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Thema des Tages

Viele buhlen um TV-Kabelnetz der Deutschen Telekom

20.08.1999
Thema des Tages

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Bis heute mittag konnten Firmen ihr Angebot für die neun regionalen TV-Kabelgesellschaften der Deutschen Telekom abgeben. Für das 460 000 Kilometer lange Netz, an das rund 17 Millionen Haushalte angeschlossen sind, interessieren sich eine Reihe von Großunternehmen und Firmenkonsortien.

Vor zwei Monaten hatte die Deutsche Telekom auf Druck der Europäischen Union mit den Vorbereitungen zum Verkauf des TV-Kabelnetzes begonnen und dazu neun Regionalgesellschaften gegründet. Ein Grund für das Abstoßen dieses Bereichs war neben der EU-Aufforderung, die auf wettbewerbsrechtlichen Argumenten fußte, sicher auch die Höhe der notwendigen Investitionen. Um das Netz auf Vordermann zu bringen, also um beispielsweise den Frequenzbereich auf 862 Megahertz auszubauen, wäre nach Expertenmeinung eine Finanzspritze von mindestens 2,5 Milliarden Mark nötig.

Einer der größten Interessenten für das Kabelnetz ist die Deutsche Bank, die über ihre Tochter DB Investor Angebote für alle neun Regionalgesellschaften abgeben will. Inzwischen haben sich weitere Konsortien gebildet. So haben sich in Bayern Hypovereinsbank, Bayerische Landesbank, Viag AG sowie die Bayerische Landesanstalt für Wiederaufbau zusammengetan. In Niedersachsen kooperieren DB-Investor, Norddeutsche Landesbank Girozentrale (Nord/LB), Hannover, und die EWE AG. Zu den weiteren Interessenten gehören Bertelsmann und Mannesmann. Auch im Ausland haben etliche Firmen ihre Fühler nach Deutschland ausgestreckt: die amerikanisch-holländische Kabelgesellschaft United Pan-European Communications sowie eine Unternehmensgruppe um den Ex-US-West-Manager Richard Callahan. Auch Microsoft will mitbieten und soll schon Verhandlungen mit der Deutschen Bank führen.

Die Deutsche Telekom, die an den neun Regionalgesellschaften jeweils einen Anteil von 25 Prozent plus eins behalten will, macht weder über die Zahl der Interessenten noch über den Zeitplan konkrete Angaben. Ein Telekom-Sprecher sagte gegenüber der COMPUTERWOCHE, daß bis Ende dieses Jahres die ersten Partner feststehen sollen. Über die erwarteten Einnahmen aus dem Kabelverkauf könne er keine Angaben machen, allerdings seien die früher von der Deutschen Bank geboteten fünf bis neun Milliarden Mark nicht akzeptabel. Experten schätzen den Preis des Netzes auf rund 20 Milliarden Mark.

Zum Verhalten der Deutschen Telekom gab es etliche kritische Stimmen. So glauben einige Firmen, daß der deutsche Carrier den Verkauf des Kabelnetzes hinauszögern will, um sich möglichst lange vor störender Konkurrenz zu schützen, denn das Netz läßt sich auch für Telefon-, Internet- oder Video-on-Demand-Dienste einsetzen. Bemängelt wird auch, daß die Angebotsfrist zu kurz sei und die deutsche Telekom wichtige Informationen vorenthalte.