Hardware aus zweiter Hand

Sparen mit gebrauchter Netzhardware?

24.08.2012
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Mit Einsparungen von bis zu 90 Prozent - ohne Verzicht auf Ausfallsicherheit - lockt der Anbieter Network Hardware Resale zum Einsatz gebrauchter Netzhardware. Zudem seien die Wartungskosten um 50 Prozent niedriger.
Einsparungen von bis zu 90 Prozent locken beim Kauf gebrauchter Netzhardware.
Einsparungen von bis zu 90 Prozent locken beim Kauf gebrauchter Netzhardware.
Foto: Cisco, Extreme, Juniper

An den Handel mit gebrauchter Software haben wir uns gewöhnt - aber gebrauchte Hardware als Fundament einer Netzinfrastruktur, auf der die gesamte Unternehmens-IT aufsetzt? Bedenken gegen diese Idee bestehen sicher zu Recht.

Auf der anderen Seite lockt beispielsweise die US-amerikanische Network Hardware Resale (NHR) mit Preisen, die bis zu 90 Prozent unter den Listenpreisen der Hersteller liegen sollen. Ferner könnten die Unternehmen über 50 Prozent der Wartungskosten für ihr Netz einsparen. "Die Anwender zahlen zu viel für ihre Hardware", kritisiert Glenn Fassett, General Manager International Operations bei NHR, die Preispolitik etablierter Player wie Cisco, Brocade/Foundry oder Juniper Networks. Und der Manager provoziert gleich weiter: "Die User sollten beginnen, umzudenken und die traditionellen, teuren Supply Chains der Hersteller nicht länger akzeptieren."

Expansionspläne

Um solche Einsparungen zu ermöglichen, hat sich das Unternehmen auf den Vertrieb und die Wartung gebrauchter Netz-hardware spezialisiert - oder, wie der Amerikaner elegant umschreibt, auf "preowned equipment". Nachdem das Unternehmen in seinem Heimatmarkt bereits gut etabliert ist, will es jetzt in Deutschland expandieren und sich einen Anteil von dem auf rund 1,6 Milliarden Euro geschätzten Markt für Netzequipment erobern. Dazu setzt NHR auf acht deutsche Distributionszentren in der Nähe von Ballungszentren wie beispielsweise München, Frankfurt am Main oder Düsseldorf sowie ein europäisches Zentrallager bei Amsterdam.

Das Konzept dahinter: NHR kauft gebrauchte Hardware. Bevor NHR sie wieder verkauft, werde sie in einem Testverfahren, das mehr als 30 Punkte umfasse, auf Herz und Nieren überprüft. Die entsprechenden Qualitäts-Management-Systeme sind laut Fassett gemäß ISO 9001.2008 und TL 9000 zertifiziert. "Damit haben wir eine Ausfallquote von unter 0,5 Prozent", sagt der Manager stolz.

Das Produktportfolio

Derzeit befinden sich im Angebot des Gebrauchthändlers Produkte von Cisco, Brocade/Foundry, Force10, Extreme sowie Juniper. Dabei offeriert der US-Anbieter auch Legacy- und End-of-Life-Produkte, die bei den Originallieferanten nicht mehr erhältlich sind. NHR kann auf Lagerbestände im Wert von rund 200 Millionen Dollar zurückgreifen. Aus deutscher Sicht weist das Angebot allerdings noch entscheidende Lücken auf: Hersteller wie Lancom, Siemens Enterprise Communications oder Avaya sind (noch) nicht im Programm.

Darüber hinaus hat das Unternehmen mit "NetSure" ein eigenes Support- und Wartungsprogramm ins Leben gerufen. Je nach vereinbarten Service-Level-Agreements sollen die Anwender in den deutschen Wirtschaftszentren innerhalb von vier Stunden defekte Hardware ausgetauscht bekommen. Interessant ist dabei, dass NHR sein Support-Versprechen nicht auf aktuelles Netzequipment beschränkt, sondern dass die Zusage auch für Legacy-Produkte gilt - also auch für solche, die beispielsweise in Ciscos eigenem Wartungsprogramm "Smart-net" nicht mehr unterstützt werden.

"Da NetSure auf einem anderen Berechnungsmodell als Ciscos Smartnet basiert, können Anwender über 50 Prozent ihrer Wartungskosten einsparen", wirbt Fassett für das NHR-Modell. Zudem könnten die Kunden die Lebensdauer ihrer Netze verlängern und teure Upgrades hinauszögern, da sie auch noch Ersatz für defekte Legacy-Modelle erhalten würden.