Web

Dachzeile

Ver.di und Telekom demonstrieren Schulterschluss

21.06.2007
Das Donnergrollen in den Morgenstunden war vielleicht ein letzter Wink von ganz oben, die zermürbenden Verhandlungen endlich zu Ende zu bringen. Und dann stehen Telekom-Personalchef Thomas Sattelberger und ver.di-Bundesvorstand Lothar Schröder vor den Mikrofonen, schütteln die Hände und begraben ihr Kriegsbeil.

Der Kompromiss im monatelangen Streit um die Auslagerung von 50.000 Mitarbeitern in neue T-Service-Gesellschaften ist erreicht. Aufatmen bei Sattelberger: "Wir haben den finanziellen Zielkorridor beim Sparprogramm ordentlich getroffen."

Ver.di-Mann Schröder bedankt sich artig bei den Beschäftigten: "Diese Lösung haben sich die Streikenden erstritten", sagt er. Diese hatten in den vergangenen fünf Wochen mit bundesweiten Arbeitsniederlegungen gegen die Pläne des Vorstands heftig protestiert. Stimmen sie jetzt in einer Urabstimmung zu, "geht der größte Arbeitskonflikt zwischen Telekom und ver.di zu Ende", sagt Schröder. Wenig später in Köln ist ihm ein weiterer Stein vom Herzen gefallen: "Sie sehen mich jetzt erleichtert", sagt er, nachdem die Große Tarifkommission die Einigung abgenickt hatte.

Ausgleichsfonds und Zuschläge

Auch wenn einige Gewerkschafter jetzt gegen die Lösung aus Bad Neuenahr wettern sollten, hat die Verhandlungskommission von Schröder mehr für die Beschäftigten herausgeholt, als am Anfang möglich schien. Mit Ausgleichsfonds und Zuschlägen aus künftigen Tarifrunden können die Beschäftigten von T-Service gar nicht mehr unter ihr jetziges Gehaltsniveau fallen. Gehaltserhöhungen von 2,1 Prozent sind Schröder zufolge ausreichend, um das jetzige Einkommensniveau auch später zu halten.

Eigentlich hätte der Telekom-Vorstand seinen Stiefel ohne ver.di durchziehen können, nachdem der Aufsichtsrat die Stellenumbaupläne von Konzernchef René Obermann abgesegnet hatte. Doch auf einen solchen Konfliktkurs wollten weder Obermann noch Sattelberger zusteuern. Immer wieder betonten sie, sie wollten eine gemeinsame Lösung mit der Gewerkschaft anstreben - allein schon um des Betriebsfriedens willen.

Doch was auf dem Verhandlungstisch lag, war für Schröder zunächst unannehmbar - unter anderem standen neun Prozent Gehaltskürzungen im Raum und ein wesentlicher schlechterer Sicherungsmechanismus. Die Positionen waren verhärtet, die Tarifparteien hatten sich in einer Sackgasse verrannt. Mit dem Streik schien eine Annäherung zunächst ausgeschlossen. Unverschämt seien die Pläne des Vorstands, den Mitarbeitern so tief in die Tasche zu greifen, schimpfte ver.di-Mann Schröder.

Erfolgsbonus

Dann hatte Sattelberger mit einer neuen Initiative Anfang Juni die Verhandlungstür wieder aufgestoßen. Über alle Punkte wolle die Telekom verhandeln und er stellte gar einen Erfolgsbonus in Aussicht. Jetzt schlägt Schröder versöhnliche Töne an. Denn aus den geplanten tiefen Einschnitten sind Einbußen von 6,5 Prozent geworden mit Ausgleichszahlungen für 18 Monate. Der Kündigungsschutz wird bis Ende 2012 verlängert und Sattelberger verspricht Neueinstellungen in einem Volumen von 4.000 Arbeitsplätzen - vor allem für die Nachwuchskräfte im Konzern.

Aber auch die Telekom macht ihre Schnitte: Einsparungen sind bei dem von der Konkurrenz heftig unter Druck gesetzten Konzern dringend notwendig. Das geplante Sparpaket im Volumen von 500 Millionen bis 900 Millionen wurde Sattelberger zufolge erreicht. Und auch mit der Verlängerung der Wochenarbeitszeiten auf 38 Stunden ohne Lohnausgleich hat sich die Telekom durchgesetzt - und das ist zugleich die dickste Kröte, die ver.di schlucken muss.

Dabei sah es in Bad Neuenahr nicht immer danach aus, dass die Verhandlungen zu einem positiven Abschluss gebracht werden könnten. Obwohl der Druck zur Einigung hoch war, bemühte ver.di Streikleiter Ado Wilhelm das eine oder andere Mal das Abbruchszenarium. "Keine Einigung ist auch ein Ergebnis", sagte er noch, als das Grundgerüst des Kompromisses schon längst fest stand. (dpa/tc)