Apple am Wendepunkt

10.06.2008

Das war schon verdammt frech, wie Apple-Chef Steve Jobs als Branchenneuling den Mobilfunkmarkt anging: Carrier, die seine Gunst gewinnen und das iPhone vermarkten wollten, mussten Apple kräftig am Umsatz beteiligen. Obwohl das erste iPhone von der Ausstattung her alles andere als State of the Art war - kein MMS, kein UMTS, schwache Kamera, kein austauschbarer Akku - stand für den Apple-Frontmann außer Zweifel, dass sich das Gerät dank seines überlegenen Designs, der smarten Bedienung und der starken Marke behaupten würde.

Nun ist die nächste iPhone-Generation da (siehe Seite 6), und die Vorzeichen sind ganz anders. Konkurrenten wie Samsung, HTC oder LG haben Geräte vorgestellt, die sich designerisch an das iPhone anlehnen, dabei aber technisch mehr bieten. Mit UMTS-Unterstützung, Location Services via GPS und E-Mail-Push eilt jetzt Apple diesen Wettbewerbern hinterher - und lässt dabei die Preise purzeln. Ein iPhone-Einstiegsmodell kostet nur noch 199 Dollar, Apple reagiert also auf die Marktsituation.

Für Jobs bleiben die Herausforderungen im Mobilfunkmarkt gewaltig, zumal zur zweiten Jahreshälfte auch Google mit seiner Android-Plattform anrücken wird. Die Schlacht dürfte über die verfügbaren Anwendungen entschieden werden, und hier wählt Apples Rivale einen offenen, für die Internet-Company typischen Ansatz: Google rief die Open Handset Alliance (OHA) ins Leben und startete die Android Developer Challenge. Freie Entwickler programmieren um die Wette, die ersten 50 Gewinner konnten bereits jeweils 25 000 Dollar Belohnung einstreichen. Weitere Millionenbeträge stehen bereit.

Sicher, Apple wird auch künftig mit seinen Topargumenten Design und Benutzerkomfort punkten können. Doch hier hat die Konkurrenz aufgeholt, und der Mac-Anbieter muss kräftig investieren, um die Nase vorn zu behalten. Entscheidend wird sein, ob das iPhone auf Dauer genug Sexappeal haben wird, um eine kritische Masse an Entwicklern zu begeistern. Hier wird die Basis für den Erfolg gelegt, denn die Anforderungen der Kunden, die sich aufgrund subventionierter Abschlüsse von Mobilfunkverträgen nahezu jedes Endgerät leisten können, sind hoch.

Es wird interessant sein zu beobachten, ob Apple nach dem fulminanten Markteintritt seine rasante Wachstumsgeschwindigkeit halten und hier ein einträgliches Geschäft aufbauen kann. Die Zeichen im Konzern stehen auf Tempo und Massenmarkt. Mit dem iPod hat Apple bewiesen, dass es auch diesen Markt beherrscht, wenngleich das Segment der MP3-Player nahezu brachlag. Jetzt gilt es, diesen Erfolg auf den ungleich stärker bevölkerten Mobilfunkmarkt zu übertragen.