Ungewißheit über die Produktstrategie wurde zum Stolperstein

Workflow-Fusion zwischen CSE und Staffware ist gescheitert

03.01.1997

Die österreichische Constantia Industrie-Holding AG, bisherige Eignerin von CSE, hat noch vor dem Jahreswechsel reinen Tisch gemacht. Der Konzern plante ursprünglich, die Tochter in die Hände der Londoner Staffware Plc. zu übergeben und in entsprechendem Marktwert an dem britischen Unternehmen beteiligt zu werden. Als Argument für den Merger führten die beiden Workflow-Spezialisten Synergie-Effekte zwischen den beiden Produktlinien ins Feld. So dachte beispielsweise Kaufinteressent Staffware daran, seine Workflow-Engine mit den flexibleren Desktop-Funktionen der CSE-Lösung zu verknüpfen.

Aus diesen Plänen wurde nichts. Das vorrangige Interesse an CSE habe in der Übernahme der Mitarbeiter und der Kundenbasis gelegen, erklärt jetzt Staffware-Chef Paul Fullagar in einer offiziellen Mitteilung - vom CSE-Produkt ist dabei nicht die Rede. Der Chairman weiter: "Nach längerer sorgfältiger Überprüfung konnten wir eine nur geringe Wertsteigerung für die Unternehmensgruppe und unsere Aktionäre erwarten. Der Marktanteil der aktuellen CSE-Installationen war geringer als erwartet und rechtfertigte nicht den Aufwand einer derartigen Firmenübernahme."

Abgebrochen wurden die Verhandlungen allerdings auf CSE-Anraten von der Constantia. Als unüberwindlicher Stolperstein entpuppten sich langfristige Kundenverträge, in denen CSE eine strategische Weiterentwicklung der Produkte zugesichert hatte. Die Pflege der CSE-Lösungen wäre in der neuen Firmenkonstellation nicht mehr gewährleistet gewesen, befürchtete Dietmar Grillhofer, Prokurist des Klagenfurter Unternehmens.

Verunsicherungen bei Systementwicklung

Viele Kunden der Österreicher hätten ohnehin schon verunsichert auf die ersten Fusionsankündigungen reagiert. Fragen, wie sich die Systementwicklung gestalten oder ob über Staffware letztlich ein nicht gewolltes Produkt durch die Hintertür kommen werde, mußten beantwortet werden.

Trotz mißglückter Verhandlungen ist das Verhältnis zwischen Grillhofer und dem deutschen Staffware-Chef Hans Walter Emmert aus Sulzbach im Taunus keineswegs angespannt. Auch wenn sich die Mütter nicht hätten einigen können, bedeute dies kein Aus für gemeinsame Projekte, meinen die Beteiligten.

Grund zum Optimismus gibt es nun vor allem bei CSE. Noch kurz vor Weihnachten bescherte die Stadt München dem im deutschsprachigen Behördenumfeld vielfach vertretenen Anbieter einen Auftrag über mehrere tausend Workflow-Arbeitsplätze. Über die eigenständige Organisation seiner Firma unter dem Dach der Leitz-Unternehmensgruppe hofft Grillhofer auch, die Verunsicherung der CSE-Kunden endgültig ausräumen zu können. Der Traditionshersteller von Büroorganisationsmitteln sei eine ideale Mutter, die ihr Engagement im Geschäftsfeld digitaler Ordnungssysteme seit einiger Zeit ausbaue und sich nun mit der CSE-Übernahme ein Standbein im Markt für Dokumenten-Management-Systeme geschaffen habe.

Auch Staffware hat sich mittlerweile neu orientiert. Die Firma hält seit kurzem die Mehrheitsanteile an dem ebenfalls in Sulzbach ansässigen und langjährigen Consulting-Partner AIC GmbH, zu deren Kunden beispielsweise die Commerzbank und Mercedes-Benz zählen. Die über "CSE/ Workflow" geplante Ergänzung des eigenen Systems mit Funktionen zur unstrukturierten Vorgangsbearbeitung beziehungsweise zum Ad-hoc-Workflow will man mit Hilfe von Partnerprodukten wie "Lotus Notes" oder "MS-Exchange" erreichen.