Urteile aus der Vertragspraxis

09.10.1981

Rechenzentrumsverträge

Abschließende Anmerkung

1. Die Gerichte stuften den herkömmlichen Rechenzentrumsvertrag wie folgt ein:

- als Werkvertrag: das LG Duisburg im Urteil vom 11. Mai 1976 sowie im Urteil vom 1. Februar 1977, das AG Singen im Urteil vom 5. März 1980 (3-1-° 7-1)

Das OLG Düsseldorf (13. Dezember 1977) meldete als Berufungsgericht an der Einstufung durch das LG Duisburg (Urteil vom 1. Februar 1977) Zweifel an, wollte aber Werkvertragsrecht für die Kündigung eines solchen Vertrags und auf deren Rechtsfolgen direkt oder entsprechend anwenden. Das LG Duisburg hatte als erstinstanzielles Gericht ohne weitere Begründung den Vertrag als Werkvertrag eingestuft, obwohl die AGB sich auf "Lohnarbeiten im Rechenzentrum" bezogen.

- als Dienstvertrag: LG Düsseldorf (28. Oktober 1975); LG Osnabrück (13. März 1975): "im wesentlichen Dienstvertragsrecht ".

Auf eine Einordnung verzichteten:

- das OLG Oldenburg (21. März 1978)

- das LG Stade (2. November 1978)

- das OLG Frankfurt (19. Juni 1980)

Die Gerichte leiteten unabhängig von der Einstufung dieselben Rechtsfolgen ab. Das OLG Düsseldorf betonte, daß es auf die Einordnung hinsichtlich der weiteren Zahlungspflicht nicht ankomme.

2. Hinsichtlich der restlichen Vergütung waren sich die Gerichte einig, daß dem Rechenzentrum die um die ersparten Aufwendungen gekürzte Vergütung und nicht nur Ersatz des entgangenen Gewinns zustehe.

Das OLG Oldenburg leitete diesen Anspruch aus ° 326 BGB (Nichterfüllung des Vertrags) ab: Der Beklagte habe sich geweigert, den Vertrag durch die Bereitstellung von Lochstreifen zu erfüllen. Der Nachfristsetzung habe es nicht bedurft, da der Beklagte die Erfüllung endgültig verweigert habe.

Demgegenüber betonte das LG. Duisburg auf der Basis von Werkvertragsrecht, daß der Auftraggeber nicht zur Bereitstellung von Unterlagen verpflichtet sei. Er könne jederzeit auf die Leistung des Rechenzentrums verzichten und den Vertrag nach ° 649 BGB kündigen; er müsse nur weiterhin zahlen. Konsequent bezeichnete das OLG Düsseldorf die Erklärung des Auftraggebers, keine Leistungen mehr in Anspruch nehmen zu wollen als Kündigungserklärung und wandte unabhängig von der Frage der Einordnung des Vertrags ° 649 BGB an. Für den Fall, daß dieses Kündigungsrecht während der Mindestablaufzeit ausgeschlossen sein sollte, wollte es dieselben Rechtsfolgen aus dem Gesichtspunkt ableiten, daß die unberechtigte Lossagung eine positive Vertragsverletzung darstelle. Das LG Düsseldorf als Vorinstanz (Urteil vom 1. Februar 1977) hat ° 649 BGB auf der Basis des Werkvertragsrechts unmittelbar angewandt.

Das LG Düsseldorf und das LG Osnabrück leiteten den Anspruch auf der Basis eines Dienstvertrags aus ° 324 BGB ab: Die Beklagte habe die Vertragserfüllung durch ihr Verhalten schuldhaft unmöglich gemacht. Das läßt sich ebenso bei einem Werkvertrag sagen, so daß nicht auf die positive Vertragsverletzung zurückgegriffen werden bräuchte.

Es finden sich also praktisch alle Meinungen, die sonst in Rechtsprechung und Literatur auch zur Frage der Mitwirkungsverweigerung vertreten werden (vgl. Nicklisch, Mitwirkungspflichten des Bestellers beim Werkvertrag, insbesondere beim Bau- und Industrieanlagenvertrag, BB 1979, S. 535 f unter II.3). Das OLG Frankfurt verzichtete klugerweise überhaupt auf eine Einstufung des Anpruchs.

3. Die ersparten Aufwendungen wurden grundsätzlich mit 15 Prozent angesetzt. Nur im Urteil des OLG Oldenburg (21. März 1978) hatte die Klägerin weniger eingeklagt und dementsprechend auch weniger zugesprochen bekommen. Die Quote ist bisher noch nicht durch die Feuertaufe eines Sachverständigengutachtens gegangen. Nur einmal wurde das vom beweispflichtigen Auftraggeber angestrebt, aber verspätet (OLG Düsseldorf 13. Dezember 1977). Die Beträge lohnten die Kosten eines Gutachters bisher kaum.

Das OLG Oldenburg beurteilte die Quote aus eigenem Sachverstand. Das LG Duisburg folgte im Urteil vom 11. Mai 1976 dem Zeugen der Klägerin.