Urteile aus der Vertragspraxis

06.11.1981

Abrechnung nach Aufwand mit Obergrenze

Nichtamtliche Leitsätze

1. Eine Obergrenze bei Vergütung nach Aufwand bei Verträgen über Programmerstellung steht grundsätzlich unter dem Vorbehalt, daß die Aufgabenstellung nicht nach Vertragsschluß erweitert wird.

2. Die Obergrenze ist auch insoweit verbindlich, als der Umfang der Arbeiten noch nicht feststeht, dieser Unsicherheit aber durch die Höhe der Obergrenze Rechnung getragen wird.

Dem Urteil lag ein Tatbestand zugrunde, der sich wie folgt hinsichtlich des hier relevanten Teils der Entscheidungsgründe zusammenfassen läßt:

Der Kläger, ein Student, hatte mit der Beklagten, einer wissenschaftlichen Einrichtung, einen Vertrag geschlossen, "wonach der Kläger gegen eine Vergütung von 20,- DM pro Arbeitsstunde ein auf einem Computer X geschriebenes Forschungsprogramm in der Computersprache "Fortran" auf einen Computer Siemens "4000" umschreiben sollte. Der Kläger begann mit den Arbeiten im November 1969 .... Bei seinen Arbeiten wurde er durch den Mathematikstudenten IQ unterstützt, der mit einem anderen Mitarbeiter das frühere Programm erstellt, hatte und den Kläger nun in dieses Programm fortschreitend einwies." Einschub aus den Entscheidungsgründen: "Unstreitig ist daß die Tätigkeit des Klägers mit 20,-DM pro Arbeitsstunde vergütet werden sollte. Die Vergütung sollte in der Weise vorgenommen werden, . . ."

"Im Dezember 1970 stellte der Kläger seine Arbeiten ein, weil von ihm für angeblich 335 "Mehrarbeitsstunden" erstellte Rechnungen vom 9. November 1970 über 3900,- DM und 2800,- DM nicht bezahlt worden waren. Bis zu seinem Ausscheiden hatte der Kläger für seine Tätigkeit insgesamt 15 058,88 DM erhalten."

Der Kläger klagte den ersten Posten, also DM 3900,- ein. Die Beklagte

verteidigte sich unter anderem damit, daß der Kläger entgegen der Vereinbarung "im Herbst 1970 keine funktionsfähigen Programme angeliefert habe, . . .

Von all dem abgesehen habe der Kläger aber deshalb keine Ansprüche mehr, weil im März 1970 zwischen ihm und Professor P für die gesamte Arbeit ein Limit von 15 000,- DM vereinbart worden ist. Hierüber habe Professor P unter dem 27. März 1970 folgenden Aktenvermerk gefertigt:" Vermerk über Vereinbarung mit Herrn (Bekl.)

Nach etwa dreiwöchigen Verhandlungen über die Kosten für die Erstellung aller Programme, die wir benötigen (das heißt, der Umfang von Programmen, mit denen früher am alten Rechner Herr M und Herr X für uns arbeiteten), wurde mir von Herrn (Bekl.) telefonisch als endgültige Zahl die Summe von mindestens 10 000,- DM und höchstens DM 15 000,- durchgegeben."

Eine solche Vereinbarung hat der Kläger bestritten und vorgetragen, im März 1970 sei der Umfang der noch anstehenden Programmierarbeiten überhaupt noch nicht zu überblicken gewesen. Außerdem seien nach März 1970 neue Aufgabenstellungen hinzugekommen.... "

Das Arbeitsgericht Köln hat die Klage abgewiesen. Die Berufung blieb erfolglos.

Entscheidungsgründe:

. . . "weil mit der Zahlung von insgesamt 15 058,88 DM der vereinbarte Höchstrahmen von 15 000,- DM ausgeschöpft ist....

Streitig ist zwischen den Parteien lediglich geblieben die Behauptung der Beklagten, der Kläger habe sich im März 1970 mit Professor P auf einen Höchstbetrag von 15 000,- DM geeinigt, und die Behauptung des Klägers, nach März 1970 seien neue Aufgabenstellungen hinzugekommen. Die Behauptung der Beklagten war auf Grund der Aussage des im zweiten Rechtszug nochmals vernommenen Zeugen (Professor P) als erwiesen anzusehen. Die Behauptung des Klägers ist dagegen nicht beweisen, jedenfalls nicht in entscheidungserheblichem Sinne....

Nach Aussage des Zeugen P hat der Kläger im März 1970 als Mindestbetrag 10 000,- DM und als Höchstbetrag 15 000,- DM verbindlich genannt....

Der Zeuge P hat die Richtigkeit der Aussage des Zeugen M über das im März 1970 von dem Kläger und den beiden Zeugen (P und M) geführte Gespräch bestätigt. Danach ist es richtig, daß von dem Zeugen M zwar die Zahl von 15 000,- DM genannt worden ist, der Zeuge M aber erklärt und zu erkennen gegeben hat, daß es sich mangels echter Vergleichsmaßstäbe bei dieser Zahl um eine nicht genaue, unverbindliche Schätzung handele, und der Kläger äußerte, er könne unter den gegenwärtigen Umständen keine Zahl nennen....

Nach der Bekundung des Zeugen P hat der Kläger in dem ersten Telefongespräch, das der Zeuge P mit ihm nach dem gemeinsamen Gespräch geführt hat, wiederum erklärt, er könne keine Kosten nennen. Der Zeuge P hat hierauf jedoch gesagt, er müsse dies von ihm verlangen, anderenfalls könne er - der Kläger - nicht weiter für die Beklagte tätig sein. In einem darauf folgenden Telefongespräch hat der Kläger dann verbindlich erklärt, daß er die gesamten Kosten auf 10 000,- bis 15 000,- DM veranschlage und 15 000,- DM das Höchste sei, was er verlange.

Es kann daher zu Gunsten des Klägers davon ausgegangen werden, daß er zum damaligen Zeitpunkt tatsächlich außerstande war, die noch anstehenden Arbeiten und damit die Gesamtkosten zu schätzen. Daraus folgt jedoch nicht zwingend, daß er auf Drängen des Zeugen P nicht dann doch verbindliche Zahlen genannt hat, nachdem der Zeuge P ihm erklärt hatte, anderenfalls müsse ihm der Auftrag entzogen werden Denn durch diese Erklärung des Zeugen P wird die Änderung der Verhaltens des Klägers hinlänglich motiviert, Außerdem war der von dem Kläger genannte Kostenrahmen so weit gespannt, daß auch unter Berücksichtigung der bestehenden Schätzschwierigkeiten es möglich erschien, daß der Kläger sich auf einen Höchstbetrag von 15 000,- DM festlegte. ... Schließlich spricht für die Richtigkeit der Aussage des Zeugen P, daß er die Nennung des Höchstkostenbetrags durch den Kläger in einem" merk vom 25. März 1970 festgehalten hat.

Die Behauptung des Klägers, nach März 1970 seien neue Aufgabenstellungen hinzugekommen, ist nicht zu beweisen. Der Zeuge P hat bekundet, dem Kläger sei die wissenschaftliche Aufgabenstellung schon im November und Dezember 1969 vollständig erläutert worden. Nach der im März 1970 erfolgten bindenden Abmachung über die Kosten seien keine neuen Aufgaben gestellt worden. Auch hier steht die Aussage des Zeugen M der Aussage des Zeugen P nicht entgegen.

Nach der Bekundung des Zeugen M ergaben sich neue Aufgabenstellungen dadurch, daß mit der Siemens-Anlage "4004" mehr gemacht werden konnte als mit dem alten Rechner. Das hat aber mit der wissenschaftlichen Aufgabenstellung von seiten des Zeugen P nichts zu tun, sondern betraf allein die Programmierung. So hat der Zeuge M auch bekundet, das die von ihm gemeinte neue Aufgabenstellung nicht von dem Zeuge, sondern sich aus der Arbeitsweise neuen Computers ergab. Dem Kläger kann auf Grund der Aussage des Zeugen M darin gefolgt werden; daß die Probleme der Programmierung nach und nach von dem Zeugen M erläutert worden sind und im März 1970 noch keineswegs alle Probleme bekannt waren. Dies besagt jedoch nichts gegen die Richtigkeit der Aussage des Zeugen P. Denn dieser war in den Fragen der Programmierung nicht Fachmann und hatte daher auch keine Vorstellungen über den Umfang und die Dauer der Arbeiten des Klägers. Gerade deswegen aber mußte er Wert darauf legen, von dem Kläger als dem Fachmann die voraussichtlichen Kosten zu erfahren. Die Bekundung des Zeugen P, er habe schon im Jahre 1969 den Kläger gebeten, so bald wie möglich ein voraussichtlichen Gesamtkosten zu nennen, und habe dann von des Jahres 1970 an den Kläger in Abständen von 14 Tagen um

Gesamtkosten gebeten, um dann im März 1970 endgültig des Höchstbetrages zu fordern, mit eine den Umständen entsprechende Forderung....

Bei den vom Kläger genannten konnte der Zeuge P davon ausgehen, daß ein genügend großer Spielraum gegeben war, durch noch bestehenden Ungewißheit ausreichend Rechnung getragen wurde. Auf der anderen Seite mußte der Zeuge P aber wissen, welche Kosten überhaupt entstehen würden. Die Umstände sprechen daher nicht gegen, sondern für die Richtigkeit der Aussage des Zeugen P."

Anmerkung:

die Passagen des Urteils zu Vereinbarung einer Obergrenze zeigen auf, wie gefährlich es ist, wenn Zahlen im Raum stehen. Auftragnehmer sollten aussagen zur Vergütung immer schriftlich machen.

Wie verbindlich ist eine Obergrenze? Das Gericht geht davon aus, das sie an die Aufgabenstellung gebunden sei. Änderungen der Aufgabenstellung stellen die bisherige Obergrenze aber grundsätzlich in Frage. Soweit die Obergrenze aber Unsicherheiten über den Umfang der Aufgabenstellung bereits berücksichtigt, bleibt es bei ihr.