Bis zu 70 Prozent an Investoren aus USA und Grossbritannien? Durch Neuaktien koennte Olivetti unter Fremdkontrolle geraten

22.12.1995

MUENCHEN/IVREA (CW) - Chairman Carlo de Benedetti fuerchtet um seinen Einfluss auf Olivetti. Da sich an einer vergangene Woche abgeschlossenen Kapitalerhoehung hauptsaechlich auslaendische Investoren beteiligt haetten, koennten diese nun auch das Heft beim italienischen Technologiekonzern in die Hand nehmen.

Durch Aktienemission hatte Olivetti vergangene Woche eine Kapitalerhoehung von 2,257 Billionen Lire oder knapp zwei Milliarden Mark durchgefuehrt. Die ueber die Ausgabe von Stammaktien zum Nennwert von 1000 Lire realisierte Kapitalisierung koennte dazu fuehren, dass Olivetti zu bis zu 70 Prozent in die Haende von auslaendischen Investoren vor allem aus den USA und Grossbritannien faellt. Italienische Banken haetten keine der neu ausgegebenen Aktien erworben. Sie haetten sich vielmehr geweigert, klagte De Benedetti, Kapitalerhoehungen fuer die Holdings CIR und Cofide zuzustimmen, ueber die er bisher Olivetti kontrollierte. Durch die auslaendische Teilhaberschaft verwaessert der ehedem 21 Prozent grosse Anteil von De Benedetti an CIR und Cofide auf 16 Prozent.

Um die Bezugsrechtsausgabe vorzubereiten und durchzufuehren, bediente sich der italienische Tycoon vor allem der Mailaender Mediobanca sowie der New Yorker Investmentbanker Lehman Brothers. Beide hatten potentiellen Investoren die neu emittierten Aktien mit dem Argument schmackhaft zu machen versucht, sie wuerden alle jene Aktien selbst aufkaufen, die der Markt nicht aufsauge. Der italienische Konzern steht nicht nur wegen seiner bis dato unerfuellten Sanierungsversprechen in der Kritik. Problematisch ist vor allem die finanzielle Situation der PC-Division. Diese zeichnete vergangenes Jahr fuer fast ein Viertel (22,7 Prozent) des Unternehmensumsatzes verantwortlich. Analysten erwarten nach Aussagen des "Wall Street Journal", dass der PC-Geschaeftsbereich dieses Jahr Verluste in Hoehe von rund 140 Milliarden Lire hinnehmen muss.

Im weltweiten PC-Geschaeftspielt Olivetti keine Rolle

Global spielt der italienische Konzern im PC-Geschaeft keine grosse Rolle. Juengste Zahlen von IDC ueber die weltweiten Stueckzahlen ausgelieferter PCs im dritten Quartal 1995 belegen, dass Olivetti nicht nur gegen Branchenschwergewichte wie Compaq, IBM, Packard Bell und Apple keine Chance hat. Auch NEC, Acer und Fujitsu/ICL laufen der De-Benedetti-Company glatt den Rang ab.

Auch in Europa verliert das Unternehmen aus Ivrea bei Turin staendig an Boden: Verzeichnete Dataquest 1992 fuer Olivetti auf dem alten Kontinent noch einen Anteil von 8,1 Prozent des PC-Marktes, reduzierte sich dieser Wert im letzten Vierteljahr auf 3,4 Prozent.

Geruechten, Olivetti werde sein PC-Geschaeft ueber kurz oder lang aufgeben, treten die Italiener vehement entgegen. Man sei sehr optimistisch, die PC-Division in ruhige Wasser lotsen zu koennen. Rolf Kakrow, Sprecher der deutschen Olivetti GmbH, dazu: "Wir geben die PCs auf keinen Fall auf." Das Engagement fuer die Mikros zeige sich auch an der Produktoffensive bei drei Rechnerlinien. Fuer den Home-Bereich stellte der angeschlagene Konzern die "Envision"-Serie vor.

Im Server-Sektor, der zur PC-Division gehoert, erweiterte Olivetti gerade erst seine Intel-basierte "SNX"-Familie um Multiprozessor- Maschinen, die mit der Pentium-Pro-CPU rechnen.

Und auch bei den Notebooks zeigte das Unternehmen Flagge und praesentierte Modelle, die - ausgestattet mit Pentium-90-Chips - den Stand der Technik darstellen. Allerdings weist Olivetti gerade auch bei tragbaren Computern eine duestere Bilanz auf: Laut IDC fiel das Unternehmen im Segment der Notebooks in Europa vom sechsten auf den dreizehnten Platz zurueck. Olivetti wird 1996 im PC-Bereich weltweit rund 3000 Arbeitsplaetze streichen. Betroffen hiervon sind insbesondere die Produktions- und Entwicklungsbereiche der PC-Division.