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Ungefragt für Werbezwecke eingespannt

Blogger will Schadenersatz von Facebook

23.04.2008
Von Handelsblatt 
Facebook hat einige seiner User ungefragt für Werbezwecke eingespannt - und muss sich nun mit dem wütenden Protest der Betroffenen auseinandersetzen. Nicht zum ersten Mal gerät das Social Network mit seinen Werbepraktiken in die Kritik seiner Kunden.

"Ich war entsetzt", sagt Erik Hauth und ergänzt: "entsetzt-verwundert". Johnny Haeusler pflichtet ihm bei: Er ist sauer. Seit gestern stehen die beiden Blogger in einer Reihe mit Boris Becker oder Barbara Schöneberger. Denn sie sind Testimonials. So nennen Werber Menschen, meist Prominente, die in der Werbung als Beweis dafür eingesetzt werden, wie gut ein Produkt ist. So wirbt Schöneberger für eine Kaffeemaschine, Becker ist derzeit für eine Online-Poker-Seite aktiv. Allein: Hauth und Haeusler sind nicht prominent - und von ihrer Beteiligung an einer Werbekampagne für das Social Network Facebook wussten sie vorher nichts.

Am Montag entdeckte eine Reihe deutscher Blogger, dass Facebook mit ihren Namen warb. "Erik Hauth ist auf Facebook - Melde dich jetzt an" hieß es in Anzeigen bei Googles Werbedienst Adsense. Mehr noch: Die Schaltung der Anzeigen war gekoppelt an die Namen der jeweiligen Personen: Wer nach Hauth suchte, dem wurde diese Anzeige gezeigt. "Irgendwie hatte man ja damit rechnen können, dass es mal so weit kommt", sagt der Hamburger: "Ich akzeptiere, dass der Google-Suchindex meinen Namen findet. Aber Teil einer Werbung zu sein - das hat eine andere Qualität", sagt Hauth. Er gründete auf Facebook eine Gruppe mit dem Namen "No Facebook Ads using my name", der sich schon über 120 Mitglieder anschlossen. Und Hauth forderte bei Google, die Anzeigenkampagne zu stoppen.

Ob es die Suchmaschine war oder ob Facebook selbst die Kampagne zurückgezogen hat, ist unklar. Sicher ist: Die Anzeigen tauchten am Dienstag nicht mehr auf. Facebook und Google Deutschland waren bisher nicht zu einer Stellungnahme bereit. Zum zweiten Mal setzt sich Facebook damit der Kritik seiner Kunden aus. Im Dezember vergangenen Jahres gab es Ärger um das Werbeprogramm Beacon. Wer auf einer Partnerseite von Facebook etwas kaufte, der wurde seinen Facebook-Kontakte innerhalb des Netzwerks mit diesem Kauf angezeigt.

Und die Konsequenzen? "Ich überlege, ob ich austreten soll. Aber dies ist Teil einer Auseinandersetzung, die man einfach mal führen muss, auch innerhalb von Facebook", sagt Hauth. Er erhielt auf seine Beschwerde bei Facebook eine E-Mail, die angeblich Gründer Mark Zuckerber geschrieben hat. Darin heißt es, sein Anliegen sei an die zuständige Stelle weitergeleitet worden.

Haeusler geht noch weiter: "Ich finde diese Art der Verwendung meines Namens rufschädigend." Er hat seinen Anwalt eingeschaltet - uns seine Erfolgsaussichten sind nicht schlecht. In seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) fordert Facebook von seinen Nutzern zwar die weitgehende Abtretung aller Nutzungsrechte. Doch sind die deutschsprachigen AGB des Netzwerks so desaströs, das Juristen zweifeln, ob sie überhaupt gültig sind: Teile sind nur in Englisch verfügbar, an einigen Stellen bricht der Text einfach ab, ein korrektes Impressum ist nicht vorhanden.

Uns selbst wenn dies nicht so wäre dürfte Facebook wohl nicht mit den Namen seiner Nutzer werben: "Niemand muss es akzeptieren, dass sein Name für Werbung verwendet wird", stellt Ulrich Luckhaus klar, Partner der auf Medienrecht spezialisierten Kanzlei Greyhills. "Extrem problematisch" sei das Vorgehen von Facebook. Udo Vetter, Anwalt und Blogger pflichtet ihm bei: "Egal welche AGB man unterschreibt - das Namensrecht gilt weiter." Und: "Alle Klauseln, mit denen ein Verbraucher nicht rechnen kann, sind in Geschäftsbedingungen unwirksam." Mit der Möglichkeit einer Verwendung in Werbung könne niemand rechnen, meint der Düsseldorfer. Dies könne als Persönlichkeitsrechtsverletzung gewertet werden. Und das würde bedeuten: "Die Betroffenen können auf Unterlassung klagen - vielleicht sogar auf Entschädigung."

Diesen Weg geht jetzt Haeusler: Er fordert über seinen Anwalt Vetter 2 000 Euro. Seinen Austritt aus Facebook hat er ohnehin schon verkündet und dabei festgestellt, dass es nicht reicht, sein Profil zu deaktivieren - zur vollständigen Löschung ist auch noch eine E-Mail an das Netzwerk nötig. Auch dazu hat Haeusler eine klare Meinung: "Ich finde das lächerlich."