Wenn Einsteiger als Projekt-Manager agieren

11.04.2002
Von Melanie Stagg
Ein Praktikum macht sich nicht nur gut im Lebenslauf, sondern ist für Studenten die ideale Chance, einen Arbeitgeber zwei oder mehr Monate lang zu testen. Ehemalige Kurzarbeiter erzählen, wie es ihnen ergangen ist.

Obwohl sein Praktikum bei Procter und Gamble bereits fast ein Jahr zurückliegt, spürt man die Begeisterung von Markus Dold immer noch ganz deutlich, wenn er von seinem zweimonatigen Aufenthalt beim Schwalbacher Konsumgüterhersteller spricht. Der 24-jährige BWL-Student aus Stuttgart-Hohenheim hatte von seiner Vorgesetzten aus einem vorherigen Ferienjob erfahren, dass Procter und Gamble anspruchsvolle Praktikantenplätze zur Verfügung stellt. Daraufhin schickte er eine Initiativbewerbung los und wurde auch prompt zum Bewerbungsverfahren in Schwalbach eingeladen. Dazu gehörten ein Vorstellungsgespräch mit zwei Mitarbeitern aus der IT-Abteilung am Vormittag, ein schriftlicher Test und anschließend ein weiteres Interview.

Wählerischer Arbeitgeber

Dold wunderte sich über den großen Aufwand, den die Firma bei der Auswahl ihrer Praktikanten betrieb. Er war an diesem Tag der einzige Bewerber und hatte in der ganzen Zeit zwischen den Gesprächen und dem Test einen Betreuer, der ihm das Firmengelände zeigte und Wissenswertes über die Firma und die Stadt Frankfurt am Main erzählte, in der er für acht Wochen leben würde. Das umfangreiche Bewerbungsprogramm zahlte sich aus: Dold wurde für ein Praktikum in der Abteilung "Partners for Growth" verpflichtet und konnte sich sofort in Frankfurt auf Wohnungssuche begeben.

Der erste Arbeitstag ist ihm positiv in Erinnerung geblieben:"Ich war von der guten Betreuung und der ausgefeilten Organisation überrascht. Zunächst empfing mich eine Mitarbeiterin aus der Personalabteilung, um die wichtigsten Formalitäten zu erledigen", erzählt er. Anschließend stellte sich Felix Heller als sein neuer Chef vor und erklärte ihm, was in den nächsten Wochen auf ihn zukommen würde. Gefragt war ein gutes Projekt-Management: Dold bekam ein Projekt zugeteilt, das er selbst organisieren, ausführen und am Ende präsentieren sollte. Es handelte sich dabei um eine firmeninterne Marktstudie "New Economy" über Internet-Portale und Startups.

Seine Aufgabe bestand darin, für Procter und Gamble solche Web-Seiten aus dem Internet herauszufiltern, die für strategische Kooperationen in Frage kämen. Der Kern der Zusammenarbeit sollte letztendlich darin bestehen, dass Procter und Gamble Inhalte liefert und im Gegenzug auf der jeweiligen Web-Seite als strategischer Partner ausgewiesen wird. Die Organisation seines Projektes blieb ihm dabei selbst überlassen. Zwar gab es tägliche Absprachen zwischen Dold und seinem Chef, aber der Praktikant war zum Projekt-Manager aufgestiegen.

Seine Kollegen verschafften ihm wichtige Kontakte zu anderen Firmenmitarbeitern oder zu Informationen, die für seine Arbeit erforderlich waren. "Die Treffen mit den Ansprechpartnern organisierte ich dann selbst. Dadurch lernte ich auch sehr schnell weitere Mitarbeiter aus anderen Abteilungen und deren Aufgaben kennen", erinnert sich der BWL-Student, der im Nebenfach Wirtschaftsinformatik studiert.

Präsentation in der Chefetage

Die zwei Monate in Schwalbach gingen schnell vorüber. Schließlich stellte Dold die Projektergebnisse seinem Vorgesetzten, den Mitgliedern von Partners for Growth und sogar dem Vorsitzenden der Geschäftsführung Rainer Bastian vor. "Aus der Präsentation ergaben sich interessante Diskussionen; ich musste begründen, warum ich welche Web-Seite ausgewählt hatte und welchen Wert eine Partnerschaft für Procter und Gamble hätte", erinnert er sich. "Jedenfalls ist es ein sehr befriedigendes Gefühl zu wissen, dass die von mir erarbeiteten Ergebnisse nicht in irgendeiner Schublade verstauben, sondern operativ umgesetzt werden."

Dolds Engagement während der acht Wochen hat nicht nur dem Unternehmen, sondern auch dem Praktikanten selbst genutzt. "Vor allem meine Selbständigkeit konnte ich im Rahmen dieses Praktikums sehr fördern. Außerdem habe ich gelernt, wie man gute Präsentationen macht und Kollegen gegenüber argumentiert", zieht er seine Schlüsse. Zu den meisten seiner Kollegen steht Dold noch in regem Kontakt, und in Procter und Gamble sieht er eine erste Wahl für seine künftigen Bewerbungen. Die strenge Auswahl der Praktikanten stellt jedenfalls ziemlich sicher, dass Firma und Mitarbeiter gut zusammenpassen; so können Enttäuschungen für beide Seiten vermieden werden.

Procter & Gamble Sulzbacher Straße 40
65823 Schwalbach, 
Ansprechpartner für Bewerber im Bereich IT: Oliver Müller
Telefon: 061 96/89-4643
E-Mail: mueller.o@pg.com
Ansprechpartner für Praktika in anderen Fachabteilungen: Recruiting-Hotline, Telefon: 061 96/89-4843
E-Mail: recgermany. im@pg.com
Anzahl der Praktikantenplätze pro Jahr: 100, davon zehn im Bereich IT

Beta Research

In seinem Labor zwischen Computern, D-Boxen und vielen Kabeln fühlt sich Roland S.* am wohlsten. Im Konferenzzimmer zeigte sich der 25-jährige Nachrichtentechniker noch ein wenig zurückhaltend, aber vielleicht lag das auch an der für ihn ungewohnten Arbeitsumgebung. Sein Reich sind die Testlabors von Beta Research, wo die Produkte des Unternehmens geprüft und freigegeben werden. Roland S. studierte an der Fachhochschule Schmalkalden Nachrichtentechnik und ist seit Mai vergangenen Jahres im Rahmen seiner Diplomarbeit bei der Münchner Forschungs- und Entwicklungsgesellschaft tätig.

"Ich habe mich schon immer für digitales Fernsehen interessiert", erzählt der Absolvent, "und die auf den Web-Seiten beschriebenen Tätigkeitsfelder von Beta Research haben mich sehr angesprochen." So schickte er eine Initiativbewerbung an das Unternehmen in der Hoffnung, ein Thema für seine Diplomarbeit zu bekommen.

Keine Übernahmegarantie

Der Leiter der Testabteilung interessierte sich für Rolands theoretische Kenntnisse aus dem Studium und schlug ihm vor, eine Testumgebung zur Untersuchung der Leistung des Demultiplexer der D-Box 2 aufzubauen. Zunächst war der junge Nachrichtentechniker noch recht ahnungslos, was sich hinter dem Thema verbergen sollte. "Die D-Box 2 ist ein Decoder, mit dem unverschlüsselte und mit Betacrypt verschlüsselte TV-Programme - digitale Pay- und Free-TV - empfangen und interaktive TV-Anwendungen dargestellt werden können.

Der Demultiplexer ist eine in die D-Box integrierte Hardware, die aus dem komplexen Datenstrom die ursprünglichen Signalbestandteile (Audio, Video, Daten) wieder zurückgewinnt", erklärt der 25-Jährige. Eine permanente Betreuung der Diplomanden durch einen fachkundigen Mitarbeiter, Gleitzeit, Anspruch auf Urlaub, ein eigener Arbeitsplatz, Subventionierung der Kantinenverpflegung, kostenloser Kaffee und eine gute Bezahlung (damit konnte sich der Diplomand eine Wohnung im teuren München finanzieren) sind bei Beta Research selbstverständlich.

Dafür verpflichtet man sich zu einer 40-Stunden-Woche und optimalen Leistungseinsatz. "Wer während seiner Diplomarbeit ein halbes Jahr lang nichts tut, wird auch nicht übernommen. Für engagierte Diplomanden stehen dagegen die Chancen sehr gut", weiß Roland S. aus eigener Erfahrung. Bei einer zweitägigen Einführungsveranstaltung lernte er Unternehmen, Philosophie und Produkte kennen. Später stellte ihm sein Betreuer die neuen Kollegen vor. "Der Kontakt zu den anderen Mitarbeitern ist sehr gut. Wir organisieren auch mal abends Grillpartys und andere Unternehmungen", erzählt Roland S.

Neben seiner Haupttätigkeit - dem Programmieren - blieb ihm aber auch genug Zeit für Literaturrecherche. "Ich hatte sogar ein eigenes Budget und bekam alles, was ich für meine Arbeit brauchte: Bücher, Hardware und weitere Gegenstände für die Laboreinrichtung." Jedenfalls hat sich für den Nachrichtentechniker die lange Suche nach einer Wohnung in München beruflich gelohnt, da ihn Beta Research als Festangestellten übernahm.

*Beta Research nennt nicht die vollständigen Namen seiner Mitarbeiter.

Beta Research Gesellschaft für Entwicklung und Vermarktung digitaler Infrastrukturen
Betastraße 5
85774 Unterföhring 
Ansprechpartner für Bewerber: Agnieszka KargerT
Telefon: 089/9956-7092
E-Mail: agnieszka_karger@betaresearch.de 
Anzahl der Praktikanten/Diplomanden 2001: 17