Unterschiedliche Einschätzungen von Giga und PAC

ASP-Markt: Auf Talfahrt oder vor dem Gipfelsturm?

24.08.2001
FRANKFURT/MAIN (CW) - Die Marktbeobachter sind sich uneins über die Zukunft des Markts für Application-Service-Providing (ASP). Während die Giga Information Group diesen Servicesektor weltweit auf Talfahrt wähnt, rechnet die deutsche Niederlassung von Pierre Audoin Conseil (PAC) mit enormen Zuwachsraten, allerdings von einer sehr schwachen Basis aus.

Allein in diesem Jahr haben laut Angaben der Giga Information Group 14 ASP-Anbieter die Segel gestrichen, in der zweiten Jahreshälfte 2000 waren es sechs. "Es ist keinesfalls zu erwarten, dass sich der Markt auch nur annähernd den Erwartungen entsprechend entwickelt, vielmehr stellt sich das ASP-Modell heute ohne sichtbare Zukunft dar", lautet das Fazit von David Friedlander, Analyst des Hauses mit Schwerpunkt Server-based Computing. Von den börsennotierten ASPs habe bis dato kein einziges Unternehmen die Gewinnzone erreicht, und es sei unwahrscheinlich, dass einem Anbieter aus dieser Riege noch im Lauf dieses Jahres der Schritt in die Profitabilität gelinge.

Falsch eingeschätzte BedürfnisseDie Ursachen dafür sieht Giga in der Fehleinschätzung der ASPs, mit konfektionierten Applikationen und geringen Anpassungen an die Kundenbedürfnisse beim Betrieb von Geschäftsprozessen tatsächlich zum Zuge zu kommen. Zudem hätten die jungen Startups durch hohe Anlaufkosten in Vorleistung treten müssen. Erschwerend sei hinzugekommen, dass Software- und Infrastrukturanbieter aufgrund der Marktabschwächung den Kunden Zugeständnisse bei der Preisgestaltung gemacht haben.

Giga kommt daher zu dem Schluss, dass im Großkundensegment künftig größere Outsourcing-Firmen dominieren, während im Mittelstandssegment reine ASPs zum Zuge kommen können. Anbietern, die sich auf Branchenlösungen konzentrieren, räumen die Analysten größere Chancen ein. Insgesamt rechnen die Analysten damit, dass der ASP-Markt als Teilbereich des Application-Outsourcing fortgeführt wird.

ASPs stehen vor ProblemenZwar sieht die Giga Information Group das Geschäft mit Mietsoftware auf Talfahrt, eigene Zahlenangaben zum Volumen oder zur Entwicklung fehlen allerdings. Die Marktforscher von PAC scheuen sich dagegen nicht, den ASP-Markt zu beziffern. Dabei ordnen die in München ansässigen Experten sowohl ASP- als auch Web-Hosting-Angebote dem Gesamtmarkt des E-Business-Outsourcing zu, der im Jahr 2000 ein Gesamtvolumen von 1,1 Milliarden Mark aufwies.

ASPs konnten dabei anteilige neun Prozent einstreichen. Marktvolumen wie auch -anteile der Applikationsvermieter werden bis zum Jahr 2005 kräftig steigen: Vom gesamten Einnahmeaufkommen von 10,4 Milliarden Mark werden sich die ASPs dann 17 Prozent sichern können.

Die Erhebung von PAC ergab aber auch, dass nicht unbedingt die reinen ASPs zu den künftigen Gewinnern zählen. Einer Befragung von 200 Anwendern zufolge dürften klassische Outsourcer wie T-Systems, IBM Global Services EDS oder Siemens Business Service das Geschäft mit Mietsoftware dominieren. Eine starke Rolle trauen die Anwender auch Softwareanbietern wie SAP, Oracle, Bäurer, Siebel und Microsoft (beziehungsweise Great Plains) zu. Beide Anbietergruppen können auf Einnahmen in ihrem Kerngeschäft bauen und es sich daher leisten, die nachhaltigen Erfolge im ASP-Markt abzuwarten.

Insofern stützen die Ergebnisse von PAC die Aussagen der Giga Information Group. Reinrassige und junge ASPs dürften es angesichts der Konkurrenz durch "gestandene" Produkt- und Serviceunternehmen schwer haben, sich im Markt zu behaupten. PAC hält ihnen immerhin Unternehmergeist und den Willen zum Überleben zugute, allerdings, so die Analysten, fehlten ihnen die Kundenbasis und der finanzielle Rückhalt. Die Quintessenz aus beiden Einschätzungen dürfte lauten, dass das ASP-Modell nicht auslaufen, sondern in andere Dienstleistungsangebote eingebunden wird.