Untersuchung 500 deutscher Industrie- und Handelsunternehmen (I)

Web-Präsenz der Firmen läßt zu wünschen übrig

19.09.1997

Die Untersuchung verfolgte klare Ziele. So sollte nicht nur herausgefunden werden, ob Unternehmen überhaupt in Richtung Internet aktiv sind, sondern man wollte vielmehr auch Klarheit über folgende Fragen gewinnen: In welchem Umfang erscheinen verschiedene Informationen, wie aktuell sind sie, wie übersichtlich werden sie dargeboten und welche Technik kommt bei der Präsentation zum Einsatz?

Lediglich 51 Prozent der untersuchten Unternehmen engagieren sich überhaupt im Internet, eine eigene Website besitzen sogar nur 39 Prozent. Bei neun Prozent existiert eine Web-Site der Konzernmuttergesellschaft, die auf das Angebot der Tochter hinweist. Weitere elf Prozent der untersuchten Unternehmen haben sich immerhin eine Internet-Adresse reservieren lassen, planen also zumindest einen Web-Auftritt. Drei Prozent der Unternehmen sind zwar im Internet vertreten, ihr Internet-Server war aber in dem dreimonatigen Untersuchungszeitraum konstant nicht erreichbar. Dies läßt darauf schließen, daß nach wie vor einige technische Probleme dieses Mediums ungelöst sind.

Auch im Hinblick auf die im Internet dargebotenen Informationen besteht noch Nachholbedarf. Sowohl Unternehmens- als auch Produkt- und Zusatzinformationen werden in der Studie als allenfalls durchschnittlich bewertet. Produktinformationen finden sich dabei am häufigsten: Immerhin 40 Prozent der im Internet vertretenen Unternehmen bieten hier ausführliches bis ausgezeichnetes Material. Mit 35 Prozent sind auch Unternehmensinformationen noch relativ gut vertreten. Darüber hinausgehende Angebote, die eine Web-Site in vielen Fällen erst wirklich attraktiv machen würden, finden sich allerdings nur in wenigen Fällen. Lediglich vier Prozent der Unternehmen präsentieren sehr ausführliche, 18 Prozent ausführliche Informationen.

Die Aktualität der untersuchten Web-Sites ist durchaus positiv zu beurteilen: Lediglich zwei Prozent der untersuchten Firmen-Homepages wiesen veraltetete Inhalte auf. Bei zwölf Prozent der Web-Sites war die Aktualität nicht ermittelbar, da sie keine zeitbezogenen Informationen enthielten. Aber immerhin 86 Prozent der im Internet vertre- tenen Unternehmen warten mit monatlich oder gar tagesaktu- ellen News auf. Einige Firmen spielen Nachichten, beispiels- weise Börsenkurse, sogar jede Minute ein.

Wenig Anlaß zur Begeisterung gab dagegen die zur Präsentation der Inhalte eingesetzte Technik. Mehr als drei Viertel der im Internet vertretenen deutschen Top-500-Firmen setzen noch auf Standardtechnik, also Textseiten mit einigen eingestreuten Grafiken und Bildern. Grafisch anspruchsvollere Features, etwa Animationen, sind bei nur zehn Prozent der Unternehmen zu sehen. Wirklich interaktive Elemente, beispielsweise in Form einer Datenbankanbindung, finden sich nur bei sieben Prozent.

Insgesamt weisen die Ergebnisse darauf hin, daß das wirkliche Potential des Mediums Internet immer unterschätzt wird. Kaum eine der untersuchten Firmen nutzt das Netz, um die Kommunikation mit Kunden, Lieferanten und anderen Geschäftspartnern auf eine andere Ebene zu heben und so Qualitäts- und Effizienzvorteilen zu erreichen.

Mehr noch als die eingesetzte Technik gab die Strukturierung der Web-Sites Anlaß zu Kritik. Über die Hälfte der untersuchten Firmen-Homepages wies hier Defizite aus. Obwohl die restliche Zahl der Web-Sites positiv beurteilt wurde, zeigen diese Zahlen doch, daß in vielen Fällen Bedienerfreundlichkeit oder Ergonomie ignoriert werden. Dies wiederum bremst die Akzeptanz des Mediums Internet bei technisch weniger versierten Zielgruppen.

Gerade mit Blick auf die USA oder Länder im skandinavischen Raum läßt sich feststellen, daß in Deutschland offensichtlich nach wie vor Nachholbedarf in Sachen Internet besteht. Einerseits fehlt es noch an der breiten Nutzung, zum anderen tragen die Web-Auftritte der Firmen mit ihren gestalterischen und technischen Mängeln kaum zu einer gesteigerten Akzeptanz bei. Besonders die Entwicklung übersichtlicher, intuitiv navigierbarer Firmen- Homepages, aber auch der Einsatz fortschrittlicher Technik, die interaktive Geschäftsvorgänge erst möglich macht, wird noch vernachlässigt.

Für alle Unternehmen, die das Internet nicht nur als weiteres Werbemedium, sondern als strategisches Werkzeug zur Sicherung von Wettbewerbsvorteilen verstehen, besteht Handlungsbedarf. Will Deutschland nicht den internationalen Anschluß verlieren, müssen weitere Investitionen in Internet-Anwendungen getätigt werden - nur so läßt sich der Nutzen auch erzielen.

In der nächsten Ausgabe der COMPUTERWOCHE folgt der zweite Teil dieses Beitrags. Der Autor schlüsselt darin die Ana- lyse der deutschen Unternehmens-Web-Sites nach Branchen auf.

* Michael Rebstock ist Professor für Betriebswirtschaftslehre und betriebswirtschaftliche Informationsverarbeitung an der Fachhochschule Darmstadt sowie Gesellschafter der IMIC GmbH Electronic Business Consultants Darmstadt.