Verwaltungsinformatiker: Keine Spur von Ämterei

21.02.2001
Von Helga Ballauf
Während sich Industrie- und Dienstleistungsunternehmen auf E-Commerce vorbereiten, heißt das Zauberwort in der öffentlichen Verwaltung: "E-Government". In vielen Rechenzentren von Städten, Ländern und Bund tüfteln Verwaltungsinformatiker an Programmen, mit denen sich einfache Behördenvorgänge und hochoffizielle Akte - wie etwa Wahlen - rechnergesteuert abwickeln lassen.

Robert Reber ist Verwaltungsinformatiker bei der Stadt Nürnberg. Der Diplom-Verwaltungswirt hat im Rahmen der klassischen Ausbildung für den gehobenen öffentlichen Dienst an der Beamtenfachhochschule in Hof den neuen Studienschwerpunkt Informatik absolviert. “Meine Tätigkeit unterscheidet sich kaum von den Aufgaben eines Support-Mitarbeiters in der freien Wirtschaft”, beschreibt Reber sein Arbeitsfeld. Er betreut die laufenden Systeme, betreibt Troubleshooting, wenn die Informationstechnik versagt, und entwickelt neue Automatisierungsprojekte.

Das letztgenannte Aufgabenfeld nimmt immer mehr von Rebers Arbeitszeit in Anspruch. IT-Wissen allein genügt allerdings nicht. Ein Verwaltungsinformatiker kennt sich ebenso bei behördlichen Verfahren und in juristischen Fragen aus. “Datenschutz- und Arbeitsrecht sind generell sehr wichtig”, sagt Reber. “Außerdem ist es günstig, wenn man die rechtlichen Grundlagen der Amtsvorgänge kennt, für die man IT-Anwendungen entwickelt.” Wenn der Gesetzgeber etwa den Berechnungsmodus für die Sozialhilfe ändert, muss ein Verwaltungsinformatiker die juristische Verfügung in ein DV-Programm umsetzen können. Oder er muss wissen, was es bedeutet, wenn die kommunale Buchführung von der staatswirtschaftlichen Kameralistik auf das kaufmännische Rechnungswesen umgestellt wird.

Reber bleibt dem öffentlichen Dienst treu, obwohl ihm schon häufiger IT-Provider und DV-Dienstleister eine Stelle angeboten haben: “In der Privatwirtschaft könnte ich im Moment zwar mehr verdienen. Aber das ist kein Grund, den Beamtenstatus aufzugeben.” Der Informatiker im Staatsdienst rechnet vielmehr damit, dass der akute IT-Fachkräftemangel in ein paar Jahren behoben ist und danach die Gehälter im privaten Sektor sinken. Im Rechenzentrum der Stadt Nürnberg spürt Reber nichts vom Ämtermief, der ja angeblich die gesamte öffentliche Verwaltung verpestet. Ihn stört es eher, bei Investitionswünschen an der kurzen Leine des Kämmerers zu hängen. Und Reber verhehlt nicht die Schwierigkeiten, “wenn verfeindete Ämter partout keine Daten - zum Beispiel Adressen - austauschen wollen”.

Ob das nur in Behörden vorkommt? Die Wege zum Beruf des Verwaltungsinformatikers sind bisher unübersichtlich. Einen speziellen Studiengang bietet die Universität Magdeburg an. Außerdem bilden mehrere Fachhochschulen der Länder ihre künftigen Verwaltungswirte mit IT-Schwerpunkt aus. Die beste Übersicht liefert die Homepage www.vfh-hessen.de. In der Regel müssen sich die Interessenten als Anwärter für den gehobenen öffentlichen Dienst bewerben. Wer genommen wird, pendelt dann drei Jahre zwischen FH und Behörde hin und her: Studieren und dabei Geld verdienen, heißt die Devise. Die Ämter in Stadt, Land und Bund lassen sich die Ausbildung ihres Nachwuchses etwas kosten. Es liegt daher nicht in ihrem Interesse, wenn sich Verwaltungsinformatiker gleich nach dem Hochschulabschluss von einer Firma abwerben lassen. Einige Dienstherren verlangen in solchen Fällen inzwischen Ablösesummen.