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Worldcom-Skandal: Verwaltungsrat will Abfindung des Ex-CEOs Ebbers streichen

10.09.2002

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Im Fall Worldcom geht es nun nach dem Ex-Finanzchef Scott Sullivan und dem geschassten Controller David Myers offenbar auch dem ehemaligen Konzernchef und Gründer Bernard Ebbers an den Kragen: Nach Informationen des "Wallstreet Journal" berät der Verwaltungsrat des insolventen US-Carriers am heutigen Dienstag darüber, das äußerst großzügige Abfindungspaket für Ebbers für nichtig zu erklären. Außerdem sucht die Staatsanwaltschaft bei ihren Ermittlungen nach Beweisen, um den Topmanager in Verbindung mit den milliardenhohen Falschbuchungen zu bringen. Die Bundesbehörde hofft dabei auf die Mithilfe des jetzigen COOs (Chief Operating Officer) Ronald Beaumont.

Ebbers dürfte sein erzwungener Abschied Ende April relativ leicht gefallen sein. Kurz vor seinem Rücktritt hatte der 60-jährige noch eine generöse Abfindung ausgehandelt: Teile des "Golden Handshakes" waren unter anderem eine Stundung seines Firmenkredits über 408 Millionen Dollar bei einem Zinssatz von 2,3 Prozent und fünf Jahre Laufzeit, eine Rente von 1,5 Millionen Dollar pro Jahr sowie die lebenslange Nutzung des Firmenjets. Die Verhandlungen über Höhe und Umfang der Abfindung hatte Ebbers mit zwei Verwaltungsratsmitgliedern geführt. Einem der beiden, Stiles Kellett, wurde im vergangenen Jahr offenbar die Nutzung des Firmenjets für einen Dollar pro Tag plus Gebühren bewilligt. Informationen aus Unternehmenskreisen zufolge kostet eine entsprechende Flugbereitschaft unter normalen Bedingungen rund eine Million Dollar pro Jahr. Bislang ist es den Ermittlern nicht gelungen, Ebbers eine Verbindung mit den Fehlbuchungen von rund sieben Milliarden Dollar

nachzuweisen. Nun versuchen sie einen Zusammenhang zwischen der großzügigen Abfindung und dem Flugzeugverleih festzustellen. Bei ihren Versuchen, den Ex-CEO gerichtlich zur Rechenschaft zu ziehen, nimmt die Bundesbehörde außerdem den amtierenden Worldcom-COO Ronald Beaumont ins Visier. Beaumont hatte bis April diesen Jahres die Kontrolle über die Kapitalausgaben im Kerngeschäft des Carriers und berichtete dabei direkt an Ebbers. Die Ermittler wollen nun herausfinden, inwieweit Beaumont über die betrügerischen Machenschaften der Konzernführung Bescheid wusste und diese Informationen an den CEO weitergegeben hatte. So hatte die Telefongesellschaft etwa im vergangenen Jahr lediglich Kapitalaufwendungen von 5,7 Milliarden Dollar vorgenommen, aber einen Betrag von 8,7 Milliarden Dollar nach außen berichtet.

Ursprünglich hatten die Ermittler versucht, Ebbers durch eine Aussage des früheren Finanzchefs Scott Sullivan belangen zu können. Sullivan ist bereits wegen Betrugsverdacht angeklagt und muss mit einer langjährigen Haftstrafe rechnen. Der Topmanager weigerte sich jedoch bislang, mit dem Untersuchungsausschuss zusammenzuarbeiten und plädiert auf unschuldig. Da Beaumont selbst nicht unmittelbar eine Anklage befürchten muss, hoffen die Ermittler, dass sich der seit 14 Jahren bei Worldcom tätige COO als kooperativer erweist. (mb)