Vor- und Nachteile verschiedener Varianten Fundiertes DV-Controlling als Voraussetzung fuer Outsourcing Von Wolfgang Haschke*

13.08.1993

* Wolfgang Haschke ist geschaeftsfuehrender Gesellschafter der EDV- Controlling Unternehmensberatung (ECU) GmbH, Heppenheim.

Damit Outsourcing kein grosses Buzzword bleibt, bedarf es genauer Definitionen der verschiedenen Auslagerungsvarianten. Um deren Vor- und Nachteile sowie Kostenaspekte zu klaeren, muessen Controlling- und Revisionsmethoden Anwendung finden. Im folgenden werden speziell die Zusammenhaenge mit dem DV-Controlling beleuchtet.

Beim Outsourcing des System-Managements (SM) ist die Abhaengigkeit vom Dienstleistungsunternehmen am staerksten. Anders als bei der Auslagerung des Facilities Managements (FM) wird in diesem Fall auch die strategische IV-Planung, die Software- und Hardware- Auswahl komplett nach aussen abgegeben. Es entfaellt hier das unternehmenseigene IV- beziehungsweise DV-Controlling mit der lang- bis mittelfristigen Planung der Software und der dazu erforderlichen Hardware, abgeleitet aus den Unternehmenszielen. Der SM-Anbieter uebernimmt dafuer die Ausrichtung der IV an diesen Vorgaben.

Wenn aber das gesamte Personal des IV-Controllings und der IV nicht mehr im eigenen Unternehmen vorhanden ist, muessen die Vorschlaege des Outsourcing-Unternehmens ohne fachliche Ueberpruefung hingenommen werden. Jede Software- und Hardware-Entscheidung, jeder Entschluss zu neuen IV-Technologien werden vorgegeben und muessen unkritisch akzeptiert werden. Dieser Verlust an Planung, Steuerung und Kontrolle ist finanziell nicht bewertbar. Es fehlen noch Vergleichszahlen ueber andere SM-Loesungen. Der Entscheid fuer SM-Outsourcing ist kaum noch zu revidieren, und die gesamte Wirtschaftlichkeit der SM-Loesung kann nur sehr subjektiv von den einzelnen Unternehmen bewertet werden.

Einen zukunftstraechtigen Sonderfall stellt das Inhouse- Outsourcing dar: Dienstleistungsuebernahme des Rechenzentrumsbetriebs (bisher am haeufigsten angewandt), aber auch der kompletten IV (FM und SM) durch eine unternehmenseigene Tochtergesellschaft im Sinne einer Ausgliederung statt Auslagerung der IV-Aktivitaeten an einen fremden Dritten.

Voraussetzungen fuer Inhouse-Outsourcing sind:

- Mengen- und Synergieeffekte durch Ausweitung der Hardware- und Personalleistungen, also Konzentration der IV durch Versorgung aller Konzerngesellschaften und moeglichst noch Leistungsausweitung auf dem Markt.

- Die Geschaeftspolitik des Beteiligungsunternehmens muss von der Muttergesellschaft dominant mitbestimmt werden koennen.

Von ihr ist zu entscheiden, ob die Leistungen der IV- Tochtergesellschaft ausschliesslich dem Konzern angeboten oder ob sie zusaetzlich am freien Markt vertrieben werden sollen, um ein wirtschaftliches Arbeiten als Outsourcing-Anbieter gewaehrleisten zu koennen.

- Es sollte eine Preisdifferenz zwischen allen zu verrechnenden Leistungen an das Stammhaus zu Selbstkosten und einem Gewinnzuschlag an Fremde (Marktkunden) bestehen.

Inhouse-Outsourcing bietet folgende Vorteile:

- Weil die eigene IV-Tochtergesellschaft ein beherrschbares Beteiligungsunternehmen ist, entfaellt die Abhaengigkeit von einem Fremdanbieter betreffend Termine, Datensicherheit und Datenschutz.

- Der Geschaeftsfuehrer der Dienstleistungs-Tochtergesellschaft kann in der Regel, ohne die Richtlinien der Muttergesellschaft beachten zu muessen, die Gehaelter fuer sein Personal wie am Markt ueblich bezahlen. Damit kann er die Personalfluktuation besser in Grenzen halten.

- Die fuer die Muttergesellschaft und gegebenenfalls ihre weiteren Tochtergesellschaften erstellten Programme zaehlen als Fremdsoftware und koennen deshalb abgeschrieben (aktiviertwerden.

Als Nachteile stehen dem gegenueber:

- Grundsaetzlich kann der Konzern verschiedene Unternehmensziele verfolgen, was bei der Software die Schnittstellen-Problematik vergroessert.

- Die effiziente Implementierung der Dienstleistungen erfordert einen nicht geringen Koordinierungsbedarf zentral oder dezentral beim Anwender.

Die Entscheidung fuer eine Outsourcing-Variante kann nur die Unternehmensleitung selbst treffen.

Bekannt sein muessen dazu:

- Unternehmensziele der IV,

- saemtlichen derzeitigen und geplante IV-Anwendungen,

- die eigenen Ressourcen an Personal und Hardware,

- die IV-Kosten und -Leistungen,

- die Marktangebote an Outsourcing und Erfahrungen anderer Unternehmen mit Auslagerungen,

- der langfristige wirtschaftliche und strategische Nutzen des Outsourcings.

Der Dienstleistungsanbieter muss ein sehr hohes Vertrauen in Kompetenz, Diskretion, Verarbeitungssicherheit und Kontinuitaet seiner Leistungen beziehungsweise Geschaeftstaetigkeit verdienen. Ein Stamm an hochqualifizierten Mitarbeitern zum Beispiel aus dem Benutzerservice muss im Unternehmen verbleiben, um die Kommunikation der Anwender mit dem Dienstleistungsunternehmen herzustellen, zu koordinieren und besonders effizient zu gestalten.

Der Unternehmensleitung sind als Entscheidungsunterlagen detaillierte Kosten-Nutzen-Analysen von Eigen- und Fremdleistung bei der IV vorzulegen.

Wenig geeignet ist hierzu die IV-Instanz (Org./DV-Bereichselbst, weil ihr Leiter verstaendlicherweise nicht gern seinen eigenen Arbeitsplatz verlieren moechte. Vielmehr ist es am besten, mit der Entscheidungsvorbereitung - Outsourcing-Anwendung ja oder nein - nur das interessenneutrale DV-Controlling zu beauftragen.

Es ist also ein fundiertes DV-Controlling notwendig mit Kenntnissen des Bedarfs an Software, Hardware und Personal. Wenn - wie leider bei vielen Unternehmen der Fall - noch kein DV- Controlling vorhanden ist, muss diese Aufgabe die DV-Revision in Form eines Revisionsauftrages uebernehmen.

Beim Outsourcing-SM-Fall wird allerdings auch die strategische IV-Planung komplett an ein Dienstleistungsunternehmen uebertragen. Dies duerfte dann nach der Entscheidungsvorbereitung das Aus fuer das eigene DV-Controlling bedeuten.

Zusammengefasst kann Outsourcing vor allem von Rechenzentrumsbetrieb, FM und SM folgende Vorteile fuer ein Unternehmen bieten:

- exakt bestimm- und nachvollziehbare IV-Kosten,

- Einsparungen infolge Effizienzsteigerung beim Dienstleistungsunternehmen wegen besserer personeller Leistungen in kuerzerer Zeit, bessere Auslastung der Hardware etc.,

- Loesung von Personalproblemen,

- Aufloesung von Anwendungsstaus bei der Software-Erstellung und - pflege,

- bis zu einem gewuenschten Grad Reduzierung des Anspruchsdenkens der Anwender sowie

- Unabhaengigkeit von Software- und Hardwareherstellern

Risiken und Gefahrenpotentiale lassen sich durch vertragliche Regelungen an das Dienstleistungsunternehmen weiterreichen.

Die IV-Leiter sind verstaendlicherweise eher gegen Outsourcing. Aufgebracht durch Kritik, die hier und da zu hoeren ist, gehen verunsicherte IV-Manager in die Offensive. Warnungen der vor Abhaengigkeit vom Dienstleistungsunternehmen, unkalkulierbaren Sicherheitsrisiken, dem Verlust der Kontrolle ueber die IV, speziell der wettbewerbsrelevanten und strategischen Verarbeitung beziehungsweise ihrer Daten, werden bewusst uebertrieben.

Der Trend zur Auslagerung wird sich jedoch langfristig bei Grossunternehmen nicht aufhalten lassen. Ausschlaggebend wird letztendlich die Wirtschaftlichkeit und damit die Effizienz der IV sein.

Das Marktforschungsinstitut IDC schaetzt, dass die Steigerung bei SM-Outsourcing bis 1995 am hoechsten sein wird, und zwar um jaehrlich 35 Prozent. Hingegen ist bei der FM-Variante nur mit einer jaehrlichen wertmaessigen Zuwachsrate von 14 Prozent in der Bundesrepublik zu rechnen.

Bei denjenigen Grossunternehmen, deren IV auf dem neuesten Stand, effizient gearbeitet und als strategische Waffe einsetzbar ist, duerften Dienstleistungsunternehmen im Outsourcing von FM und besonders SM keine grossen Chancen haben.

Die Outsourcing-Diskussion sollte deshalb erst einmal viele Unternehmen anregen, verstaerkt DV-Controlling und DV-Revision durchzufuehren, um zunaechst die Effizienz der Datenverarbeitung im eigenen Hause zu steigern, wobei die Grundsaetze effizienter Datenverarbeitung (GeD) zu beachten sind.

Ein gut arbeitendes und informiertes DV-Controlling ist schliesslich zum gegebenen Zeitpunkt auch in der Lage, fundierte Angaben fuer den Outsourcing-Entscheid der Unternehmensleitung zu liefern.

Die COMPUTERWOCHE fuehrt zusammen mit der ECU GmbH im Herbst eine Enqu>ete ueber die Bedeutung, die Vorgehensweise und den Stand des EDV-Controlling im deutschsprachigen Raum durch. Hierbei wird unter anderem nach dem Stand der Ueberlegungen zu den einzelnen Outsourcing-Faellen gefragt und wieweit diese gegebenenfalls schon mit welchem Erfolg realisiert wurden.

Interessenten koennen den Fragebogen ab September beim COMPUTERWOCHE Verlag unter den Telefonnummern 089/36086-169 und - 175 (CW-Sekretariatanfordern.

Die Ergebnisse der Befragungsaktion werden vom Verfasser dieses Beitrags ausfuehrlich in einer speziellen CW-Studie kommentiert.

Teilnehmer der Untersuchung erhalten eine Zusammenfassung der Ergebnisse vorab und kostenlos (siehe auch Seite 36 und CW Nr. 32 vom 6. August 1993, S.43).