SIS-Chef Christoph Kollatz

Bei SIS kracht und raucht es nicht mehr

23.06.2008
Kollatz: Den Umbau im Rahmen eines weltweiten Turnaround-Projektes - in dem es kracht und raucht - haben wir Anfang letzten Jahres abgeschlossen.
Kollatz: Den Umbau im Rahmen eines weltweiten Turnaround-Projektes - in dem es kracht und raucht - haben wir Anfang letzten Jahres abgeschlossen.
Foto: Redaktion COMPUJTERWOCHE

CW: Bauen Sie Arbeitsplätze in Deutschland ab oder auf?

KOLLATZ: Wir haben derzeit rund 350 offene Stellen in Deutschland. Wir suchen erfahrene Berater und Projektleiter, die bereits internationale Vorhaben geleitet haben, sowie Branchenspezialisten für die Segmente Energie, Gesundheitswesen und Maschinenbau. Junge Leute mit hervorragender Ausbildung führen wir an neue Aufgaben heran. Großen Bedarf gibt es etwa an Experten für Business-Intelligence-Lösungen sowie für das Product-Lifecycle-Management.

Entlassungen waren unvermeidbar

CW: Angesichts der enormen Entlassungswelle, die die gesamte IT-Branche vor wenigen Jahren noch losgetreten hat, empfinden viele Betroffenen die Klagen aus der Branche über den Fachkräftemangel als Hohn. Warum wurden die Mitarbeiter nicht entsprechend umgeschult und fortgebildet?

KOLLATZ: Für uns hat Weiterbildung und Umschulung unserer Mitarbeiter immer erste Priorität. Der Abbau von Arbeitsplätzen ist für die Unternehmen immer die äußerste Lösung. Natürlich ist es auch unter wirtschaftlichem Kalkül sinnlos, Verträge mit Mitarbeitern zu beenden, um sie kurze Zeit später wieder einzustellen. Fortbildung hat bei uns daher einen hohen Stellenwert und ist Bestandteil der Tarifabkommen. In unserer damaligen Turnaround-Phase gab es zwei grundsätzliche Themen: Zum einen hatten wir schlicht viel zu viele Mitarbeiter an Bord. Zum zweiten gab es Bereiche, in denen SIS nicht dauerhaft wettbewerbsfähig aufgestellt war. Deshalb haben wir uns von bestimmten Aufgaben getrennt. Wir haben mit Mitarbeitern gesprochen, um zu erfahren, wer das Potenzial und den Wunsch hatte, sich weiterzuentwickeln. Für andere haben wir eine sozialverträgliche Lösung gefunden.

CW: Ist der Umbau nun abgeschlossen?

KOLLATZ: Den Umbau im Rahmen eines weltweiten Turnaround-Projektes - in dem es kracht und raucht - haben wir Anfang letzten Jahres abgeschlossen. Aber das bedeutet nicht Stillstand. Im Gegenteil. Ein Unternehmen muss sich ständig den Märkten und technologischen Entwicklungen anpassen - und das gilt doppelt in einer schnelllebigen Branche wie unserer. Zudem wirken sich mitunter auch Änderungen der Siemens-Organisation auf uns aus. Wandel ist für einen IT-Dienstleister systemimmanent. Ein einfaches Beispiel: Kunden erwarten im Outsourcing eine laufende Steigerung der Produktivität. Das bedeutet für uns ein kontinuierliches Streben nach Verbesserung.

CW: Derzeit beschäftigt Sie vermutlich der Konzernumbau bei Siemens intensiv. SIS zählt nicht zu den drei strategischen Säulen, sondern ist nur Shared Service Center für Siemens.

KOLLATZ: Siemens ist unser größter Kunde und steuert etwa 30 Prozent zum Umsatz bei. Als eine der größten Positionen betreiben wir die IT-Infrastruktur des Konzerns im Rahmen der Shared-Service-Initiative, und uns ist dieses Thema sehr wichtig. Es ist aber falsch, uns auf Shared Services zu reduzieren. Wir kooperieren zudem in der Breite mit den Siemens-Sektoren bei der Entwicklung neuer Lösungen. Wir haben den Anspruch, unter anderem in den Branchen eine führende Rolle zu spielen, in denen Siemens unterwegs ist. Deswegen ist es wichtig, dass wir integrierter Bestandteil des Konzerns sind und mit den drei Sektoren eng zusammenarbeiten.

SIS lässt HP und IBM ziehen

CW: Mit der Konzentration auf das Siemens-Geschäft verlieren Sie die Konkurrenz wie IBM und HP aus den Augen. Messen Sie sich nicht mehr mit den größten IT-Dienstleistern?

KOLLATZ: Unser Ziel ist nicht ein Platz unter den weltweit größten drei IT-Dienstleistern. Aber wir haben durchaus den Ehrgeiz, in ausgewählten Segmenten eine führende Stellung einzunehmen, und sind überzeugt, dass wir als Anbieter mittlerer Größe dauerhaft Erfolg haben werden.

CW: Also strebt SIS drei Rollen an: Shared Service Center für Siemens, IT-Dienstleister für externe Kunden, IT-Unterstützung in Projekten für Kunden der drei Siemens-Kernbereiche.

KOLLATZ: Richtig, wir bauen unser externes Geschäft weiter aus, betreiben die IT für Siemens und entwickeln integrierte, stark branchenorientierte Lösungen zusammen mit den Siemens-Sektoren. Der Kunde profitiert von dieser Kooperation, denn er erhält bessere Lösungen aus einer Hand, als wenn er sich einzeln einen Technologie- und einen IT-Partner aus unterschiedlichen Unternehmen suchen müsste.