorcars. Bei der Nobelmarke ist die tägliche Fertigungsanzahl überschaubar.