Urteile aus der Vertragspraxis

11.09.1981

Dr. Christoph Zahrnt, Rechtsanwalt in Neckargemünd

Urteil des Hanseatischen OLG und Revisionsurteil des BGH dazu

Ewige Probleme bei Software-Projekten (III)

In der Nr. 35 und 36 der CW sind die ersten Teile der Urteile abgedruckt: Der Beklagte, der ein DV-Programm zu erstellen verpflichtet gewesen sei, sei in Verzug gekommen und sei deswegen schadensersatzpflichtig.

OLG: 5) Die Beklagten "berufen sich ohne Erfolg auf einen Haftungsausschluß, den sie aus den allgemeinen Geschäftsbedingungen des Beklagten zu 2) herleiten wollen.

a) Allerdings waren diese Geschäftsbedingungen am unteren Rand des Auftragsschreibens des Beklagten zu 2) vom 9. August 1966 abgedruckt: 'Liefertermine werden schon im eigenen Interesse eingehalten. Es können aus geringfügigen Verspätungen Rücktritts- und Schadensersatzansprüche nicht hergeleitet werden.... Jegliche Haftung für unrichtige Auswertungen werden nicht übernommen.'

b) Selbst wenn die Bedingungen aber ausdrücklich vereinbart worden wären, ergäben sie für den vorliegenden Fall keinen Haftungsausschluß.

aa) Die Haftung des Beklagten zu 2) sollte nach den Bedingungen zunächst für 'geringfügige' Verspätungen entfallen. Von einer geringfügigen Terminüberschreitung läßt sich aber im vorliegenden Fall nicht sprechen, da die Leistung der Beklagten Ende Januar 1967 fällig war, während an dem Programm noch bis Oktober 1967 gearbeitet wurde und die ersten einwandfreien Buchhaltungslisten erst am 14. September 1967, die ersten fehlerlosen Kostenstellenberechnungen am 25. September 1967 und die ersten Erfolgsübersichten erst am 19. Oktober 1967 geliefert wurden.

bb) Die Bedingungen des Beklagten zu 2) enthalten ferner den Satz: 'Jegliche Haftung für unrichtige Auswertungen werden nicht übernommen'.

Diese Klausel bezieht sich nicht mit der notwendigen Eindeutigkeit auf die hier in Frage stehende Verzögerung bei der Herstellung eines tauglichen Programms. Fehler in der Auswertung können nämlich entweder infolge eines unrichtigen Programms oder aber auch trotz eines tauglichen Programms aufgrund eines Versagens des Computers auftreten. Derartige 'Maschinenfehlleistungen' sind weitgehend unvermeidbar und begründen ein naheliegendes Bedürfnis des Unternehmers, sich von den dadurch verursachten Schäden freizuzeichnen (vgl. zu diesem Problem Schmidt AcP 166, 1, 22 ff)."

Anmerkung: Das OLG hat die Existenz von Alphateilchen, die zu Maschinenfehlleistungen führen können, schon 1969 vorausgesehen!

"Andererseits kann dem Auftraggeber eines Rechenzentrums nach Treu und Glauben schwerlich zugemutet werden, auf Schadensersatzansprüche wegen falscher Auswertungen zu verzichten, die sich als notwendige Folge eines unvollkommenen Programms ergeben. Da nach allgemeiner Ansicht Unklarheiten in Geschäftsbedingungen stets zu Lasten desjenigen gehen, der die Bedingungen verwendet, ist im vorliegenden Fall davon auszugehen, daß die erörterte Klausel, da zweifelhaft ist, ob sie lediglich die Folgen einer 'Maschinenfehlleistung' erfassen soll, dem Klaganspruch nicht entgegengehalten werden kann. Es kann deshalb auch offenbleiben, inwieweit der Kläger überhaupt durch unrichtige Auswertungen und nicht vielmehr dadurch geschädigt worden ist, daß die Beklagten brauchbare Auswertungen nur mit langer Verzögerung geliefert haben. "

BGH: ... Die Beklagten können sich gegenüber dem geltend gemachten Verzugsschaden nicht auf einen Haftungsausschluß berufen.

Es handelt sich hier nicht um Schäden, die durch falsche Auswertungen oder eine falsche Programmierung entstanden sind, sondern um Verzugsschäden. Es bedarf daher nicht der Entscheidung, inwieweit in Allg. Geschäftsbedingungen von Rechenzentren die Haftung für unrichtige Auswertungen überhaupt ausgeschlossen werden kann, ohne daß damit ein Mißbrauch der Vertragsfreiheit gegeben ist (vgl. dazu Loewenheim a.a.O. S. 595 ff).

Die Formulierung der Geschäftsbedingungen spricht zudem hier gerade dafür, daß Schadensersatzansprüche nur bei geringfügigen Verzögerungen nicht gegeben sein sollten. Solche liegen aber nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht vor."

3-1-°7-1 Urteil des Amtsgerichts Singen vom 05. März 1980 (1 C 11/77).

Sorgfaltspflichten des EDV-Fachmannes

Nichtamtliche Leitsätze:

1. Zu den Sorgfaltspflichten des RZ bei einem herkömmlichen RZ-Vertrag, den Auftraggeber über Änderungen in der Verarbeitung, hier: beim Korrekturverfahren, zu unterrichten.

2. Zum Schadensersatzanspruch des Auftraggebers für Arbeitszeit, die er wegen Verarbeitungsfehlern aufwenden muß.

Dem Urteil lag folgender Tatbestand zugrunde, wobei unstreitige Forderungen fortgelassen sind:

"Die Klägerin betreibt ein Rechenzentrum, in dem der Beklagte mit Hilfe der Programme der Klägerin ab 01. 01. 1974 seine Finanzbuchhaltung abwickelte. Bei der Verarbeitung der Monate November 1975, Dezember 1975 und Januar 1976 traten Schwierigkeiten auf.

Die Klägerin begehrt die Bezahlung von Rechnungen für diese Zeit.

"Bei der Verarbeitung der Daten des Beklagten November 1975 traten Schwierigkeiten auf, weil der Beklagte ursprünglich fehlerhafte Daten eingegeben hatte. In der Folgezeit wurde versucht, die erforderlich gewordenen Berichtigungen durchzuführen, was technisch möglich ist.

Die Klägerin meint, ihr stünden die geltend gemachten Beträge zu. Sie behauptet, sie habe ordnungsgemäß gearbeitet. Etwaige Schwierigkeiten bei der Datenverarbeitung seien vom Beklagten verursacht und verschuldet worden ....

Der Beklagte beantragt Klagabweisung. Er behauptet: Die den Rechnungen der Klägerin ... zugrunde liegenden Datenverarbeitungen seien fehlerhaft und für ihn nicht brauchbar gewesen. Nachdem der Beklagte seine Fehler bei der November-Buchhaltung berichtigt gehabt habe, sei die Computer-Buchhaltung der Klägerin nicht in der Lage gewesen, diese Berichtigungen später zu berücksichtigen. Auch die im Januar und Februar 1976 gelieferte Buchhaltung sei unbrauchbar gewesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist zum Teil begründet, im übrigen unbegründet.

Der Beklagte ist verpflichtet, an die Klägerin ... Werklohn für die durchgeführten Datenverarbeitungen zu bezahlen (° 631 Abs. 1 BGB).

Das überzeugende Gutachten von (Sachverständigen), dem sich das Gericht in vollem Umfang anschließt, hat die Ursachen der Schwierigkeiten bei der Verarbeitung der Daten für die Monate ab November 1975 geklärt. Nachdem der Beklagte ursprünglich für November 1975 falsche Daten eingegeben hatte, wurde eine Berichtigung notwendig, die zusammen mit den Buchungen für den Monat Dezember 1975 erfolgen sollte. Eine solche Berichtung ist, wie zwischen den Parteien auch unstreitig ist, ohne weiteres möglich. Im vorliegenden Fall wurden jedoch die Berichtigungen bei der Verarbeitung des Monats Dezember 1975 nicht verbucht. Das lag daran, daß der Beklagte im Dezember 1975 ein Verfahren zur Berichtung gewählt hatte, welches ihm aus der Zeit vor dem 01. 07. 1974 vertraut war. Eine schriftliche Mitteilung an den Beklagten über die Programmänderung "und damit über die Änderung des Berichtigungsverfahrens" lag jedoch nicht vor. In Übereinstimmung mit dem Sachverständigen vertritt das Gericht die Auffassung, daß es Sache der Klägerin gewesen wäre, diese Programmänderung dem Beklagten mitzuteilen. Bei der Datenverarbeitung handelt es sich um ein Sachgebiet, das zwar der Klägerin, nicht jedoch dem Beklagten vertraut ist. Es hätte zur Beratungspflicht der Klägerin gehört, den Beklagten so einzuweisen, daß sie von der Computer-Buchhaltung der Klägerin bearbeitet werden konnte.

Hieraus ergibt sich, daß die der Rechnung vom 05. 02. 1976 zugrunde liegenden Arbeiten für den Beklagten unbrauchbar waren. Wie der Sachverständige ausführt, war die Berichtigung schließlich erfolgreich. Trotzdem waren diese Werte für den Beklagten untauglich. Wegen fehlender Abrufkarte wurden die Jahresabschlußzahlen für 1975 nicht ins neue Wirtschaftsjahr übernommen. Auch hier folgt das Gericht den Äußerungen des Sachverständigen, daß es Sache der Klägerin gewesen wäre, dem Beklagten die erforderliche 13. Ablaufkarte für 1975 zur Verfügung zu stellen und ihn insoweit genau zu unterrichten.

Auch nach Auffassung des Gerichts war es dem Beklagten, der kein Computer-Fachmann ist, nicht zuzumuten, von sich aus eine weitere Abrufkarte anzufordern und zu benutzen.

Aus diesen Ausführungen ergibt sich zu den einzelnen Rechnungen: ...

Der Beklagte hat gegen die Klägerin einen Gegenanspruch auf Schadensersatz wegen positiver Vertragsverletzung, mit dem er wirksam aufgerechnet hat.

Durch die von der Klägerin zu vertretenden umfangreichen Berichtigungsarbeiten, bei denen der Beklagte und seine Ehefrau mitarbeiten mußten, ist ein Schaden entstanden. Zwar hat der Beklagte nicht schlüssig dargelegt, daß der Schaden darin liegt, daß er seiner Ehefrau zusätzliche Zahlungen geleistet hat. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, daß einem Geschäftsinhaber wie dem Beklagten durch Umsatzeinbuße usw. ein gewisser Schaden entsteht, wenn er seine Arbeitskraft stundenlang den hier notwendigen Berichtigungsarbeiten widmet. Der Schaden wurde nach ° 287 ZPO auf DM 100,- geschätzt."

Anmerkung

1. Das Gericht stuft den herkömmlichen Rechenzentrumsvertrag als Werkvertrag und nicht als Dienstvertrag ein.

2. Das Gericht spricht dem Beklagten ohne große Begründung einen Schadensersatzanspruch für die Berichtigungsarbeiten zu. Grundsätzlich sind Schäden, die sich aus Fehlern außerhalb der Leistung ergeben, wie hier der Arbeitsaufwand des Beklagten und seiner Ehefrau, beim Werkvertrag nicht zu ersetzen. Die Haftung muß also

darin begründet sein, daß die Klägerin es unterlassen hat,

d) das neue Berichtigungsverfahren mitzuteilen,

b) innerhalb der Fehlerbeseitigung Maßnahmen zu treffen, die weiteren Schaden verhindern, hier: die 13. Monatskarte zum Ausfüllen zu schicken.

Letzteres heißt, daß Schäden aus Fehlern zwar grundsätzlich nicht zu ersetzen sind, wohl aber Schäden aus fehlerhaften Beseitigungsmaßnahmen.

3. Das Gericht nimmt auch ohne große Begründung einen Schaden an. Dabei stellt es dogmatisch korrekt auf die Umsatzeinbuße ab. Die Arbeitszeit des Beklagten selbst stellt keinen Vermögenswert dar. Auch die bloße Mehrarbeit des Firmeninhabers ist kein Schaden, weil sie nur kostenlose Freizeit in Anspruch nimmt (Bundesarbeitsgericht, Urteil von 24. 8. 1967, Betriebsberater 1967,1376; Bundesgerichtshof, Urteil vom 5. 5. 1970, Juristenzeitung 1971, 377). Das Gericht ist aber großzügig, eine solche Umsatzeinbuße bzw. keinen Umsatzzuwachs trotz Mehrarbeit anzunehmen.

3-1 Rechenzentrumsverträge

Es gibt anscheinend zu keinem Thema so viele Urteile wie zu dem, unter welchen Voraussetzungen ein Kunde den Vertrag mit einem Rechenzentrum vorzeitig beenden darf. (Ein solcher Fall ist bereits behandelt worden, siehe CW Nr. 26, vom 26. Juni 1981). Dabei geht es in der Regel nicht darum, daß die Kunden mit ihrem Rechenzentrum nicht zufrieden wären, sondern es geht eher darum, daß die Kunden unvorhergesehen eine andere günstigere Verarbeitungsform erhalten, insbesondere eine eigene Anlage. Dann heißt es Kündigungsgründe suchen. Bisher ist das anscheinend keinem Kunden gelungen.

Interessant ist an diesen Urteilen aus rechtlicher Sicht, wie die Gerichte den herkömmlichen Rechenzentrumsvertrag einstufen, ob als Dienstvertrag oder als Werkvertrag, und welche rechtlichen Auswirkungen das hat. Weiterhin ist interessant, welchen Anteil an der Vergütung das Rechenzentrum für die restliche Laufzeit verlangen kann, nachdem der Kunde auf die Verarbeitung verzichtet hat.

(Die Dokumentnummer richtet sich hinsichtlich der Paragraphenangabe an den Allgemeinen Vertragsbedingungen für Dienstleistungen des VDRZ aus).

3-1-° 8-2 Urteil des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 21. März 1978 (8 U 204/77)

Vorzeitige Kündigung eines Rechenzentrumsvertrags (I)

Nichtamtliche Leitsätze

1. Zur Bedeutung der Formulierung, daß ein RZ-Vertrag Arbeiten auf der Basis eines bestimmten Datenträgers vorsieht, der vom Auftraggeber mit Hilfe seiner technischen Einrichtungen erstellt wird.

2. Die Anschaffung eines eigenen EDV-Systems (hier: Fakturieranlage) ist kein wichtiger Grund für die vorzeitige Kündigung des RZ-Vertrags.

3. Zur Höhe der ersparten Aufwendungen des RZ bei vorzeitiger Kündigung.

Der Tatbestand läßt sich wie folgt zusammenfassen:

"Die Klägerin verlangt vom Beklagten Schadensersatz wegen Nichterfüllung eines von den Parteien am 26. 6. 1968 geschlossenen Lohnarbeitsvertrages, der die Auswertung der Mandantenbuchhaltung des Beklagten durch die Klägerin zum Gegenstand hat. Die Klägerin legt den Vertrag so aus, daß der Beklagte seine gesamte Mandantenbuchhaltung bei der Klägerin auswerten lassen müßte - was er im Jahre 1975 unstreitig nicht getan hat -, während der Beklagte meint, seine Verpflichtung aus dem Vertrage erstrecke sich nur darauf, Mandantenbuchhaltung, welche auf der Basis von Lochstreifen anfalle, bei der Klägerin und nicht anderweitig in Auftrag zu geben.

Das Landgericht ist der Auslegung der Beklagten gefolgt und hat ... die Klage abgewiesen.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihre Ansprüche weiter.

Entscheidungsgründe

Die Berufung hat Erfolg. Die Klage ist nach ° 326 BGB begründet.

1. Die in ° 326 BGB bestimmte Voraussetzung, daß sich der Beklagte mit einer ihm obliegenden Leistung in Verzug befindet, liegt vor. Als Leistung im Sinne der genannten Vorschrift ist die Verpflichtung des Beklagten anzusehen, seine Mandantenbuchhaltung durch die Klägerin auswerten zu lassen. Daß den Beklagten eine solche Verpflichtung traf, ergibt sich aus der Auslegung des Vertrages vom 26. 6. 1968. Dessen ° 1 bestimmt als Gegenstand des Vertrages 'die Mandantenbuchhaltung auf der Basis angelieferter Lochstreifen'. In ° 4 des Vertrages verpflichtet sich der Auftraggeber (Beklagte), während der Vertragsdauer 'seine Mandantenbuchhaltung nur bei dem Rechenzentrum (Klägerin) auswerten zu lassen. Bereits der Wortlaut dieser Regelungen ergibt, daß sich der Beklagte verpflichtet hat, seine gesamte Mandantenbuchhaltung bei der Klägerin auswerten zu lassen. Denn die Wendung 'seine Mandantenbuchhaltung' bezieht sich dem Wortlaut nach auf die gesamte Buchhaltung und enthält keine Einschränkung. Eine solche Einschränkung läßt sich auch nicht aus ° 1 des Vertrages herleiten. Die in dieser Vorschrift zur Kennzeichnung des Vertragsgegenstandes gebrauchten Worte 'auf der Basis angelieferter Lochstreifen' lassen verschiedene Deutungen zu. Sie sind nicht, wie der Beklagte meint, notwendig als Einschränkung im Sinne von 'nur soweit' zu interpretieren, sondern können ebensogut als bloße nähere Beschreibung einer technischen Gegebenheit verstanden werden. Aus dem Wortlaut des ° 1 des Vertrages läßt sich deshalb nichts dafür herleiten, daß die Verpflichtung in ° 4 nur den eingeschränkten Inhalt habe, den ihr der Beklagte beimessen will.

Diese am Wortlaut des Vertrages orientierte Auslegung findet ihre Bestätigung im Sinn der getroffenen Vereinbarung. Mit der Regelung in ° 4 sollte ersichtlich sichergestellt werden, daß der Klägerin aus dem Büro des Beklagten ein bestimmtes Auftragsvolumen zufließen würde. Die Regelung diente damit dem Interesse der Klägerin, die ihre betrieblichen Einrichtungen und ihren Personalbestand zuverlässig nur kalkulieren konnte, wenn sie von ihren Kunden einen möglichst genau übersehbaren Bestand an Aufträgen erhalten würde. Dieses Interesse der Klägerin spricht gegen die Auffassung, die Parteien hätten damals dem Beklagten die Möglichkeit einräumen wollen, einen beliebigen Teil seiner Mandantenbuchhaltung - nämlich den nicht auf der Basis von Lochkarten anfallenden - nicht von der Klägerin auswerten zu lassen. Ein Interesse des Beklagten an einem solchen Vorbehalt ist, bezogen auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses, auch nicht zu erkennen. Denn der Beklagte hat die eigene, auf Magnetbandbasis arbeitende Fakturieranlage, deren Anschaffung schließlich die Auswertung eines wesentlichen Teils seiner Mandantenbuchhaltung durch die Klägerin entbehrlich machte, erst später - im Jahre I975 - angeschafft. Bei Vertragsschluß rechnete der Beklagte, wie er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat selbst erklärt hat, noch nicht mit der Anschaffung einer eigenen Anlage. Er hatte demgemäß auch kein Interesse daran, sich vorzubehalten, einen Teil der Mandantenbuchhaltung nicht der Klägerin zu übertragen. Wenn, worauf das Landgericht ergänzend abhebt, in ° 2 des Vertrages festgelegt ist, daß im Monat mindestens ein Buchungsvorgang von der Klägerin dem Beklagten in Rechnung gestellt werde, so rechtfertigt das nicht den vom Landgericht gezogenen Schluß, daß die Parteien beim Vertragsschluß die Möglichkeit ins Auge gefaßt hätten, es könne zeitweilig nicht zur Auswertung der Mandantenbuchhaltung durch die Klägerin kommen. Die Regelung in ° 2 trägt vielmehr nach dem Verständnis des Senats allein dem Umstand Rechnung, daß das der Klägerin zufließende Auftragsvolumen notwendig unterschiedlich, weil vom Umsatz im Büro der Kunden, abhängig war. Fehl geht endlich auch der in der Berufungserwiderung angeführte Einwand, es sei ein allgemeines Merkmal der technischen Entwicklung, daß bei Einführung neuer Technologien der Umfang der Arbeiten in älteren Technologien zurückgehe. Das ist zwar richtig, besagt aber nichts darüber, wie die Vereinbarung der Parteien aus dem Jahre 1968 auszulegen ist. Wenn der Beklagte wegen der Anschaffung eines neuen Geräts die Dienste der Klägerin nicht mehr in Anspruch nehmen wollte, so hätte er rechtzeitig von der ihm im Vertrag eingeräumten Möglichkeit einer Kündigung Gebrauch machen müssen.

2. Der für einen Schadensersatzanspruch nach ° 326 BGB weiter geforderten Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung bedurfte es im vorliegenden Fall nicht. Die Fristsetzung ist entbehrlich, wenn der Schuldner die Erfüllung ernsthaft und endgültig verweigert (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 36. Auflage, ° 326 Anmerkung 6 mit Nachweis). Zwar macht er geltend, daß auch nach der Anschaffung der eigenen Fakturieranlage noch in einem begrenzten Umfange Lochstreifenbuchhaltung angefallen sei und daß er diesen Teil der Buchhaltung der Klägerin vermittelt habe. Mit der Erklärung, nur noch diesen - nach dem Umsatzrückgang im Jahre 1975 ersichtlich geringen - Teil der Buchhaltung bei der Klägerin auswerten zu lassen, hat der Beklagte indessen zugleich die Erfüllung des Vertrages mit Bezug auf den anderen, größeren Teil der anfallenden Buchhaltungsvorgänge verweigert. Die Erklärung des Beklagten enthält somit eine Erfüllungsverweigerung; denn der Beklagte war bei verständiger Auslegung des Vertrages verpflichtet, während der Vertragsdauer seine gesamte Buchhaltung durch die Klägerin auswerten zu lassen.

3. Der Anspruch der Klägerin geht nach ° 326 BGB auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung, nicht - wie der Beklagte meint - nur auf entgangenen Gewinn. Die Höhe des Anspruchs hat der Senat auf der Grundlage einer Schätzung nach ° 287 ZPO ermittelt. Hierbei hat er die Umsätze aus den vergangenen Jahren zugrunde gelegt, über deren Höhe unter den Parteien kein Streit besteht....

Fraglich konnte danach im Zusammenhang mit der Schadensberechnung allein sein, in welcher Höhe sich die Klägerin im Wege der Vorteilsausgleichung ihre ersparten Eigenkosten anrechnen lassen muß. Hierbei ist der Senat davon ausgegangen, daß nach betriebswirtschaftlicher Erfahrung in einem Betrieb wie dem der Klägerin die wesentlichen Kostenfaktoren die Verbindlichkeiten für Löhne und Gehälter, Sozialabgaben, Steuern, Abschreibungen und fixe Kosten (Heizung, Reinigung usw.) sind. An diesen Kosten kann die Klägerin wegen des Ausfalls nur eines Auftrages erkennbar nichts sparen. Einsparungen sind nur bei den mit einem Auftrag verbundenen sächlichen Unkosten zu erzielen (ersparte Speicherkapazität, Strom, Papier, Porto). Für diese Unkosten erscheinen die von der Klägerin angesetzten 20 Prozent angemessen. Der Senat folgt deshalb im Ergebnis der Schadensberechnung der Klägerin."

3-1-° 8-3 Urteil des LG Stade vom 2. November 1978 (4 0 255/78)

Vorzeitige Kündigung eines Rechenzentrumsvertrags (II)

Der Sachverhalt entspricht weitgehend dem des Urteils des OLG Oldenburg vom 21. März 1978 (3-1-° 8-2).

Nichtamtlicher Leitsatz

Zur Bedeutung, wenn ein RZ-Vertrag Arbeiten auf der Basis eines bestimmten Datenträgers vorsieht, der vom Auftraggeber mit Hilfe seiner technischen Einrichtungen erstellt wird.

Der Tatbestand läßt sich wie folgt zusammenfassen:

"Zwischen den Parteien wurde am 30.12.1970 ein Datenauswertungsvertrag mit Beginn zum 1. 1. 1971 abgeschlossen...", und zwar auf der Basis von Journalstreifen. "Mit Schreiben vom 8.11.1977 teilte der Beklagte der Klägerin mit, daß er sich seit dem 1. 11. 1977 einer anderen Firma angeschlossen habe. Die Klägerin verwies demgegenüber auf die in ° 8 des Datenauswertungsvertrages vereinbarte sechsmonatige Kündigungsfrist.

Die Klägerin verlangt vom Beklagten Schadensersatz wegen Nichterfüllung des zwischen den Parteien geschlossenen Datenauswertungsvertrages."

Gegen diese darauf gerichtete Klage trägt der Beklagte vor: "Er habe sich im November 1977 endgültig der ... angeschlossen, nachdem er seinen Betrieb auf deren Systeme umgestellt habe. Unstreitig habe er niemals die Auswertung der Finanzbuchhaltung über Journalstreifen woanders untergebracht. Im übrigen betreibe er - unstreitig - keine Auswertung mehr auf der Basis von Journalstreifen.

Ferner meint der Beklagte, daß eine Kündigung des Vertrages nicht erforderlich sei. Denn die Geschäftsgrundlage sei mit der Monate zuvor angekündigten Umstellung auf andere Systeme entfallen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet. Der Klägerin steht gegen den Beklagten kein Schadensersatzanspruch zu.

Der Beklagte hat den zwischen den Parteien geschlossenen Datenauswertungsvertrag nicht verletzt, indem er sich nach längerer vorheriger Ankündigung einer anderen Auswertungsgesellschaft anschloß.

Eine an Sinn und Zweck des Vertrages orientierte Auslegung ergibt, daß der Beklagte nicht mehr verpflichtet ist, auf der Basis von Journalstreifen (Lochstreifen) auszuwerten.

Vertragsgegenstand ist die Programmierung und Ausführung von elektronischer Datenverarbeitung entsprechend der Aufgabenstellung des Auftraggebers (Beklagten). Dies ergibt sich aus den °° 1 und 8 sowie aus der Erläuterung zu ° 1 des Vertrages.

Dies kann aber nur so lange gelten, wie eine derartige Aufgabenstellung (vgl. Erläuterung zu ° 1) durch den Beklagten bestanden hat. Er kann nach Sinn und Zweck des Vertrages - unter angemessener Abwägung der beiderseitigen Interessen - nicht gezwungen werden, bei der raschen Entwicklung auf dem EDV-Sektor im Verlauf von mehreren Jahren nur auf der Basis von Journalstreifen zu arbeiten. Es liegt daher keine Vertragsverletzung durch den Beklagten vor, da er anderswo keine Journalstreifen verarbeiten läßt. Denn er arbeitet mit diesem System gar nicht mehr.

Nach Sinn und Zweck des Vertrages war der Beklagte nach Auffassung der Kammer für den Fall, daß er Lochstreifen nicht mehr verwendet, dazu berechtigt, sich mit seiner Finanzbuchhaltung auch anderweitig zu orientieren."

Anmerkung

Die Klägerin legte gegen dieses Urteil Berufung ein. Aus nicht genannten Gründen "hat der Beklagte den Klageanspruch" in der Berufungsinstanz fast vollständig anerkannt - so das Urteil des OLG Celle von 10. April 1979 (3 U 79/78). Da die Klägerin auch am Rechtsstreit vor dem OLG Oldenburg (8 U 204/77 - s. Ietzte CW) beteiligt war, liegt nahe, daß sich der Beklagte der Rechtsauffassung des OLG Oldenburg beugte, um durch das Anerkenntnis Kosten zu sparen.