Online-Store der Walter AG nimmt den Betrieb auf

Werkzeuge im Internet

13.07.2001
Mit einem neu implementierten Online-Store will die Walter AG ihren Kunden den Einkauf erleichtern. Das Projekt ist Teil der unternehmensweiten SAP-Einführung. Von CW-Mitarbeiter Jan Schulze

Im Rahmen der Umstellung seiner Unternehmens-IT auf eine einheitliche SAP-Plattform hat der Werkzeug- und Maschinenhersteller Walter AG vor wenigen Tagen einen Web-Shop für Kunden und Händler live geschaltet. Vorerst steht der Store den Einkäufern in Deutschland zur Verfügung und beschränkt sich auf Standardwerkzeuge für die Metallverarbeitung.

Bereits vor zwei Jahren begann Walter, für die englische Niederlassung ein Shop-System zu entwickeln. "Wir haben aber relativ schnell bemerkt, dass uns regionale Web-Lösungen nicht weiterbringen", erinnert sich Wolfgang Schimpf, IT-Teamleiter für Vertrieb und Finanzen. Das Problem: Die Tübinger Zentrale und die mehr als 20 Auslandsniederlassungen setzen unterschiedliche Produktionsplanungs- und Steuerungssysteme (PPS) ein, die die notwendigen Daten für den Web-Store bereitstellen sollen. Die zentrale Pflege der Stammdaten findet in der Firmenzentrale statt.

Bis jetzt müssen alle Daten auf die Systeme der Auslandstöchter verteilt werden. Für Schimpf ein unbefriedigender Zustand, schließlich sei die Walter AG für die Zentralisierung prädestiniert: Weltweit werde eine einheitliche Produktpalette angeboten. Das Unternehmen entschied sich deswegen, international auf ein einheitliches und weitgehend zentralisiertes SAP-System zu migrieren. Der Online-Store ist ein Teilprojekt dieser Strategie und wurde auf SAP-Standardsoftware realisiert.

Ein Problem bei allen neu eingeführten E-Commerce-Lösungen ist die Akzeptanz durch die Kunden. Diese müssen bereit sein, ihre gewohnten Einkaufsprozesse auf das neue System umzustellen. Um für Kunden und Händler Anreize zu schaffen, hat Walter den Standard-Store um einige zusätzliche Merkmale ergänzt, die den Kunden die Beschaffung erleichtern sollen. Mit der Erweiterung beauftragte das Unternehmen die Orbis AG.

Online vertreibt Walter zirka 14000 Standardwerkzeuge zur Metallbearbeitung. Abnehmer sind Industrieunternehmen und Zwischenhändler. Zur leichteren Navigation durch das große Sortiment wurden die Werkzeuge hierarchisch nach der Anwendungsart sortiert. Ein Kunde startet beispielsweise im Bereich Fräsen und gelangt über die verschiedenen Merkmale einer Werkzeugart zum gesuchten Artikel.

Häufig benötigen die Einkäufer aus der Industrie in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen die gleichen Werkzeuge für bestimmte Maschinen oder Bearbeitungszentren. Um wiederkehrende Bestellungen zu erleichtern, stehen im Online-Store fest konfigurierbare Warenkörbe zur Verfügung. Jeder Kunde kann beliebig viele dieser "Baskets" anlegen, etwa einen für jede Abteilung oder jede Maschine. Dadurch muss ein Einkäufer nicht bei jeder Bestellung erneut die einzelnen Werkzeuge zusammentragen. Eine weitere Möglichkeit ist der "Favoritenwarenkorb", in dem die Produkte hinterlegt sind, die ein Kunde häufig ordert.

Daneben gibt es noch den "Active Basket": Der Einkäufer bekommt per E-Mail einen direkten Link zu "seinem" Warenkorb, den er ohne viel Zeitverlust direkt aufrufen kann. Ein weiteres Zusatzmerkmal: Alle Warenkörbe werden während des Bestellvorgangs gesichert. Bricht die Online-Verbindung zwischendurch ab, kann der Einkäufer über den "Backup Basket" ohne Datenverlust wieder an die unterbrochene Sitzung anknüpfen.

Kunden sollen einfacher einkaufen

Ein Ziel der Walter AG ist es, dass die Kunden schneller einkaufen können. Dazu soll die Werkzeugbestellung teilweise von der Einkaufsabteilung eines Unternehmens in die Produktion verlagert werden. Eine Order kann demnach zum Beispiel direkt vom Meister vorgenommen werden, der das Werkzeug in seiner Abteilung benötigt. Damit sollen längere Standzeiten der Maschinen vermieden werden, erläutert Schimpf. Wenn ein Bearbeitungszentrum wegen eines fehlenden Werkzeuges, das nur ein paar Mark kostet, stehe, so sei das in keinem Verhältnis zu den durch den Ausfall entstehenden Kosten. "Deshalb haben wir in den Store eine Administratorfunktion eingebaut." Wird ein Kunde für den Web-Store freigeschaltet, hinterlege Walter alle bekannten Kontakte mit Namen und Lieferadresse. Der Administrator beim Kunden habe dann die Möglichkeit, selbst diese Liste zu editieren und Datensätze für Personen anzulegen oder zu löschen, erläutert Schimpf. Dieses Prinzip solle noch weiter ausgebaut werden. Geplant sei, "noch eine Art Kreditlimitprüfung" für jeden Bestellberechtigten zu hinterlegen.

Um den unterschiedlichen Anforderungen der Benutzer gerecht zu werden, erhält jeder Kunde personalisierte Daten. Kunden sehen ihre individuellen Preise und Rabatte sowie die Verfügbarkeit der Artikel. Die Händler und Außendienstmitarbeiter von Walter können außerdem über den Store die genauen Lagerbestände einzelner Werkzeuge abfragen. Für Schimpf ist das auch ein Grund, die unternehmensweite SAP-Einführung voranzutreiben. Die jetzige PPS-Lösung sei nur rund 14 Stunden täglich verfügbar, danach werde im Batch-Betrieb gearbeitet. Durch die Zeitverschiebung hätten die Tochtergesellschaften in den USA und Asien kaum echte Zugriffsmöglichkeiten auf die Lagerbestände, so Schimpf. Das neue System solle auch dieses Problem beseitigen.

Sukzessiver Ausbau geplant

Das Unternehmen möchte den Store sukzessive ausbauen. Geplant ist, die Lösung an die ERP-Systeme der Kunden anzubinden, damit die Einkäufer ihre Bestelldaten nicht doppelt erfassen müssen. "One-Step-Business" über EDI, XML oder eine andere Schnittstelle wird "mit Sicherheit einer der nächsten Schritte sein, damit wir eine komplette B-to-B-Lösung haben". Außerdem soll der Online-Store in allen Ländern, in denen das Unternehmen aktiv ist, eingesetzt werden.

Für das Unternehmen steht der Return on Investment bei diesem Projekt nicht im Vordergrund. Peter Schneck, CIO der Walter AG: "Das Ganze ist für uns mehr ein Zukunftsprojekt." Innerhalb der Migration auf SAP sei der Store eine "kleine Einflussgröße." Die gesamte Investition für die nächsten fünf bis sieben Jahre liege bei zirka 20 Millionen Mark, so Schneck. Davon seien 250000 bis 300000 Mark für den Store geplant. Hier fielen fast nur Dienstleistungskosten an, da die Server und anderes primär als Infrastruktur für die SAP-Einführung dienen.

Das Unternehmen

Der Werkzeug- und Maschinenbauer Walter AG hat seinen Stammsitz in Tübingen. Weltweit unterhält das Unternehmen über 20 Niederlassungen. In Deutschland beschäftigt Walter zirka 1000 Mitarbeiter, weitere 900 arbeiten in den Auslandsfilialen. Für 2000 gibt das Unternehmen einen Umsatz von rund 520 Millionen Mark an. Neben Standardwerkzeugen fertigt Walter auch Spezialwerkzeuge und stellt CNC-Schleif- und Messmaschinen her. Ferner vermarkten die Tübinger ein Programm zur Werkzeugverwaltung.