Zeosync verspricht Komprimierung von 100 zu eins

06.03.2002
Von Sabine Ranft
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Einen Durchbruch bei der Komprimierung von Daten will Zeosync aus Florida geschafft haben. Die Firma hat eigenen Angaben zufolge ein neuartiges Verfahren entwickelt, das sich mehrfach auf einen Datensatz anwenden lässt. So könne man Files auf ein Hundertstel ihres Ausgangsvolumens komprimieren - angeblich ohne Datenverluste. Die Fachwelt gibt sich skeptisch.

Sollte sich die Darstellung von Zeosync bewahrheiten, wäre das in der Tat eine Sensation. Eine Komprimierung von Files auf ein Hundertstel ihres ursprünglichen Umfangs würde verschiedene Kapazitätsprobleme im Handumdrehen lösen. Anwendungen wie Video on Demand ließen sich womöglich über herkömmliche Telefonleitungen übertragen, die Transportkosten für Daten sänken.

Zum Vergleich: Bisherige Kompressionsverfahren erreichen in der Regel ein Verhältnis von zehn zu eins. Sie untersuchen Daten auf redundante Strukturen und kürzen diese ab. Eine erneute Anwendung des Verfahrens gleicht dem Versuch, einen bereits trockenen Schwamm auszuwringen. Daher lässt sich der Kompressionsalgorithmus nur einmal anwenden. Diese Begrenzung will Zeosync sprengen. Chairman und Chief Executive Officer (CEO) Peter St. George erhebt den Anspruch, das Unternehmen beherrsche eine Art „absoluter Kompression“. Darunter versteht er die Fähigkeit, auch winzigste Muster bis hinunter zu einzelnen 1-1- oder 0-0-Kombinationen zu erkennen. Man könne auch von einer Codierung zufälliger Strukturen sprechen, sagt er. Anders als herkömmliche Verfahren lasse sich der von Zeosync entwickelte Algorithmus mehrfach hintereinander

anwenden und so eine Kompression der Daten auf ein Hundertstel ihres ursprünglichen Umfangs erreichen.

Noch im Frühstadium

Doch es gibt auch einen Haken: Die Technologie funktioniert laut Zeosync derzeit erst auf kleinen Bit-Längen. St. George spricht von einigen 100 Bit. Das größte Hindernis stelle dabei die hohe CPU-Belastung durch die Formeln dar. „Wir benutzen einen Brute-Force-Algorithmus, so dass es mit gegenwärtigen Prozessoren sehr lange dauert, bis selbst kleine Bit-Längen bearbeitet sind“, erläutert St. George. Mit Hochdruck arbeite seine Mannschaft allerdings an einer Optimierung der Berechnungsverfahren, um diese auf größere Dateien anwendbar zu machen. Erste kommerzielle Produkte erwartet er innerhalb von 18 Monaten. Noch hat es allerdings keine öffentliche Vorführung der Technik gegeben. Entsprechend zeigen sich Experten skeptisch. David Hill beispielsweise, Research Director für Speicher und Speicher-Management bei der Aberdeen Group, mahnt eine Demonstration als Beweis für die

Funktionstüchtigkeit des Verfahrens an und sagt, er habe von Zeosync nicht genügend Informationen erhalten, um die Technologie abschließend beurteilen zu können.

Andere gehen sogar noch weiter. Eric Scheirer, Senior Analyst bei Forrester Research, glaubt: „Es ist schlicht unmöglich, dass Zeosync seine Ansprüche in die Tat umsetzen kann.“ Scheirer hat mehr als ein Dutzend Veröffentlichungen zum Thema Komprimierung vorzuweisen und gilt als Experte auf dem Gebiet. Möglicherweise habe Zeosync die Ergebnisse falsch eingeschätzt oder tatsächlich eine neue Technologie geschaffen, die unter gewissen, sehr begrenzten Bedingungen funktioniert. „Durchbrüche“ in der Komprimierungstechnik seien dagegen schon einige angekündigt worden, doch keiner habe einer eingehenden Überprüfung standgehalten.

Um seine Ansprüche zu stützen, verweist St. George auf die Kooperation mit einem Dutzend namhafter Mathematiker. Einige der genannten Wissenschaftler teilen jedoch den Enthusiasmus des Zeosync-Chefs nicht. So wies etwa John Post von der Arkansas Technical University zurück: „Ich war nicht maßgeblich an dieser Technologie beteiligt, daher kann ich dazu wenig sagen.“ Er habe zwar mal als Consultant mit der Firma zusammengearbeitet, das sei aber nur eine „kleine Rolle“ gewesen.

Mit Teilgebieten befasst

Ähnlich äußerten sich Steve Smale, Professor Emeritus der University of California, und der polnische Mathematiker Wlodzimierz Holsztynski, der Zeosync sogar gebeten hat, seinen Namen nicht zu verwenden. „Diese Leute bestätigen unsere Aussagen nicht, haben sich aber mit Teilgebieten beschäftigt“, rechtfertigt sich St. George. Es gebe nur wenige Wissenschaftler, die die gesamte Technologie kennen. Er sehe ein, dass der noch ausstehende Beweis der Funktionstüchtigkeit ein Problem darstelle. Einmal vorgeführt, werde die Technologie jedoch für sich sprechen, hofft er.