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Verleger vs. Google

Was steckt hinter der Aufregung ums Leistungsschutzrecht?

29.11.2012
Ein Gesetzentwurf zum Urheberrecht im Internet schlägt hohe Wellen. Das Leistungsschutzrecht soll Presseverlagen helfen. Netzaktivisten sehen eine Gefahr für die Kommunikationsfreiheit.

Die einen sprechen von einer "Lex Google", die anderen von Gerechtigkeit. Betreiber von Suchmaschinen verdienen viel Geld mit Online-Werbung, die Verlage wollen daran beteiligt werden, weil sie Inhalte im Netz liefern. Am Donnerstag kommt der Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Leistungsschutzrecht (PDF-Link) in den Bundestag. In der Debatte stellen sich viele Fragen.

Was soll mit dem Leistungsschutzrecht erreicht werden?

Das Gesetz will sicherstellen, "dass Presseverlage im Online-Bereich nicht schlechter gestellt sind als andere Werkvermittler" - gemeint sind die Anbieter von Suchmaschinen. Diese verdienen viel Geld mit Online-Werbung. Die meisten Presseverlage hingegen befinden sich in einer wirtschaftlich schwierigen Situation und suchen noch nach einem idealen Geschäftsmodell für das Internet.

Wie soll das funktionieren?

Das Leistungsschutzrecht soll Teil des Urheberrechts werden. Den Verlagen wird laut Gesetzentwurf "das ausschließliche Recht eingeräumt, Presseerzeugnisse zu gewerblichen Zwecken im Internet öffentlich zugänglich zu machen". Die Verlage können dann von den Suchmaschinen "die Unterlassung unerlaubter Nutzungen verlangen" - oder Google und Co "müssen für die Nutzung Lizenzen erwerben".

Müssen sich auch andere Internet-Anbieter danach richten?

Nein. Das Gesetz erfasst nur Suchmaschinen und ähnliche Dienste, die Nachrichten umfassend bündeln und im Web präsentieren - sogenannte News-Aggregatoren. Nicht betroffen sind laut Entwurf Blogger, Unternehmen der sonstigen gewerblichen Wirtschaft, Verbände, Rechtsanwaltskanzleien oder private und ehrenamtliche Nutzer.

Sind die Verlage nicht darauf angewiesen, dass ihre Inhalte von Internet-Suchmaschinen gefunden werden?

Ja. Sie bekommen dadurch zusätzliche Leser und mehr "Traffic": Die Anzahl der Klicks erhöht den Wert ihrer Webseiten für die werbetreibende Wirtschaft. Der Gesetzentwurf erlaubt "die reine Verlinkung und Nutzungen im Rahmen der Zitierfreiheit". Das Urheberrecht greift erst, wenn der Inhalt in mehreren Zeilen als Ausschnitt ("Snippet") dargestellt wird.

Welche Möglichkeiten haben Verlage, um ihre Inhalte aus den Datenbanken für die Internet-Suche herauszuhalten?

Wie jeder Betreiber einer Webseite können auch Verlage mit einer kleinen Text-Datei auf dem Server (robots.txt) oder einer Zeile im HTML-Code dafür sorgen, dass die automatischen Programme der Suchmaschinen diese Webseite nicht erfassen.

Verdient Google mit den Verlagsinhalten Geld?

Das automatisch erstellte Angebot Google News für aktuelle Nachrichten ist werbefrei. Google verdient hier also kein Geld. Verlagsinhalte erscheinen aber auch in den Trefferlisten der allgemeinen Google-Suche, die Werbeeinträge anzeigen, passend zu den Suchbegriffen.

Wie oft tauchen Inhalte von Medienverlagen überhaupt bei Google auf?

Nachrichten und andere aktuelle Informationen von Medien haben einen Anteil von 7,5 Prozent aller Einträge in den Suchergebnissen von Google. Dies ergab eine Studie der Hamburger Unternehmensberatung TRG - The Reach Group. "Der Anteil an Presseverlegern in der Google.de Websuche ist also überschaubar", heißt es in der Studie vom August.

Was ändert sich für die Internet-Nutzer?

Dies hängt ganz davon ab, wie die Betreiber der Suchmaschinen auf das Gesetz reagieren, falls es in Kraft tritt. Möglicherweise könnten auch andere bislang erlaubte Internet-Dienste wie rivva.de nicht mehr bereitgestellt werden. Kritiker befürchten, dass die Suche nach Internet-Inhalten und damit letztlich die Kommunikationsfreiheit eingeschränkt werden könnte.

Welche Auswirkungen hätte die Einführung eines Leistungsschutzrechts für die Wirtschaft?

Kritiker warnen vor negativen Folgen für die IT-Branche in Deutschland und damit auch für die Volkswirtschaft insgesamt. Vielfach wird befürchtet, dass das neue Gesetz wegen offen bleibender Fragen Rechtsunsicherheit schafft und damit die Entwicklung von Internet-Diensten hemmt. (dpa/tc)