Der Manager ersetzt den Computerspezialisten

US-Wissenschaftler entwerfen die DV-Organisation der Zukunft

10.05.1991

TUCSON/ARIZONA (CW) - "Nicht auf die Zukunft warten, sondern sie selbst gestalten."

Diesen Ratschlag gab Wirtschaftswissenschaftler Ralph H. Kilman von der University of Pittsburgh den Mitgliedern der Gesellschaft für Information Management (SIM), die in Tucson nach Perspektiven für die kommenden Jahre suchten.

Für Warren McFarland, Dozent der Harvard Business School, hat die Zukunft bereits begonnen. Die Zeiten, als sich Geschäftsleute dem Umgang mit Informationstechniken entziehen konnten, sind endgültig vorbei, beschreibt er die Anforderungen an heutige Manager. Für die nahe Zukunft sieht er daher einen dringenden Bedarf nach Zusammenarbeit zwischen dem DV-Bereich, der Geschäftsführung und den Anwendern im mittleren Management.

Außerdem weist MacFarland alle Zweifel an der strategischen Bedeutung der DV zurück. Während sich deutsche Marktforscher noch uneins sind, inwieweit sie zum Erfolg eines Unternehmens beiträgt, betont McFarland, daß mit ihrer Hilfe nicht nur die Produktions- und Reaktionszeiten verkürzt, sondern auch die Qualität verbessert werden kann.

Angesichts der überalterten Anwendungen sei ein derartiger Erfolg allerdings nur zu erreichen, wenn sich die IT-Manager endlich ernsthaft um das Thema Re-Engineering bemühten. Gleichzeitig warnt er jedoch davor, darin ein Allheilmittel zu sehen. Hektisches Re-Engineering ohne Rücksicht auf die betrieblichen Anforderungen führe zu "einem technischen Erfolg bei dem der Patient stirbt."

Die häufig diskutierte Frage, ob Datenverarbeitung ein aktives oder passives Wettbewerbsinstrument sei, bezeichnet er als akademisch. Für ihn komme es einzig darauf an, die DV-Abteilung eines Unternehmens so flexibel zu organisieren, daß sie rascher auf veränderte Anforderungen reagieren könne als die der Mitbewerber.

Auch John Elkins von der Naisbitt Group findet in seinem Vortrag deutliche Worte, um den Vorrang der Flexibilität zu unterstreichen: "Jeder, der sich in ein Fünfjahresprojekt einbinden läßt, verschwendet seine Zeit". Nach seiner Ansicht ändern sich die politischen, sozialen, technischen und wirtschaftlichen Eckdaten derart rasch, daß sie nicht für Projekte mit einer Laufzeit von mehr als 18 Monaten taugen.

Außerdem warnt der Redner die DV-Verantwortlichen davor, im ständigen Anwachsen des DV-Budgets einen unausweichlichen Automatismus zu sehen. Eine penible Ausgabenkontrolle führt nach den Erfahrung von Elkins nicht nur zu Einsparungen, sondern hält zudem die Mitarbeiter dazu an, Ideen für den profitablen DV-Einsatz zu entwickeln.

Als dritter Redner forderte Ralph H. Kilman von der Katz Business School der University of Pittburgh eine gänzliche neue Unternehmensstruktur, die er als "Netzwerk-Organisation" bezeichnete. Nur mit einem Unternehmen, in dem die Interaktion zwischen Menschen, Informationen und anderen Einflußfaktoren direkt oder über elektronische Hilfsmittel optimal geregelt sei, könne den Anforderungen der heutigen Geschäftswelt gerecht werden, meint Kilman.