Ein Elefant lernt mit massivparallelen Systemen tanzen

Big Blue will mit AIX und RISC im Supercomputing Ernst machen

11.12.1992

MINNEAPOLIS (CW) - Nachdem die IBM bislang nicht zu den herausragenden Mitspielern am Supercomputing-Markt gehörte, scheinen die blauen Entwickler nunmehr die Ärmel hochgekrempelt zu haben: Mit AIX und der Power-RISC-Technologie soll neues Terrain gewonnen werden.

Auf der Supercomputing '92 in Minneapolis zeigte Big Blue unter anderem zwei Systeme, die IBMs Anspruch auf einen der vorderen Plätzen im Supercomputer-Geschäft unterstreichen sollen. Außerdem stellten die Armonker Workstation-Cluster-Produkte, Massenspeicher-Systeme sowie Hochgeschwindigkeits-Netzoptionen auf Basis des Fibre Channel Standards (FBS) vor.

Alle diese High-Performance-Computing-Produkte (HPC), so IBM-Offizielle, seien vor allem für den Regierungsbereich konzipiert, einem bislang eher wenig erfolgreich beackerten Feld in Sachen IBM-Supercomputer-Aktivitäten. Beihilfe zur Erschließung dieses Marktes soll auch IBMs Federal Systems Corp. leisten. Sie wird in Houston, Texas, ein Kompetenzcenter einrichten, wo Behördenkunden sich technische Unterstützung einholen sowie Tests abwickeln können. Eröffnung sei im kommenden Frühjahr.

Massivparalleles System mit 64 Prozessoren

Alle nun präsentierten neuen Produkte rund um IBMs Engagement in Sachen massivparalleles Supercomputing gründen zum einen auf der RISC-Technologie, wie sie schon lange in den RS/6000-Workstations angewandt wird, zum anderen auf Industriestandards wie etwa DCE sowie IBMs Unix-Angebot AIX.

Hierzu gehört ein massiv-paralleles (MPP) System, das 64 RISC-Prozessoren inkorporiert und in Big Blues Abteilung "Highly Parallel Supercomputing Systems Laboratory" (HPSSL) entwickelt wurde. Es soll bis zu acht Milliarden Fließkomma-Berechnungen pro Sekunde anstellen können. Es sei das erste einer Reihe von skalierbaren MPP-Systemen, die von der IBM noch zu erwarten seien.

Hierzu meinte Robert Greenberg, Direktor des HPSSL, man habe sich einen Fünfjahresplan gesetzt, innerhalb dessen man alle 18 Monate mit neuen Produkten aufwarten wolle: "1994, glaube ich, sollten wir so weit sein, ein 500-Prozessor-System auf Basis der RS/6000-Architektur anbieten zu können."

Gemeinsam mit dem Cornell Theory Center entwickelt die IBM Software für diese Parallelsysteme. Cornell ist das erste Institut, daß die vorgestellte MPP-Maschine bekommt.

Außerdem sahen Besucher der Supercomputing '92 das Beistellmodell "Power/4" mit vier RISC-CPUs (vgl. CW Nr. 48 vom 27. November 1992, Seite 32: "IBM-RISC-Maschine ..."). Diesen Rechner mit einem Speicherzwitterkonzept - jeweils ein lokaler Arbeitsspeicher für eine CPU sowie ein gemeinsamer Speicher kommen zum Einsatz - sieht Big Blue sowohl als Server als auch als hochleistungsfähige Workstation.

Ferner bedeutete die IBM Messebesuchern, daß sie hohe Erwartungen in den Fibre-Channel-Standard (FCS) als zukünftigen Datentransportweg setze. Gegenüber Ethernet etwa sei FBS um den Faktor 10 bis 100 leistungsfähiger. Big Blue wird FCS nutzen, um Workstations in LANs miteinander zu verbinden, um Supercomputer zu Clustern zusammenzukoppeln, oder für Punkt-zu-Punkt-Verbindungen.

Zudem präsentierte Big Blue Softwarepakete für das Speicher-Management, eine Administratorsoftware sowie eine netzbasierte Applikation, die Zeitvergabe von Jobs handhabt.