E-Procurement/Kommentar

Vom Hype zum Alltag

09.08.2002
Robert Gammel Redakteur CW

Wenn sich Gewinne mangels Nachfrage nicht über wachsende Umsätze steigern lassen, werden Kosten gespart. Wie Zulieferer auch schon in früheren Krisen feststellen mussten, geraten sie dabei schnell in das Visier ihrer Kunden, fließt doch jeder eingesparte Euro direkt in deren Ergebnis ein. Von diesem Trend profitieren die Anbieter von E-Procurement-Lösungen, welche sich derzeit weit erfolgreicher verkaufen lassen als manch andere Geschäftsanwendung.

Einige Unternehmen folgten den Verheißungen der Softwarehersteller bereits sehr früh, teilweise auch, weil sie schlichtweg so riesige Einkaufsbudgets verwalten, dass ein kleines Experiment nicht schaden konnte. Viele mussten dabei feststellen, dass sich die prognostizierten Erfolge nur zum Teil einstellten. Neben Problemen mit dem Reifegrad der ersten Lösungen wurden vor allem die Folgekosten für den Betrieb und die Pflege der elektronischen Einkaufssysteme unterschätzt. Ob sich zögerlichere Unternehmen über das vorschnelle Agieren ihrer Konkurrenten lange freuen können, bleibt fraglich. Nicht nur, dass die Pionieranwender mittlerweile auf bessere Softwareprodukte zugreifen können. Sie haben zudem einen nicht zu unterschätzenden Vorsprung bei der dringend geforderten Änderung der betroffenen Geschäftsprozesse und der Neuorganisation ihrer Beziehungen zu langjährigen Lieferanten.

Indes geraten die Zulieferer von Produkten ohne Alleinstellungsmerkmal durch die zunehmende Verbreitung von E-Procurement-Systemen unter ihren Großkunden immer mehr unter Zugzwang. Dies trifft nicht nur die Anbieter der klassischen C-Artikel wie Büroartikelhändler. Einkaufsorganisationen, die ihre Systeme bereits mit Erfolg einsetzen, wagen sich zunehmend auch an die elektronische Beschaffung höherwertiger Güter heran. Auch wenn die elektronische Beschaffung dem Hype-Status noch nicht endgültig entwachsen ist, eine Eintagsfliege ist sie nicht.