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Zurück in die Zukunft

12.02.2003
Von Jörg Menno
Eigentlich hatte er sich schon auf das Altenteil zurückgezogen - so weit man das von Jörg Menno Harms überhaupt sagen kann. Jetzt ist der „Elder Statesman“ an seine frühere Wirkungsstätte zurückgekehrt, als Hoffnungsträger für eine in sich zerrissene Hewlett-Packard GmbH.

Es gibt in der deutschen IT-Industrie nur wenige Manager, denen so viel gute Eigenschaften nachgesagt werden wie Harms. Stets umgänglich im Ton, integrativ und seriös wirkend, aber ziel- und sachorientiert. Natürlich auch erfolgreich. So werden die „Features“ eines Mannes beschrieben, der sein ganzes Berufsleben bei einem einzigen Unternehmen verbracht hat: Hewlett-Packard (HP).

Nordlicht im Schwabenländle

Mitte 2000 wollte sich Harms eigentlich - so muss man es heute formulieren - aus der Kärrnerarbeit des Tagesgeschäfts zurückziehen. Fast acht Jahre lang war der studierte Elektro- und Nachrichtentechniker zuvor Sprecher der Geschäftsführung der Böblinger Hewlett-Packard GmbH gewesen. Bereits 1961 hatte es das im schleswig-holsteinischen Plön geborene Nordlicht ins Ländle verschlagen, an die Technische Hochschule in Stuttgart. Nach dem Diplom folgten 20 Jahre in unterschiedlichen Management- Funktionen bei HP Deutschland, bevor Harms 1988 in die Geschäftsführung berufen wurde. Ein langer Weg, den er vor zweieinhalb Jahren mit seinem Wechsel in den Aufsichtsrat krönen wollte.

Dem obersten Aufsichtsgremium sitzt nun jedoch Heribert Schmitz (58) vor, ebenfalls ein Veteran des hiesigen HP-Managements, der seit Februar 2001 nach einem nur neunmonatigen Intermezzo des glücklosen Rainer Geissel das Kommando in Böblingen-Herrenberg hatte. Die Nachricht, dass Harms und Schmitz (der „persönliche Gründe“ geltend machte) ihre Positionen mit sofortiger Wirkung tauschen, schlug Anfang November wie eine Bombe ein. Doch bei näherer Betrachtung wird klar, was man sich bei HP von der Rückkehr des 63-jährigen Harms auf den Chefsessel verspricht: „Vertrauen und Kontinuität“. Denn durch den Zusammenschluss von HP und Compaq in Deutschland ist noch lange kein homogenes Unternehmen entstanden. Vorausgegangen sind monatelange erbitterte Auseinandersetzungen mit dem starken Compaq-Betriebsrat, der sich bis zuletzt gegen den geplanten Abbau von 1100 der insgesamt 8500 Arbeitsplätze zur Wehr gesetzt hat. Auch die deutschen Compaq-Manager sehen sich als Verlierer der Fusion.

Harms’ primäre Aufgabe dürfte nun sein, als Integrator zu wirken.Noch stehen eine Menge Entscheidungen an, nicht nur organisatorischer Art. Möglicherweise wird man bei der „neuen HP“ in Deutschland um weitere Entlassungen nicht herumkommen, wenn im ersten Quartal 2003 das Geschäft nicht anzieht. Die Zeit für seine anderen „- Jobs“ wird sich Harms daher sorgfältig einteilen müssen. Als Mitglied diverser Aufsichtsräte und Kuratorien, als Gesellschafter seiner erst 2001 gegründeten Unternehmensberatung Menno Harms GmbH - und vor allem als Vizepräsident des Bitkom.

Einsatz und Verantwortung

Falsche Rückschlüsse sollte man indes aus seiner stets verbindlichen Art nicht ziehen. Ihm näher stehende Personen beschreiben den Oberleutnant zur See der Reserve auch als fordernd, zumindest was Einsatz und Commitment sowie verantwortliches, vorausschauendes Handeln angeht. Drei Jahre hat ihm HP für seine „neue“ Aufgabe Zeit gegeben. Alles andere als ein Interimschef also.




Zur Person

Jörg Menno Harms wurde am 13. September 1939 in Plön/ Holstein geboren. Als Lebensmotto führt er den Satz an: „Optimisten leben länger“ - eine Einstellung, die ihm sicher auch in seiner neuen (alten) Aufgabe weiterhelfen wird. Interessant dürfte in diesem Zusammenhang auch seine Selbsteinschätzung in puncto Führungsstil sein, den er als „kooperativ Kurs haltend“ bezeichnet. An der IT-Branche ärgert Harms übrigens am meisten, dass „sich Europa aus der Rechnerentwicklung verabschiedet hat“. Privat schätzt der Familienvater mit drei Kindern Dinge wie ein gutes Abendessen zu zweit oder längere Wanderungen in den schwäbischen Weinbergen. Als seine Hobbys gibt er Segeln, Bergsteigen und Amateurfunk an.