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Wirtschaftsspionage: Eigene Mitarbeiter gefährlich

20.02.2008
Von pte pte
Der Steuerhinterziehungsskandal um den ehemaligen Post-Chef Klaus Zumwinkel liefert der Debatte um die Weitergabe hochsensibler Informationen durch interne Mitarbeiter weiteren Zündstoff. Nachdem das Wall Street Journal berichtete, dass Heinrich K., Ex-Mitarbeiter der Liechtensteiner LGT Bank http://www.lgt.com , dem Bundesnachrichtendienst für rund 4,2 Mio. Euro die Namen potenzieller Steuersünder verkauft hat, stellt sich die Frage nach Reputationsschäden durch Angestellte. Da viele Geschäftsführer die eigenen Mitarbeiter nicht permanent überwachen können, gehen Experten mittlerweile davon aus, dass fast jedes fünfte deutsche Unternehmen bereits von einem Spionagefall betroffen gewesen ist. Hochgerechnet auf die Gesamtwirtschaft ergäbe sich somit ein Schaden von mindestens 2,8 Mrd. Euro.

"Der aktuelle Fall ist meiner Meinung nach ein Klassiker, da er zeigt, dass ein Mitarbeiter aufgrund von Frustration oder weil sich dieser von der Unternehmensleitung betrogen fühlt, zum Spion wird. Auf der anderen Seite sollte hierbei auch die finanzielle Bedarfsseite eines potenziell Kriminellen, viel Geld in kurzer Zeit zu ,verdienen', nicht außer Acht gelassen werden", meint Christian Schaaf, Sprecher des Beratungsunternehmens Corporate Trust http://www.corporate-trust.de , im pressetext-Interview. Laut dem Experten helfe gegen interne Spionage nur ein ganzheitlicher Unternehmensansatz, der nicht nur das Personal sensibilisiert, sondern auch die Prozesse der Weitergabe von Informationen regelt. "Erst wenn der Zugriff auf heikle Daten penibel protokolliert wird und nur bestimmten Personen gestattet ist, lassen sich plötzliche Lücken schnell ausfindig machen", so Schaaf weiter.

Brancheninsider sehen die unterschiedlichen Motivlagen für Unternehmensspionage sehr breit gefächert. So reichen die Spionagegründe angefangen von Problemen mit dem eigenen Chef über die persönliche Unzufriedenheit mit den Arbeitsbedingungen bis hin zu höher dotierten Job-Angeboten der Konkurrenz. Laut einer Datenerhebung, die Corporate Trust mit dem Handelsblatt und dem hamburgischen Büro für Angewandte Kriminologie bei 7.500 deutschen Unternehmen durchführte, ist die entstehende Rufschädigung das größte Problem. So vermutet Schaaf, dass aufgrund der von vielen Firmen nicht zur Anzeige gebrachten Fälle die Dunkelziffer weitaus höher sein dürfte. "Um nur nichts an die Medien durchdringen zu lassen und damit den Ruf nach außen hin zu wahren, entledigt man sich unter anderem potenzieller Spione mit dem sogenannten goldenen Handschlag", so der Fachmann im pressetext-Gespräch.

Obwohl laut der Untersuchung mit 57,6 Prozent überwiegend mittelständische Unternehmen in der Bundesrepublik vom illegalen Informationsabfluss betroffen sind, stehen fast immer auch Konzerne im Mittelpunkt der Öffentlichkeit. So wurde der US-Handelskette Wal-Mart im vergangenen Jahr vorgeworfen, geheimdienstähnliche Strukturen aufgebaut zu haben. So sollen nicht nur eigene Mitarbeiter systematisch abgehört, sondern auch Aktionäre und Kritiker des Konzerns bespitzelt worden sein. Spezialisten meinen jedoch, dass es auch andere, legitime Methoden gibt, um das Sicherheitsrisiko eigener Mitarbeiter möglichst klein zu halten. Vor der Besetzung sensibler Positionen sollten Unternehmen daher den persönlichen und beruflichen Hintergrund der Bewerber prüfen. Laut Fachleuten zählen dazu neben früheren Arbeitgebern auch die finanziellen Verhältnisse oder Firmenbeteiligungen. (pte)