Bis Ende 1995 sollen weitere 10 000 Arbeitsplaetze gestrichen werden Henkel will Reorganisation der IBM Europe schnell durchziehen

24.12.1993

PARIS (CW) - Neue Besen kehren gut. Hans-Olaf Henkel kuendigte waehrend seines ersten oeffentlichen Auftritts als neuer Chef der IBM Europe an, innerhalb der kommenden zwei Jahre mindestens weitere 10000 Arbeitsplaetze zu streichen. Ausserdem will die IBM Corp. nach der Befoerderung von James Cannavino offenbar die Personal Systems Division umstrukturieren.

Henkel, der das Amt des Chairman IBM Europe am 1. Januar 1994 von Renato Riverso uebernimmt, sagte auf einer Pressekonferenz in Paris: "Wir wollen die Restrukturierungen so schnell wie moeglich hinter uns bringen ... und uns dann anderen Dingen zuwenden." Zum konkreten Umfang des Personalabbaus aeusserte sich der Manager nicht. Lediglich fuer Deutschland bestaetigte er die bereits Mitte November angekuendigte Kuerzung um 6000 Stellen bis 1995.

Damit wuerde die hiesige Tochter des einstigen DV-Kroesus in zwei Jahren noch 16000 Mitarbeiter beschaeftigen.

Da IBM Europe einen grossen Anteil an den Restrukturierungskosten tragen muss, duerfte sie auch das kommende Jahr mit einem Minus beenden, obwohl man im operativen Geschaeft schwarze Zahlen schreibe. Henkel machte gegenueber dem "Wall Street Journal" keine detaillierten Voraussagen und weigerte sich, etwas ueber die Umsatzerwartungen fuer das naechste Jahr zu sagen.

Auch Renato Riverso, der nach 37 Jahren Unternehmenszugehoerigkeit in den Ruhestand geht, hielt sich mit Prognosen fuer 1994 zurueck. Fuer 1993 erklaerte der Fast-Ruhestaendler, dass die Umsaetze im Mainframe-Geschaeft durch den starken Preisdruck der PCMer zwar weiter zurueckgegangen seien, Big Blue aber seine Marktanteile habe halten koennen.

"Bei Mainframes sind wir ausverkauft, wir koennen nicht genug produzieren", wird Henkel im "Wall Street Journal" zitiert. Allerdings weist diese Verknappung dem englischen Branchendienst "Computergram" zufolge eher auf die zu niedrigen Erwartungen der Armonker hin als auf einen ploetzlichen Nachfrageschub, den der Chef der IBM Europe vermutet.

Neben dem geplanten Abbau von Arbeitsplaetzen erlaeuterte Henkel dem "Wall Street Journal" zufolge auch, auf welche Sektoren sich das Unternehmen kuenftig konzentrieren wolle. Das sind Software und Services, sogenannte Industrie-Netzwerke, Computersystem-Beratung und Direkt-Marketing.

Ausser den genannten Aktivitaeten planen die Armonker offenbar die Reorganisation der Personal Systems Division. Einem internen Mitarbeiter-Memorandum zufolge soll IBMs Advanced Workstations Division nicht nur in RS/6000-Division umbenannt werden, sondern genauso wie die Personal Software Products (PSP) Unit der Large Systems kuenftig an John Thompson berichten, der fuer das Mainframe- und Midrange-Geschaeft der Armonker verantwortlich ist. Die IBM PC Co. und die Power Personal Systems Group sollen dagegen dem Nachfolger von James Cannavino rechenschaftspflichtig sein, der kuerzlich zum Senior Technology Officer befoerdert worden ist.

Keine zusaetzliche Investition in Bull

In einem gemeinsamen Statement von Big Blue und Bull wurde mitgeteilt, dass IBM anders als die franzoesische Regierung, die France Telecom und NEC keine zusaetzlichen Mittel fuer den angeschlagenen Computerhersteller bereitstellt. Damit duerfte sich der Aktienanteil der Armonker, der bisher bei 5,5 Prozent liegt, verringern.