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Update: Sun öffnet DRM-Projekt der Open-Source-Gemeinde

23.08.2005

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Sun Microsystems hat das in mehrjähriger Arbeit entwickelte Projekt "Open Media Commons" vorgestellt. Dessen Kernstück ist eine neue Softwarelösung zur Verwaltung digitaler Rechte (Digital Rights Management = DRM) namens "Dream" (DRM everywhere available). Erste Früchte des Entwicklungsprojekts - eine DRM-Architektur, ein Streaming-Server und einige Programmierschnittstellen - will der Hersteller in den nächsten Wochen der Open-Source-Community unter der Common Development and Distribution License zur Verfügung stellen. Außerdem sollen andere Unternehmen zur Teilnahme am Projekt eingeladen werden.

Anlässlich der Ankündigung auf der Konferenz Progress and Freedom Foundation in Aspen, Colorado, sagte Suns President Jonathan Schwartz: "Unser ganzes Konzept basiert darauf, auf dem aufzubauen, was existiert. Lasst uns aufsetzen auf bestehende Open-Source-Lizenzen, denen die Menschen vertrauen." Es gelte, einen gemeinsamen, gebührenfreien DRM-Standard zu schaffen, der es Urhebern digitaler Inhalte erlaube, für ihre Leistungen bezahlt zu werden - unabhängig von eingesetzten Endgeräten, Formaten oder Geschäftsmodellen.

Ein gebührenfreies DRM sei auch erforderlich, weil immer mehr Menschen über Weblogs und Podcasts Inhalte verbreiteten. Sie müssten ebenso wie große Medienkonzerne die Chance haben, diese zu schützen. In Richtung der Mediengiganten sagte Schwartz: "Wir dürfen nicht erlauben, dass schwerfällige Internet-Mautstellen in Form monolithischer, geschlossener DRM-Systeme den Fortschritt hemmen." Natürlich gehe es für Medienschaffende um eine faire Kompensation ihrer Leistungen, doch Verbraucher hätten ebenso gesetzlichen Anspruch auf faire Nutzungsbedingungen.

Aufgabe des Projekts soll es sein, "offene und gebührenfreie DRM- und Codec-Standards zu definieren", heißt es bei Sun. Die Stoßrichtung geht also gegen Microsoft und Teile der Medienindustrie. Gemeinsam mit Time Warner und Thomson hält Microsoft die Anteile an Contentguard Holdings. Das Unternehmen besitzt die Rechte an wichtigen DRM-Basistechnologien. Auch Intertrust Technologies, das zu Sony und Philips gehört, verfügt über Dutzende fundamentaler DRM-Patente. Apple und Real Networks haben ebenfalls eigene DRM-Lösungen im Einsatz.

Ob sich Suns DRM-Konzept im Markt durchsetzen kann, hängt letztendlich davon ab, welche Partner das Unternehmen dafür gewinnt. Bislang hat Sun noch niemanden vorzuweisen. Doch Schwartz sagte, ähnlich wie beim Identity-Management-Projekt der Liberty Alliance könne man davon ausgehen, dass sich binnen kurzer Zeit viele Unternehmen anschließen würden. Dass sich Firmen wie Apple oder Microsoft dafür begeistern können, ist indes nicht zu erwarten. Das weiß auch Schwartz: "Wer eine Ein-Hersteller- oder Ein-Gerät-Lösung bevorzugt, sieht das Netz nicht so wie wir", konzedierte der Sun-President.

Seitens der Medienindustrie sind unterdessen erste Vorbehalte laut geworden. Talal Shamoon, Chief Executive Officer (CEO) von Intertrust, sagte gegenüber dem Informationsdienst "Computerwire", er sei "etwas perplex" angesichts der Ankündigung von Sun - insbesondere, weil keine unterstützenden Partner etwa aus der Filmindustrie genannt worden seien. "Der zentrale Punkt an DRM-Interoperabilität ist, dass man Leute hat, mit denen man zusammenarbeitet", amüsierte sich der Intertrust-Chef. "Will Jonathan Schwartz mit sich selbst zusammenarbeiten?"

Shamoon zeigte sich außerdem überrascht von Suns Vorstoß, weil das Unternehmen auch Mitglied des Coral-Konsortiums ist. Dabei handelt es sich um eine von Intertrust initiierte Gruppe, die sich um Interoperabilität zwischen unterschiedlichen, proprietären DRM-Frameworks bemüht. Coral hat zehn Monate nach seiner Gründung 40 Mitglieder, darunter die großen Unterhaltungselektronik-Konzerne sowie die vier größten Musik-Labels. (tc/hv)