Kein Grund zur Panik

Mit Gebrauchtsoftware Kosten sparen

17.05.2007
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Christoph Lixenfeld, seit 25 Jahren Journalist und Autor, vorher hat er Publizistik, Romanistik, Politikwissenschaft und Geschichte studiert.

1994 gründete er mit drei Kollegen das Journalistenbüro druckreif in Hamburg, schrieb seitdem für die Süddeutsche Zeitung, den Spiegel, Focus, den Tagesspiegel, das Handelsblatt, die Wirtschaftswoche und viele andere.

Außerdem macht er Hörfunk, vor allem für DeutschlandRadio, und produziert TV-Beiträge, zum Beispiel für die ARD-Magazine Panorama und PlusMinus.

Inhaltlich geht es in seiner Arbeit häufig um die Themen Wirtschaft und IT, aber nicht nur. So beschäftigt er sich seit mehr als 15 Jahren auch mit unseren Sozialsystemen. 2008 erschien im Econ-Verlag sein Buch "Niemand muss ins Heim".

Christoph Lixenfeld schreibt aber nicht nur, sondern er setzt auch journalistische Produkte ganzheitlich um. Im Rahmen einer Kooperation zwischen Süddeutscher Zeitung und Computerwoche produzierte er so komplette Zeitungsbeilagen zu den Themen Internet und Web Economy inklusive Konzept, Themenplan, Autorenbriefing und Redaktion.
Im Rahmen einer Art Roadshow warnt Microsoft landesweit vor gebrauchter Software. Mittelständler sollten sich davon aber nicht verunsichern lassen.

Die Kampagne ist wohldurchdacht, und das gilt sogar für die Zeichensetzung in der Pressemeldung: Microsoft schreibt hier grundsätzlich "gebrauchte" Software, verwendet das böse Wort also nur in Gänsefüßchen, um das damit verbundene Business zu ächten. Doch dabei handelt es sich keineswegs um etwas Verbotenes, und deshalb sollten Mittelständler bei dem Thema gelassen bleiben.

Kompakt

  • Warum der Handel mit gebrauchter Software legal ist

  • Was beim Einsatz zu beachten ist

  • Wie hoch Einsparpotenziale sind

  • Wer als Gebrauchthändler in Frage kommt

Der Handel mit gebrauchter Software ist legal, Gerichtsurteile, die das grundsätzlich in Frage stellen, gibt es nicht. Unternehmen und Privatleute können benutzte Software genauso kaufen und verkaufen wie ein Auto aus zweiter Hand. Das ergibt sich aus dem sogenannten "Erschöpfungsgrundsatz": Das Zugriffsrecht der Herstellers hat sich erschöpft, sobald er sein Produkt zum ersten Mal innerhalb der EU verkauft hat. Ein Autohersteller kann auch nicht darüber bestimmen, ob und an wen ein Autokäufer das erworbene Fahrzeug irgendwann später weiterveräußert.

Der auf IT-Recht spezialisierte Düsseldorfer Rechtsanwalt Peter Huppertz von der Kanzlei Nörr Stiefenhofer Lutz weist allerdings darauf hin, dass es sich bei Computerprogrammen um urheberrechtlich geschützte Werke handelt und daher bei einem Weiterverkauf die Rechte des jeweiligen Urhebers zu beachten sind.

Streit vor Gericht

Maßgeblich sind hier vor allem drei Regeln. Erstens muss der Verkäufer die Programme rechtmäßig erworben haben, er darf keine Kopien der Software zurückbehalten und diese keinesfalls parallel zum Käufer weiternutzen. Zweitens gelten Auflagen, die beim Erstverkauf mit der Nutzung verbunden waren, weiterhin. Eine Einplatzlizenz darf also weiterhin nur als Einplatzlizenz benutzt werden. Gleiches gilt - drittens - für die Anzahl der "Named User." War diese ursprünglich auf fünf beschränkt, dann muss sich auch der Gebrauchtkäufer der Software in Zukunft daran halten.

Wer ganz sichergehen will, sollte vom Kauf oder Verkauf geteilter Lizenzen die Finger lassen. Denn ob es legal ist, von 100 ursprünglich erworbenen Lizenzen 40 weiterzuverkaufen beziehungsweise zu erwerben, ist auch unter Experten umstritten. Ein nachvollziehbares Argument der Gegner solcher Deals: Der Erstkäufer hat für 100 Lizenzen einen deutlichen Mengenrabatt bekommen. Dass der Gebrauchtkäufer davon jetzt preislich profitieren soll, selbst wenn er nur 40 Arbeitsplätze erwirbt, ist nicht fair.

Derzeit streiten sich vor Hamburger Gerichten ein Softwarehändler, der neue Microsoft-Produkte verkauft, und der Gebrauchthändler Usedsoft genau über diese Frage, nämlich ob man Großhandelssoftwarepakete in Einzelteile aufgeteilt verkaufen darf. Das Hanseatische Oberlandesgericht hat zuletzt entschieden, dass dies möglich ist, doch das Verfahren geht nun in die nächste Runde. Das Landgericht München untersagte wiederum nach einer Klage des Anbieters von Geschäftssoftware Oracle, dass Usedsoft gebrauchte Oracle-Software weiterverkauft, wenn der Verkäufer keine Installations-CD besitzt. Die Crux an dem Urteil: Die allermeisten Oracle-Kunden erhalten ihre Software per Download und nicht auf Installations-CDs. Auch hier werden nun höhere Instanzen angerufen.

Microsoft macht Angst

Unstrittig ist, dass ein Paket von zum Beispiel 20 Lizenzen als Ganzes weiterverkauft werden kann. Ebenso unstrittig ist der Verkauf von Einzelplatzlizenzen, also etwa eines Microsoft-Office-Pakets, von dem der Erstkäufer alle Disketten, Verträge und Handbücher besitzt. Solche Programme dürfen ohne Bedenken erworben und abgegeben werden, und auch Microsoft behauptet nicht das Gegenteil. Die Taktik des Softwareriesen besteht vielmehr darin, das Image "gebrauchter" Software in die Nähe von Raubkopien zu rücken und der potenziellen Kundschaft entsprechend Angst einzujagen. Zitat Pressemitteilung: "Unternehmen, die Raubkopien einsetzen, können sich schadenersatzpflichtig machen. Abhängig vom Umfang der eingesetzten illegalen Software können zudem dem persönlich haftenden Geschäftsführer bis zu drei Jahre Freiheitsentzug drohen."

Die Alternative:Zusammenarbeit

Im Gegensatz zu Microsoft haben sich andere große Hersteller mit dem Phänomen arrangiert und versuchen auch nicht mehr, den Gebrauchtkäufern weiszumachen, sie täten was Gefährliches oder Verbotenes. "Die profitieren ja auch vom Secondhand-Geschäft", findet Axel Susen von Susensoft. "Zum Beispiel können die Kunden durch uns zu überschaubaren Preisen ein SAP-System kennen lernen. Und wenn es ihnen gefällt und die Firma irgendwann mehr Geld verdient, dann kauft sie die nächste Generation der Business-Software vielleicht neu."

Und so arbeiten sie längst zusammen, ohne es an die große Glocke zu hängen. Bei Susensoft erwirbt die Kundschaft gebrauchte Lizenzen, von SAP bekommt sie einen Servicevertrag dazu. "Mit dieser Kooperation verhindert SAP auch, dass die Firmen zur Konkurrenz abwandern", so Susen.

Den Trend stoppt keiner

Sein Unternehmen bezeichnet das eigene Produkt auch als "stille Software" im Sinne eines vergrabenen Schatzes, den es zu heben gilt. Damit das gelingt, rät er Firmen dazu, schon beim Erwerb von Programmen an den eventuellen Weiterverkauf zu denken. Das heißt: sich auf jeden Fall auch von vorinstallierter Software die Original-Programm-CDs geben lassen. Und: keine Verträge unterschreiben, die eine Weitergabe an Dritte verbieten. Solche Regeln sind zwar in der Regel unwirksam, noch besser ist es allerdings, sich gar nicht erst darauf einzulassen.

Im Prinzip kann jede Art von Software gebraucht gekauft und verkauft werden, im Angebot ist fast alles, was seit Erfindung des Computers auf den Markt gekommen ist. Um An- und Verkauf kümmern sich spezialisierte Händler, die bekanntesten unter ihnen in Deutschland sind Susensoft, Usedsoft oder Preo Software. Das Einsparpotenzial für den Erwerber bewegt sich zwischen zehn und 70 Prozent.

Wichtig zu wissen für die Kundschaft ist, dass gebraucht nicht gleichbedeutend ist mit alt. Denn auch Gebrauchtversionen neuester Software sind auf dem Markt, und das mit zum Teil erheblichen Preisabschlägen. Noch günstiger sind natürlich ältere Releases, wobei die vorletzte Version in der Regel eine gute Wahl ist: Für sie gibt es noch Support, und es findet sich meist auch noch jemand im Unternehmen, der sich damit auskennt.

Ein Teil der Rechnung für die in gebrauchter Form neu angeschafften Programme kann bei den meisten Händlern durch eigene, nicht mehr benötigte Software beglichen werden.

Insgesamt sollten Mittelständler auch ihrem Systemhaus gegenüber offensiv mit dem Thema umgehen. Den Trend zum Gebrauchten wird niemand aufhalten, und Argumente der Hersteller dagegen sind schwach. So können sie zum Beispiel kaum davor warnen, heute jene ältere Programmversion einzusetzen, die sie selber noch vor zwei Jahren so gepriesen haben.

Ungenutzte "Schätze" vermarkten

Und: Lizenzdokumente und Passwörter berechtigen zum Bezug von Updates und Service-Packs, wenn diese ursprünglich zum Kaufvertrag gehört haben. Ein Auto mit drei Jahren Garantie verliert diesen Anspruch schließlich auch nicht, wenn es nach zwei Jahren verkauft wird.

An welchen Gebrauchthändler aber sollte sich ein Mittelständler wenden? Vertrauen weckt es hier natürlich, wenn der Anbieter eng mit dem Originalhersteller zusammenarbeitet; das vermindert die Gefahr, irgendwelche Scherereien zu bekommen. Wichtig ist ebenso, dass der Anbieter auch beim Vermarkten eigener, ungenutzter "Schätze" hilft. Denn die gibt es so ziemlich überall, man muss sie nur finden. Potenzielle Kunden sollten den Gebrauchthändler auch nach vorhandenen Kunden fragen und einen oder zwei von ihnen anrufen. Wie ist es bei ihnen gelaufen? Gab es irgendwelche Probleme? Kann der Anbieter keinen Kunden nennen, der zu sprechen wäre, so ist das zumindest kein gutes Zeichen.