14 Hosts fuer Data-Warehouse- und OLTP-Konzepte untersucht (Teil 8)

Bloor Research Group nimmt SMP/MPP-Server unter die Lupe

08.03.1996

Die Gruender der 1985 etablierten britischen Meiko Ltd. mit Hauptsitz in Concord, Massachusetts, stammten von Transputeranbieter Inmos. Aus diesem Grund setzten sie in ihren ersten Parallelrechnern auch diesen Prozessor ein, den sie allerdings, als er leistungsmaessig hinter anderen CPUs herzuhinken begann, zunaechst gegen Intels RISC-Chip "860" und dann gegen die Sparc-CPUs von Sun Microsystems austauschten. Dieser Wechsel bedingte auch den Schritt vom proprietaeren zunaechst auf das Sun- OS- und dann das Solaris-Betriebssystem.

Kommunikationsstruktur ist vom Feinsten

1992 stellte Meiko erstmals das System "CS2" vor, seinerzeit bereits mit Sparc-Prozessoren ausgestattet und mit einer Kommunikationsstruktur, die damals als das Feinste vom Feinsten galt. Die Verbindungsarchitektur hat sich seit 1992 bis heute im wesentlichen nicht geaendert - trotzdem gibt es am Markt der Parallelcomputer, schreiben die Bloor-Autoren, abgesehen vielleicht von Convex' "CTI"-Implementation, nichts Gelungeneres.

Dass Meiko bislang trotz eines ueberzeugenden Produktes noch keinen ueberwaeltigenden Durchbruch erzielen konnte, liegt - so die Bloor- Analysten - vor allem an der Positionierung des CS2- beziehungsweise "CS2-HA"-Rechners: Meiko sieht ihn als Mainframe- Alternative fuer die unternehmensweite DV. An dieser Strategie ist vor allem eines problematisch: Das lediglich 120 Mitarbeiter zaehlende Unternehmen konkurriert direkt mit der IBM, die mit ihren "SP2"-Maschinen genau den gleichen Markt anvisiert.

Nur ein kleiner Fisch im Haifischbecken

Hier muss einschraenkend zum Bloor-Report allerdings gesagt werden, dass Untersuchungen wie die Top-500-Liste der Supercomputer von Hans Werner Meuer und Jack Dongarra deutlich zeigen, dass IBMs SP2- Parallelmaschine noch ueberwiegend im technisch-wissenschaftlichen Bereich eingesetzt wird und nicht als Allzweckmaschine gelten kann.

Meiko biete eine sehr gute Technologie, schreibt die Bloor Group, sei aber im Becken der Haifische nur ein sehr kleiner Fisch. Aus diesem Grund sei das Unternehmen ein geeigneter Uebernahmekandidat. Dies muesse fuer Kunden gar nicht einmal negativ sein.

Bei dem CS2-System handelt es sich um einen massiv-parallelen (MPP) Rechner, dessen Rechnerknoten aus ein bis zwei Prozessoren bestehen, die sich ueber den standardisierten M-Bus einen Arbeitsspeicher teilen. Eine Einstiegsversion besitzt vier Knoten. Maximal lassen sich bis zu 1024 Knoten, also 2048 Prozessoren, verknuepfen.

Die Verbindung der Rechnerknoten bewerkstelligt Meiko ueber zwei Komponenten: Zum einen mit den auf Netzkommunikationsaufgaben zugeschnittenen Schnittstellen-Prozessoren "Elan". Diese erledigen die auf den Kommunikationsbahnen anfallenden Arbeiten wie Protokollabgleiche etc. Der Elan-Prozessor teilt sich Arbeitsspeicher mit den Knoten-CPUs.

Als zweite Komponente im Kommunikationskonzept der CS2-MPP- Maschine kommen Crossbar-Switches zum Tragen, die Meiko "Elite" nennt. Pro Acht-Knoten-System verwendet Meiko dabei einen Elite- Switch. Steigt die Anzahl der Prozessoren, verbindet Meiko die Elite-Switches miteinander. Es entsteht so ein mehrstufiges Netz, in dem sozusagen jede Komponente mit jeder anderen verbunden werden kann. Die Elite/Elan-Kombination entspringt uebrigens einem Esprit-Projekt, das Anfang der 90er Jahre aufgelegt wurde.

Meiko nutzt auf den CS2-Maschinen Solaris. Alle Applikationen, die ABI-konform zum Sun-Betriebssystem sind, sollten also auf den Rechnerknoten des Meiko-MPP-Rechners lauffaehig sein. Um die Kommunikation via die Elan-Prozessoren zu optimieren, hat Meiko zudem am Betriebssystem-Kernel von Solaris einige Veraenderungen vorgenommen.

Auf die Anforderungen des Oracle-Datenbanksystems zugeschnitten sind darueber hinaus das zusaetzlich implementierte Parallel-Datei- System sowie ein Distributed Lock-Manager.

Pro Rechnerknoten stehen zwischen 32 und 512 MB Speicherkapazitaet zur Verfuegung. Das ist nach heute ueblichen Standards nicht besonders viel. Bloor schreibt aber, dass pro Knoten bis zu 35 Festplatten mit Raum fuer 1 bis 4 GB angeschlossen werden koennen. Bei einem Parallelsystem mit acht oder mehr Rechnerknoten lassen sich somit Speichersilos mit einer Gesamtkapazitaet jenseits der Terabyte-Grenze konfigurieren.

Die Bandbreite von Meikos Punkt-zu-Punkt-Verbindung betraegt 140 MB/s. Mit dieser Geschwindigkeit koennen alle Knoten gleichzeitig Daten an andere Knoten absenden.

Overhead ist nicht gleich Overhead

Es ist aber, wie schon an frueherer Stelle gesagt wurde, nicht einmal so sehr die Bandbreite, die die Skalierbarkeit eines MPP- Systems beeinflusst. Vielmehr spielt der Software-Overhead eine grosse Rolle, der bei der Verwaltung der Datenstroeme auftritt.

Dabei muss man den Overhead, der beispielsweise in LANs anfaellt, unterscheiden von demjenigen, mit dem man in MPP-Systemen konfrontiert ist. Bei letzteren laeuft in der Regel eine einzige Applikation auf dem gesamten System. Hierbei entstehen, insbesondere bei einer Anwendung wie Oracles Datenbank, besondere Probleme, schreiben die Bloor-Autoren. Der Betrieb der Oracle- Datenbank mit seinem Distributed Lock-Manager, den Cache-Kohaerenz- Protokollen und den softwaremaessig geregelten Lastausgleichsverfahren produziert allein schon eine grosse Menge an Datenverkehr, der durch das ganze System geschickt wird und dieses belastet.

Meikos MPP-System kann Mainframes ersetzen

Diesbezueglich konstatieren die Bloor-Analysten fuer die CS2- Maschinen von Meiko zwar einen rekordverdaechtigen Overhead in bezug auf die interne Kommunikation. Mit dem dedizierten Elan- Prozessor habe Meiko jedoch dieses Problem entschaerft, da dieser den groessten Teil der reinen Kommunikationsverwaltungsaufgaben uebernimmt.

Meikos aktuelle CS2-Maschine ist das Modell CS2-HA (HA = High Availibility). Um diesem - nomen est omen - Anspruch zu genuegen, bietet das Unternehmen einige Hochverfuegbarkeitsfunktionen. Fuer jeden Datentransfer gibt es beispielsweise einen Redundanztest. Um Havarien in der Verbindungsstruktur zu begegnen, besitzen die CS2- HA-Maschinen zudem einen separaten Kommunikationsstrang.

Das britische Unternehmen stellt in den Systemen hardwareseitig ferner Raid-Optionen zur Verfuegung. Allerdings, schraenken die Bloor-Autoren ein, sei dies nicht die bestmoegliche Option, um hochverfuegbare und schnelle Plattensysteme zu garantieren. Der Flaschenhals sei hierbei der Hardware-Controller der Raid- Massenspeicher. Ueber das Betriebssystem unterstuetzen die Meiko- Rechner zudem die Spiegelung von Daten.

An System-Management-Tools stehen neben solchen von Drittanbietern auch die von Meiko entwickelten zur Verfuegung. Letztere besitzen eine grafische Benutzerfuehrung. Mit ihnen lassen sich die Kommunikationsverbindungen, die Systemleistung und die Lastausgleichsparameter kontrollieren. Mit den Management- Softwarewerkzeugen kann man das Gesamtsystem auch in logische Prozessorgruppen aufteilen, denen dann unterschiedliche Applikationen zugewiesen werden.

Die Bloor Group wertet die CS2-Rechner als MPP-Allzwecksysteme. Sie seien geeignet, Mainframes in Host-Terminal-Topologien zu ersetzen. Die Meiko-Maschinen liessen sich aber auch als Hochleistungs-Server in Client-Server-Umgebungen einsetzen. Wegen der Option, Prozessorgruppen bestimmten Anwendungen zuordnen zu koennen, liessen sich die CS2-Maschinen auch als Plattform fuer die unternehmensweite Konsolidierung beziehungsweise Zusammenfuehrung von DV-Aufgabenstellungen nutzen.

Oracle-Portierung fuer Meiko ist sehr ausgereift

Vom technischen Standpunkt her, schreibt die Bloor Group, gebe es eigentlich kein Argument, das Meiko daran hindern koennte, seine MPP-Server als Host-Ersatz an grosse Unternehmen zu verkaufen. Allerdings sollten sich potentielle Kunden nicht nur das Rechnersystem allein ansehen, sondern auch nach der Unterstuetzung fragen, die Meiko oder Meiko-Partner in bezug auf Software-Tools sowie allgemeine Systemintegrations-Dienstleistungen zu bieten haben.

Die CS2-Maschinen besaessen im genuegenden Masse Hochverfuegbarkeits- Optionen, um sie sowohl fuer zeitkritische OLTP-Aufgaben als auch fuer Entscheidungsfindungseinsaetze sowie fuer Data-Warehouse- Applikationen geeignet erscheinen zu lassen, schreiben die Bloor- Analysten.

Meiko unterstuetzt auf seinen Maschinen Oracles Datenbank in der Version 7.1.3 und die Parallel-Server- sowie die Parallel-Query- Option. Meikos Oracle-Portierung auf die CS2-Systeme sei, so die Bloor-Analysten, die von allen kommerziellen Datenbankprodukten fuer saemtliche momentan verfuegbaren massiv-parallelen Systeme ausgereifteste. Ausnahme sei hoechstens die Portierung der Oracle- DBMS auf die allerdings schon etwas veraltete Ncube-2-Maschine. Es gibt Plaene, auch andere Datenbanken auf die Meiko-Rechner zu portieren.

An Transaktionsmonitoren kann Meiko "Tuxedo" und "Encina" aufbieten. "Topend" laeuft zwar auch auf den CS2-Rechnern, dieser TP-Monitor hat allerdings noch nicht die letzten Pruefungen bestanden. Es muss noch sichergestellt werden, dass Topend auch im Zusammenspiel mit den von Meiko entwickelten MPP-Erweiterungen fuer das Solaris-Betriebssystem funktioniert. Das gleiche gilt fuer das Data-Warehouse-Management-Tool "Prism". (wird fortgesetzt)

*Der Report "Parallel Database Technology - An Evaluation and Comparison of Scalable Systems" von der Bloor Research Group wird in Deutschland von der Genias GmbH, Neutraubling, fuer 1950 Mark vertrieben.