Zukunft made in Bayern

20.01.1995

Man wird sich ins Faeustchen lachen in Muenchen, und das mit Recht. Hat man doch, was die erfolgreiche Suche nach einem internationalen Partner angeht, die bis dato deutlich lauter die Werbe- und Publicity-Trommel ruehrenden Konkurrenten RWE, Veba und Co. ziemlich alt aussehen lassen. Auch BT-Chef Iain Vallance duerfte zufrieden sein. Sein Traumpartner war und ist die Viag- Gruppe sicherlich nicht; aber er konnte fuer sein Unternehmen frueher als andere die Claims im deutschen Markt abstecken. AT&T, Unisource und vielleicht auch Cable & Wireless muessen nun bei ihrer Brautschau den Rest des deutschen Telecom-Marktes unter sich aufteilen, aber der ist ja auch nicht ohne.

Unabhaengig davon duerfte die bayerisch-britische Allianz aber auch da, wo es letztlich darauf ankommt, naemlich im Tagesgeschaeft, keine allzu schlechte Figur abgeben. Der Londoner Carrier ist, was Innovation, Service, Schnelligkeit und Kundenorientierung angeht, dank einer schon vor gut zehn Jahren eingeleiteten Privatisierung in Europa einsame Spitze. Das gediegene Viag-Management wiederum steht nicht nur fuer eine prall gefuellte Kriegskasse, sondern auch fuer einen kuehlen Kopf, was in der hitzigen Telecom-Branche nicht von Nachteil sein muss. Den Rest besorgt Bayerns Ministerpraesident Edmund Stoiber, der schon offiziell hat anklingen lassen, dass er sich um eine (zumindest sueddeutsche) Telefondienstlizenz fuer Viag Interkom kuemmern wird.

Ganz so schlecht sieht es also um die weitere Daseinsberechtigung von Postminister Wolfgang Boetsch gar nicht aus. Wer bekommt 1998 (oder frueher) welche Lizenz und wofuer? Diese Frage liegt unbeantwortet auf dem Bonner Schreibtisch. Maximal zwei bis drei Bewerber koennen sich Experten beim Telefondienst im Festnetz vorstellen, und wer sich hier neben Viag Interkom noch aus dem Fenster lehnen wird, ist laengst kein Geheimnis mehr. Auch dass wir es in Deutschland in Zukunft wohl mit neuen, regionalen Monopolisten zu tun haben werden - zum Wohle der Kundschaft, versteht sich. Und wem das nicht genuegt, der wird sich auch noch an einer anderen Monopoldebatte erfreuen koennen, fuer die schon die Telekom sorgen duerfte, indem sie den Finger tief in die Wunde des Strommonopols ihrer neuen Konkurrenz legt.