Beratungstochter gehoert nun zu 100 Prozent dem Debis Systemhaus Diebold-Geschaeftsfuehrer kapitulieren vor Debis

21.07.1995

MUENCHEN (hv) - Der Beschluss des Debis Systemhauses, die Eschborner Consulting-Tochter Diebold Deutschland GmbH staerker in den Konzern einzubinden, hat gravierende Folgen: Die Geschaeftsfuehrer Fritz Reinhard Mueller und Wolfgang Dernbach verlassen die Unternehmensberatung. Wie teuer das Ausscheiden der beiden wird, haengt nicht zuletzt davon ab, wie viele Mitarbeiter und Kunden dem Beispiel der langjaehrigen Diebold-Manager folgen.

Nach Debis-Plaenen soll Diebold kuenftig als "neue Beratungseinheit" des Systemhauses agieren und zusammen mit der Muttergesellschaft einen "ganzheitlichen Loesungsansatz" vertreten. Von der Geschaeftsstrategie und -abwicklung bis hin zur Implementierung und dem Betrieb der Informationssysteme wird kuenftig das gemeinsame Dienstleistungsangebot von Debis und Diebold reichen.

Dies, so scheint es, ging den altgedienten Diebold- Geschaeftsfuehrern Mueller und Dernbach entschieden zu weit. "Es gibt unterschiedliche strategische Auffassungen zwischen der Debis- Systemhaus-Geschaeftsfuehrung und mir", raeumt denn auch Dernbach ein, verweist allerdings darauf, dass er bis Anfang naechsten Jahres an ein Stillschweigeabkommen gebunden sei.

Der Top-Consultant gilt als geistiger Vater der Geschaeftsprozess- Optimierung (GPO) - der Diebold'schen Adaption des Business Process Re-Engineering. Waehrend er an seinem Konzept, mit dem das Beratungshaus inzwischen einen Grossteil seines Umsatzes erwirtschaftet, offenbar unveraendert festhalten wollte, strebt Debis eine deutliche Ausweitung an.

Nicht nur die organisatorische, sondern auch die softwaretechnische Implementierung soll kuenftig in gemeinsamen Projekten von Debis und Diebold bis ins letzte Bit hinein durchgefuehrt werden.

Neben dem 56jaehrigen Gerhard Adler, der fuer weitere drei Jahre Geschaeftsfuehrer von Diebold bleiben und sich dann allmaehlich zurueckziehen moechte, tritt nun Marc Ott in die Geschaeftsfuehrung ein. Als Chef der Diebold Schweiz AG hatte sich der Jungmanager durch glaenzende Ergebnisse fuer eine Geschaeftsfuehrerposition bei der deutschen Holding empfohlen. Damit wird aus dem Fuehrungstrio der Diebold GmbH nun ein Duo.

Adler bedauert das Ausscheiden seiner langjaehrigen Weggefaehrten Dernbach und Mueller sowohl aus persoenlichen als auch aus geschaeftlichen Gruenden. Auf die Beratungskompetenz der Kollegen koenne man nur schwer verzichten. Ausserdem seien Dernbach und Mueller die Ansprechpartner einer Vielzahl sehr wichtiger Kunden, die Diebold nun erst einmal halten muesse.

Allerdings zieht der langjaehrige Diebold-Chef das Debis-Konzept, in Generalunternehmerschaft sogenannte Business Transformation Services zu offerieren, nicht in Zweifel. Obwohl Diebold seine Ziele stets erreicht habe, zog das Beratungshaus laut Adler zuletzt gegen Andersen Consulting und IBM mehrfach den kuerzeren, weil man sich nicht als Generalist praesentieren konnte. Nicht nur die Beratungsleistung, auch der Bau und Betrieb von Informationssystemen wuerden immer haeufiger verlangt.

Debis habe Diebold geraume Zeit an der "langen Leine" gelassen; eine engere Zusammenarbeit bis hin zur Formulierung einer gemeinsamen Strategie sei ausgeblieben, solange Debis an anderen Reorganisationsfronten gekaempft habe. Sofern Diebold den von Debis vorgegebenen Forecast einhielt, konnten die Consultants frei agieren - es gab keine Probleme, wenn die Debis- und Diebold- Geschaeftsziele nicht aufeinander abgestimmt waren. Die engere Einbindung der Beratungstochter, die ja schon mit der mehrheitlichen Uebernahme 1991 angepeilt worden sei, fuehre nun zu einer Neudefinition des Geschaefts.

Debis dokumentiert seine ernsten Absichten, aus Diebold einen starken Beratungsarm zu machen, mit der Uebernahme der fehlenden 16 Prozent Geschaeftsanteile an der Diebold Deutschland GmbH und ist nun alleiniger Gesellschafter. Das Beratungshaus bleibt jedoch weiterhin als Holding mit Tochtergesellschaften in Oesterreich, der Schweiz und Ungarn organisiert.

Offenbar bemueht sich Debis darum, die Consulting-Tochter je nach Kundeninteresse als unabhaengig oder als fest integrierten Bestandteil des Weltkonzerns Daimler-Benz zu positionieren. Waehrend einerseits von einer neuen Beratungseinheit innerhalb des Debis-Konzerns die Rede ist, heisst es in einer Pressemitteilung andererseits, Diebold werde "unter Beibehaltung des Firmennamens das eigene Kerngeschaeft weiterfuehren". So wird es auch kuenftig die hauseigenen Publikationen und die Kongresse unter dem Diebold- Label geben. Auf die Frage, ob er sich nicht eines Etikettenschwindels schuldig mache, entgegnete Adler, man fahre im Grunde weiterhin eine "Zweimarkenpolitik": Diebold stehe fuer Management-Beratung, Debis fuer IT-Services.

Eine solche zweigleisige Strategie scheint in der Servicebranche Schule zu machen. IBM und Andersen Consulting verfuegen ebenfalls ueber starke Consulting-Arme, und EDS hat sich mit AT Kearney verstaerkt.