Neuartiges Framework mit Schönheitsfehlern, Updates zu Weblogic und Tuxedo

Bea legt Java-Köder für Entwickler aus

15.03.2002
SAN DIEGO (as) - Ein gemischtes Echo löste die diesjährige Entwicklerkonferenz "Eworld" des Java-Spezialisten Bea Systems aus. So gab es wichtige Neuigkeiten rund um den Java-Applikations-Server "Weblogic". Andererseits wurde mit "Weblogic Workshop" ein Entwicklungs-Framework für Web-Services vorgestellt, das nicht standardkonform ist.

Zum Highlight der diesjährigen Entwicklerkonferenz machte Bea die Präsentation des bisher unter dem Codenamen "Cajun" gehandelten Java-Entwicklungs-Frameworks. Das Bea-Management wurde nicht müde, den rund 2500 Teilnehmern die Einmaligkeit des nun offiziell auf Weblogic Workshop getauften Produkts zu versichern. Es richtet sich nach Aussage Beas an Entwickler, die über keine profunden Kenntnisse der J2EE-Spezifikationen verfügen, aber dennoch Server-basierende Geschäftsanwendungen erstellen wollen, die sich als XML-Web-Services nutzen lassen.

Das Werkzeug ermöglicht grafische orientierte Anwendungsentwicklung und erinnert an Microsofts "Visual Studio". Damit ist auch die Stoßrichtung des Produktes genannt: Bea glaubt mit Workshop vergleichbare Entwicklerscharen für Java gewinnen zu können, wie Microsoft es in der Vergangenheit geschafft hat und es nun mit seiner .NET-Technologie neuerlich versucht. Laut Product Manager Carl Sjogreen ist Workshop die erste komplette Entwicklungsumgebung zum Aufbau von "Enterprise Class Web Services". Diese könnten den vollen Leistungsumfang des hauseigenen Java-Applikations-Servers nutzen (Transaktionen, Connection Pooling, Caching und Sicherheit) und statt bisheriger Remote Procedure Calls auch eine asynchrone Kommunikation ermöglichen.

Controls verbergen Java-APIsWorkshop untergliedert sich in eine Design-Umgebung und ein Runtime-Framework. Ersteres ist die eigentliche visuelle Java-Entwicklungsumgebung. Sie bietet laut Hersteller Features für das Projekt-Management, Syntax-Highlighting, Code-Vervollständigung und für integriertes Debugging. Der entstehende Web-Service lässt sich in allen Einzelheiten betrachten und verändern, indem der Entwickler Java-Anwendungslogik für ihn schreibt, neue Methoden hinzufügt und die Beziehung des Dienstes zu seiner Umwelt spezifiziert. Zusätzlich führt Bea die vor allem aus der Visual-Basic-Welt, aber auch in Java genutzten "Controls" für den Ressourcenzugriff ein. Statt direkt gegen die diversen Java-APIs zu programmieren, kann der Entwickler grafisch dargestellte, lokale Objekte wie EJB-Control, Datenbank-Control, JMS-Queues Control, Timer-Control, Web-Services-Control etc. einbinden. Bea und seine Partner wollen hier künftig eine ganze Palette solcher Controls bereitstellen.

Das Ergebnis der Entwicklungsarbeit ist die von Bea eingeführte Java-Web-Services(-JWS)-File. Diese enthält die Anwendungslogik eines Web-Service plus im Javadoc-Format verfasste "Annotations". Letztere dokumentieren, wie ein Java-Programm als Web-Service erstellt und eingesetzt wird. Aus der JWS-File generiert nun das Runtime-Framework die eigentlichen Komponenten und stellt somit die Infrastruktur für Web-Services, einschließlich Funktionen für das Testen, Debuggen und Deployment der Anwendungen. Eigenschaften des Web-Service lassen sich nachträglich verändern, indem etwa Methoden für asynchrones Messaging ergänzt werden. Ferner übernimmt das Rahmenwerk das Mapping zwischen dem intern verwendeten Java-Code und XML-Messages und bietet Funktionen für das Queuing und die Implementierung von Control-Instanzen.

Doch der Workshop ist derzeit nur als Betaversion erhältlich und kommt erst im Sommer auf den Markt (http://commerce.bea.com/downloads/weblogic_workshop.jsp). Kritiker beklagen Bea zudem, dass die Runtime des Frameworks auf den hauseigenen Applikations-Server Weblogic angewiesen ist und die Annotations der JWS-Files nicht Teil des Java-Standards sind. Bea kündigte in San Diego an, die Spezifikationen dem für die Java-Standardisierung zuständigen Java Community Process unterbreiten zu wollen. Zugleich hofft der Hersteller, Wettbewerber für das Framework-Konzept gewinnen zu können. Doch laut Gartner-Analyst Nick Gall winken diese aus taktischen Gründen bisher ab, und sollte sich die Branche tatsächlich auf ein Framework verständigen, so würden seiner Ansicht nach bis dahin noch mindestens 18 Monate vergehen.

Zudem ist Bea nicht der einzige Anbieter aus dem Java-Lager, der versucht, weniger versierte Entwickler vor den immer komplexeren Spezifikationen stärker abzuschirmen. So hatte bereits Compuware mit seinem Werkzeug "Optimal J" sowie Computer Associates und Versata Produkte vorgestellt, die vor allem über grafische oder Pattern-basierende Verfahren die Arbeit der Programmierer erleichtern sollen. Das Besondere an Workshop ist daher der Anspruch, mit dem Framework ein Massenprodukt für Java-gestützte Web-Services schaffen zu wollen. Eine Konkurrenz zu gängigen Java-Entwicklungsumgebungen wie "Jbuilder" von Borland oder "Webgain Studio" von Webgain und dem Java Development Kit besteht laut Bea nicht. Vielmehr richteten diese sich an professionelle Java-Entwickler und ließen sich auch weiterhin mit dem Weblogic-Server einsetzen.

Mehr Sicherheit mit Weblogic 7Die Vollversion von Workshop soll im Sommer zusammen mit dem neuen Release 7.0 des Java-Applikation-Servers Weblogic erhältlich sein. Letzterer wurde in San Diego erstmals in seiner Betaversion vorgestellt. Er soll sich vor allem durch eine weiter vereinfachte Administrierbarkeit auszeichnen. Zu den wesentlichen Neuerungen zählen neben der jetzt offiziellen Zertifizierung von J2EE 1.3 vor allem Utilities und Sicherheitsmechanismen. So wartet Weblogic jetzt mit Werkzeugen wie dem "Weblogic Builder" oder einem Konfigurations-Wizard auf, die die Entwicklung und das Deployment von J2EE-Anwendungen auf dem Server erleichtern sollen beziehungsweise die wesentlichen Konfigurationsschritte über ein grafisches Interface steuern. Ferner stehen interne Mechanismen und Tools für die Kommunikation zwischen XML-Web-Services und Java-Komponenten bereit.

Als größten Fortschritt sieht Georg Kassabgi, Vice President Engineering bei Bea, das neu entwickelte Sicherheits-Framework für Autorisierung, Authentifizierung und Sicherheitsprüfungen. Ziel ist es, den Entwickler vollständig von diesen Aufgaben zu entlasten sowie eine durchgängige Sicherheitsarchitektur vom Browser über den Server bis hin zum Backend-System aufzusetzen. Es lassen sich über einen Editor Richtlinien festlegen sowie via Plugins Sicherheitsprodukte von Spezialisten wie Entrust, RSA Security oder Verisign einbinden.

Das Sicherheits-Framework ist Ausdruck einer neuen Produktpolitik, die Bea auf der Veranstaltung unter dem Oberbegriff der "Weblogic Platform 7.0" vorstellt. Laut Chief Technology Officer und Java-Experte Scott Dietzen hatte Bea in der letzten Zeit "ein wenig zu viel Vielfalt" im Portfolio zugelassen, womit auch die bisher unzureichende Einbindung der Produktneuzugänge wie "Weblogic Portal" und "Weblogic Integration" mit dem Applikations-Server gemeint sind (siehe CW 51/01, Seite 18). Wie ein roter Faden zog sich durch die Präsentationen auf der Eworld, dass Bea eine Infrastrukturplattform anstrebe, in der auf der Basis des Applikations-Servers alle für E-Business-Architekturen wichtigen Funktionen für die Entwicklung, Integration und Erweiterung entweder aus dem eigenen Portfolio oder vom Partner gestellt werden.

Release-ZyklenLaut Michael Girdley, Director Product Strategy bei Bea, vereinheitlicht Weblogic 7.0 nun auch die Installation, die Updates, die Wartung und Messaging-Infrastruktur. Folgen sollen in zwölfmonatigen Abständen jetzt vereinheitlichte Release-Versionen für alle Produkte der Weblogic-Plattform. So wird es laut Girdley unter anderem eine gemeinsame Entwicklungsumgebung geben, die Workshop verköpern soll, sowie einen gemeinsamen Web-Services/ XML-Stack als Integrationstechnologie des gesamten Portfolios.

Das schließt auch den Transaktions-Server "Tuxedo" ein. Dieser wird laut Bea-Mitarbeiter Deepak Goel mit dem Herbst-Release 8.1 seine Sicherheits-Features mit Weblogic vereinheitlichen sowie neben Globalisierungs-Features vor allem Möglichkeiten bieten, Tuxedo-Dienste als Web-Services (Tuxedo-Controls) anzubieten, ohne deswegen bestehende Tuxedo-Anwendungen ändern zu müssten. Ebenso sollen die Generierung von WSDL-Files (WSDL=Web Services Description Language), der Zugriff über das Simple Object Access Protocol (Soap) sowie ein Workshop-Connector enthalten sein.

Schließlich will Bea die Reichweite seiner Produkte erhöhen. So wird Weblogic 7.0 erstmals auf IBM-Mainframes der S/390 und z-Series erhältlich sein, eine Domäne, die bislang Konkurrent IBM mit seinem Java-Applikations-Server "Websphere" für sich beansprucht. Ferner meldete Bea den Kauf des schwedischen Anbieters Appeal Virtual Machines, der mit "Jrockit" eine für Server-Anwendungen optimierte Java Virtual Machine entwickelt hat. Das Produkt verfügt über eigene I/OMechanismen, Support für Multithreading sowie diverse Möglichkeiten für Speicherfreigaben. Es soll laut Bea auf mehrere Hardwareplattform portiert werden, wobei jedoch Intels 64-Bit-Architektur im Mittelpunkt steht.