Best in Cloud 2012

WiM Cloud Services - damit die Regeln der Bundesnetzagentur eingehalten werden

17.08.2012
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Mit den "WiM Cloud Services" hat Seeburger ein Servicepaket geschnürt, mit dessen Hilfe Unternehmen aus der Energiewirtschaft die gesetzlichen Vorgaben der Bundesnetzagentur einhalten können, ohne selbst hohe Investitionsrisiken eingehen zu müssen. Gemeinsam mit dem Dienstleister Voltaris tritt die Cloud-Lösung zum diesjährigen COMPUTERWOCHE-Award "Best in Cloud 2012" an.
Foto: Seeburger

Der Gesetzgeber hat in den vergangenen Jahren viele Prozesse in der Energiewirtschaft neu geregelt. Weitere Maßnahmen sind bereits beschlossen und werden in den nächsten Jahren zusätzliche Veränderungen bringen. Mit der Messzugangsverordnung wurde beispielsweise 2008 das Messwesen in der Energiewirtschaft liberalisiert. Es entstanden zwei neue Marktrollen: Messdienstleister (MDL) und Messstellenbetreiber (MSB). Der Endkunde kann sich seitdem entscheiden, ob er einen Dritten beauftragen will, die Zählerauslesung (Messdienstleistung) oder den Betrieb seines Strom- oder Gaszählers durchzuführen.

Zuvor erledigte der Verteilnetzbetreiber (VNB) diese Aufgaben mit. 2010 hat die Bundesnetzagentur Prozesse rund um die Messdienstleistung und den Messstellenbetrieb für den deutschen Markt vereinheitlicht und die dazugehörigen Datenformate für den elektronischen Austausch zwischen den Marktrollen Messstellenbetreiber, Messdienstleister, Verteilnetzbetreiber und Lieferant (LF) definiert. Seit Anfang Oktober 2011 gilt eine verpflichtende Einführung der elektronischen Prozesse für den gesamten Markt. Das heißt, dass alle Marktteilnehmer seit diesem Zeitpunkt die WiM-Prozesse in elektronischer Form unterstützen müssen (WiM steht für Wechselprozesse im Messwesen).

Das Einsatzszenario

Die Beschlüsse der Bundesnetzagentur wirken sich insbesondere auf die kleineren Verteilnetzbetreiber wie Stadtwerke und Verbandsgemeindewerke aus. Diese haben erst einmal keinen Vorteil aus der Marktliberalisierung, müssen aber dafür sorgen, dass alle Messstellendienstleister und Messstellenbetreiber den gleichen Zugang zum Netz erhalten und alle Prozesse fristgerecht abgewickelt werden. Sie werden also de facto gezwungen, in ihre Infrastruktur zu investieren, um den gesetzlichen Verpflichtungen nachzukommen. Erschwerend kommt hinzu, dass die Folgen der Marktliberalisierung nur schwer zu prognostizieren sind.

Zwar ist mittelfristig durchaus von erhöhten Transaktionsvolumina auszugehen, allerdings ist derzeit nicht abzusehen, wie schnell die Transaktionsvolumina tatsächlich ansteigen werden und wie viel Zeit den Verteilnetzbetreibern bleibt, sich auf die veränderte Situation einzustellen und ihre Infrastruktur aufzurüsten. Die Messstellendienstleister und Messstellenbetreiber stehen vor einer ähnlichen Investitionshürde. Sie treten am Markt neu auf und müssen als Grundvoraussetzung alle WiM-Prozesse elektronisch unterstützen, bevor sie überhaupt in den Markt eintreten können. Dabei ist ungewiss, inwieweit das neue Geschäftsmodell tragen wird.

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Die Cloud-Lösung

WiM Cloud Services von Seeburger.
WiM Cloud Services von Seeburger.
Foto: Seeburger

Diese Investitionshürde will Seeburger mit seinen WiM Cloud Services senken. Unternehmen aus der Energiewirtschaft sollen damit WiM-Prozesse für alle Marktrollen abdecken können. Mit diesem Cloud-Angebot steht den drei Marktrollen Verteilnetzbetreiber, Messstellendienstleister und Messstellenbetreiber eine Cloud-basierte Lösung zur Verfügung, mit der alle gesetzlichen Anforderungen der Bundesnetzagentur erfüllt werden. Im Leistungsumfang der WiM Cloud Services ist die regelmäßige Anpassung der WiM-Prozesse an die sich in einem Sechs-Monats-Rhythmus ändernden gesetzlichen Anforderungen mit enthalten. Die Services sind monatlich kündbar. Mit Pay-per-Use bezahlen die Kunden einen monatlichen Nutzungspreis auf Basis anfallender Transaktionen. Der ISO-zertifizierte Managed-Service Betrieb der Lösung erfolgt in drei gesicherten Seeburger-Rechenzentren im Großraum Karlsruhe.

Das Projekt wurde innerhalb von Seeburger durch die Business Unit "Utilities" initiiert. Mit der Voltaris GmbH fand sich ein Partner, welcher als zentraler Dienstleister für seine Kunden - überwiegend kleine Verteilnetzbetreiber beziehungsweise Stadtwerke - fungiert und eine Lösung für diese suchte. Derzeit nutzen neben Voltaris insgesamt fast 90 Kunden, überwiegend Verteilnetzbetreiber, aber auch Messtellenbetreiber und Messdienstleister die Cloud-Lösung.

Das Projekt wurde von April 2011 bis Juni 2012 für die WiM-Prozesse abgewickelt. Die Prozesse für die Marktrolle "Verteilnetzbetreiber" standen zum Oktober 2011 bereit und für die Marktrolle "wettbewerblicher Messstellenbetreiber/Messdienstleister" zum Juni 2012. Das Gesamt-Projekt Utilities Cloud wird sukzessive um weitere Prozesse ergänzt. Nächster Schritt sind die Wechselprozesse für Einspeiser, die ab Oktober 2013 gelten. Die Entwicklung des Gesamtsystems soll zum Oktober 2014 abgeschlossen werden.

Die Technik

Die WiM Cloud Services wurden als interaktive Webanwendung (Rich Client) auf Basis Ext-JS (mittlerweile Sencha) als clientseitiges JavaScript beziehungsweise Ajax-Framework nach dem Java-EE-Standard realisiert. Als Anwendungsserver kommt der JBoss Application Server mit Tomcat und vorgeschaltetem Apache Web-Server zum Einsatz. Das ganze basiert auf einem Datenbank-System von Oracle. Der eigene Seeburger Business Integration Server (BIS) fungiert dabei als Kommunikationsgateway.

Von externen Marktteilnehmern an die WiM Cloud Services versandte EDIFACT-Nachrichten werden vom BIS zunächst nach XML konvertiert und anschließend per JMS an die WiM Cloud Services-Applikation übergeben und von dieser importiert. Als XML-Schnittstelle dient dabei ein von Seeburger konzipiertes generisches Format, welches dazu geeignet ist, alle eingehenden EDIFACT-Nachrichten in einer einheitlichen XML-Struktur abzubilden. Dieses generische Format wurde gewählt, um künftige gesetzliche Änderungen der Anforderungen an die WiM-Prozesse kurzfristig umsetzen zu können. Der Export (Versand) von Nachrichten aus den WiM Cloud Services heraus erfolgt über dieselbe XML-Schnittstelle. Die ausgehenden XML-Nachrichten werden anschließend vom BIS nach EDIFACT konvertiert und an die Empfänger weitergeleitet.

WiM Cloud Services von Seeburger.
WiM Cloud Services von Seeburger.
Foto: Seeburger

Die Architektur der WiM Cloud Services orientiert sich im Wesentlichen an der zentralen Forderung, dass in Zukunft gesetzliche Änderungen der Anforderungen an die WiM-Prozesse ohne großen Implementierungsaufwand weitgehend auf dem Wege der Konfiguration umsetzbar sein sollen. Vor diesem Hintergrund entschied man sich, sämtliche Manipulationen an den ausgetauschten WiM-Prozessteilschritten über einen konfigurierbaren zentralen Datencontainer, das WiM Value Object, abzuwickeln. Dieses WiM Value Object hat Zugriff auf Konfigurationsinformationen, die jeweils regeln, welche Daten für einen bestimmten WiM-Prozessteilschritt relevant sind. Insofern weiß das WiM Value Object, welche Felder für einen bestimmten WiM-Prozessteilschritt im User Interface lediglich angezeigt werden sollen, welche Felder editierbar sein müssen, beziehungsweise welche Werte für ein bestimmtes Feld ausgewählt werden können.

Der Business-Nutzen

Durch die Bereitstellung aller Funktionalitäten als Service entstehen für den Kunden weder Investitionskosten für Lizenzen und Infrastruktur noch laufende Kosten für Wartung und Anpassungen an sich ändernde gesetzliche Anforderungen oder für die Schulung des Personals. Die Verteilnetzbetreiber gewinnen durch dieses Angebot primär Zeit und Planungssicherheit. Die beteiligten Unternehmen können die Auswirkungen der Marktliberalisierung zunächst erst einmal beobachten. Steigt das Transaktionsvolumen der WiM-Prozesse mittelfristig stark an, so werden die größeren Verteilnetzbetreiber vermutlich dazu tendieren, in ihre eigene Infrastruktur zu investieren. Diese Investitionen lassen sich dann allerdings durch die genaue Kenntnis des Nachrichtenaufkommens exakter kalkulieren. Bleibt das Transaktionsvolumen der WiM-Prozesse hingegen mittelfristig gering, so werden sich die Verteilnetzbetreiber eher dauerhaft für die Nutzung der WiM Cloud Services entscheiden.

Für die Messstellendienstleister und Messstellenbetreiber senken die WiM Cloud Services die Markteintrittsbarriere. Beide Marktpartnerrollen ersparen sich die Investition in den Aufbau einer Infrastruktur für den elektronischen Austausch der WiM-Prozesse und können sich stattdessen direkt auf ihr Kerngeschäft und die Planung des Markteintritts konzentrieren. Auf der Kostenseite fällt der monatliche Nutzungspreis der WiM Cloud Services auf Basis anfallender Transaktionen an.

Als Dienstleister fungiert Voltaris hauptsächlich als Partner für kleine Verteilnetzbetreiber beziehungsweise Stadtwerke. Gerade die kleineren Kunden profitierten eigenen Angaben zufolge stark von dem Cloud-Angebot. Beispielsweise müsse ein kleines Stadtwerk wie Bretten mit 25.000 Einwohnern zirka 500 Euro pro Monat für die Nutzung der WiM Cloud Services bezahlen. Die Investitionskosten für den Erwerb einer entsprechenden Softwarelösung hingegen hätten sich auf mindestens 20.000 Euro belaufen, nicht mit eingerechnet die Implementierungsaufwände. Darüber hinaus müsste die Software alle sechs Monate an die sich ändernden gesetzlichen Anforderungen angepasst und neu getestet werden, was zusätzliche Kosten verursachen würde. Durch die monatliche Kündigungsfrist der Cloud-Lösung ist es für die Kunden auch möglich eigene Lösungen zu implementieren und dann flexibel auf diese zu wechseln.